Olympia 2008: Achtung, tschechische Schützen treffen gut!

Kateřina Emmons (Foto: ČTK)

Bei den Olympischen Spielen in Peking sind bis einschließlich Mittwoch fünf Wettkampftage und damit knapp ein Drittel des olympischen Sportprogramms absolviert worden. Die Tschechische Republik kann in einer Zwischenbilanz stolz konstatieren: Zwei Olympiasieger im Sportschießen kommen aus dem Moldauland.

Kateřina Emmons  (Foto: ČTK)
Bei den Olympischen Sommerspielen in Peking werden über 300 Medaillensätze vergeben. Da ist die Hoffnung unter den jeweiligen Sportnationen nicht gering, vom großen, mit Edelmetall dekorierten Kuchen auch ein gutes Stück abzukriegen. Doch kaum haben die Wettkämpfe begonnen, da steigt auch schon die Nervosität in den einzelnen Lagern, die da lautet: Bloß keinen Fehlstart hinlegen und möglichst schnell eine Medaille gewinnen! Von daher dürfen sich jene Länder glücklich schätzen, die schon zum Auftakt der olympischen Wettbewerbe den ersten Lorbeer einholen. Ganz besonders schön aber ist, gleich in der allerersten Konkurrenz zu siegen und damit eine gewisse Euphorie zu entfachen. Das ist in Peking einer 24-jährigen Tschechin gelungen, der Sportschützin Kateřina Emmons, die sich in ihrer Disziplin, dem Luftgewehrschießen der Damen, ganz nach oben schoss. Die Goldmedaille zu erringen sei aber nicht so leicht gewesen, wie es für so manchen Betrachter wohl aussah, erklärte die glückstrahlende Siegerin:

„Das war einer der schwersten Wettkämpfe meines Lebens. Ich habe zwar versucht, die vor einem großen Wettbewerb typische Nervosität nicht an mich ran zu lassen, aber es ist mir nicht gelungen. Am Morgen war ich zwar noch sehr relaxt, aber kurz vor Beginn der Konkurrenz war ich so nervös, dass ich ständig auf die Toilette gerannt bin. Dann habe ich mir aber gesagt: Jetzt will ich nicht mehr darüber nachdenken, ich werde jetzt hier antreten und meine Schüsse abfeuern. Und zwar technisch sauber und schnell hintereinander, damit ich zwischen den Schüssen kaum Zeit zum Nachdenken habe. Und das hat dann auch gut geklappt.“

Kateřina Emmons  (Foto: ČTK)
Der olympische Wettbewerb im Luftgewehrschießen ist in zwei Phasen unterteilt – dem Vorkampf und dem Finale der zehn Besten des Vorkampfes. Im Vorkampf, oder auch Qualifikation genannt, haben die Schützen zwei Serien á 20 Schuss zu absolvieren und können – nach Adam Ries – bei 40 Treffern voll ins Schwarze auf maximal 400 Ringe kommen. Eine magische Zahl, die Kateřina Emmons auch schon viermal geschafft hat, allerdings nur bei Wettkämpfen in Tschechien. International aber, wo ein solches Ergebnis als offizieller Weltrekord anerkannt wird, hatte sie diese Erfahrung noch nicht gemacht – bis zum Wettbewerb in Peking:

„Nun, ich habe geahnt, dass ich diesmal wohl die Einzige bin, die diese Marke geschafft hat, denn bei keiner anderen Schützin haben die Zuschauer nach dem Ende des Vorkampfes geklatscht. Das ist so Sitte, wenn einer 400 Ringe erzielt hat. Ich wusste von daher, dass ich ganz vorn dabei bin als Erste oder Zweite, aber eher schon als Erste.“

David Kostelecký  (Foto: ČTK)
Und die beste Schützin blieb Kateřina Emmons auch nach der Finalserie, bei der die abgefeuerten zehn Schuss je nach Genauigkeit sogar noch mit Zehntelpünktchen nach dem Komma aufgewertet werden. Deshalb hat sie die Konkurrenz auch mit dem olympischen Rekord von 503,5 Ringen gewonnen – ein Ergebnis, das ihr zuerst ihr amerikanischer Ehemann Matt Emmons und ihr Vater Petr Kůrka mitgeteilt haben:

„Ja, mein Vater hat mir das gleich angezeigt, doch ich musste das erst noch eine Weile verdauen. Ich konnte es einfach nicht glauben, dass mich niemand überrumpelt hat und dass ich so gut schieße.“

Nur einen Tag später, am vergangenen Sonntag, jubelte auf der olympischen Schießstätte von Peking schon der nächste tschechische Sportschütze. Es war David Kostelecký, der 33-jährige Athlet aus Hrádec Králové, der soeben Olympiasieger im Wurftaubenschießen in der Disziplin Trap geworden war. Überglücklich bedankte er sich vor laufenden Fernsehkameras zunächst bei seiner Psychologin, die ihn so nervenstark gemacht habe, dass er sein großes Ziel auch in die Tat umsetzen konnte. Kostelecký erinnerte sich aber auch, dass nicht viel gefehlt hätte, und er hätte die Karriere als Sportschütze gar nicht ausüben können:

Stanislav Ježek  (Foto: ČTK)
„Das war so eine Zeit, in der man überhaupt nicht wusste, wie es mit dem Sport weiter gehen sollte, nämlich die unmittelbare Phase nach der politischen Wende 1989. Ich sollte einen Platz im Kader der Nachwuchshoffnungen erhalten, doch dieser Platz wurde dann an einen anderen vergeben. Ein Jahr lang galt ich praktisch als ein Sporttalent ohne Perspektive.“

Nach seinem Olympiasieg in Peking war die Genugtuung über den Erfolg dann gleich doppelt groß: „Ich bin jetzt besonders froh über diesen Sieg, denn ich habe sehr oft Bücher gelesen über Sportler, die etwas erreicht haben. Und in der Mehrzahl verlief ihr Weg nach oben in etwa genauso.“

Martin Verner  (Foto: ČTK)
Der Weg zum Olympiasieg muss also nicht immer nur pfeilgerade und ohne Umwege auf den Gipfel führen. Doch es gibt auch die andere Seite der Medaille: Sportler, die sich große Chancen auf den Gewinn olympischen Edelmetalls gemacht haben, dann aber doch – durch Pech oder eigenes Verschulden – hinter ihren eigenen Erwartungen geblieben sind. Einer von ihnen ist der tschechische Wildwasserkanute Stanislav Ježek. In der olympischen Konkurrenz im Einer-Canadier der Männer lag 31-Jährige nach dem ersten Finallauf auf dem zweiten Platz und damit auf Medaillenkurs. Im zweiten und alles entscheidenden Finallauf aber patzte er etwas, berührte zwei Stangen und fiel durch die damit verknüpfte Zeitstrafe noch bis auf den fünften Platz zurück. Der sympathische Ježek ertrug das Schicksal jedoch mit Fassung:

„Ich bin zufrieden mit dem Erreichen des Finales, auch wenn ich Chancen auf mehr als nur den fünften Platz hatte. Es ist mir nicht geglückt, aber vielleicht das nächste Mal bei den olympischen Spielen in vier Jahren. Aber wenigstens habe ich im ersten Finallauf gezeigt, dass ich so schlecht nicht Kanu fahre.“

Tomáš Berdych  (Foto: ČTK)
Das kann man nur unterstreichen. Von seiner gezeigten Leistung war Ježek keine Enttäuschung, sondern es war auch ein bisschen Pech dabei, dass ihn das reißende Wasser des Slalomkanals im entscheidenden Moment zu nah an die Stange geführt hat. Und auch andere tschechische Sportler können von sich behaupten, zwar nichts gewonnen, aber auch nicht enttäuscht zu haben. Zum Beispiel Schwimmer Martin Verner, der im olympischen Schwimmbecken von Peking mit 48,95 Sekunden einen neuen Landesrekord über 100 Meter Freistil aufgestellt hat. Diese Zeit hat allerdings nicht einmal gereicht, um das Halbfinale dieser mit Weltklasse-Schwimmern gespickten Disziplin zu erreichen.

Die dritte Runde in den Einzelkonkurrenzen im Tennis erreicht haben Lucie Šafářová bei den Damen und Tomáš Berdych bei den Herren. Beide sind im privaten Leben ein Paar und – olympisch gesehen – auch ein sportlich glückliches Paar. Das wiederum können Nicole Vaidišová und Radek Štěpánek, die ebenfalls als liiert gelten, nicht von sich behaupten. Beide zeigten in Peking alles andere als olympische Form und sind daher sowohl im Einzel auch als im Doppel schon in der ersten Runde ausgeschieden.


Petr Rada  (Foto: ČTK)
Auch wenn Olympia dieser Tage weltweit das Sportthema Nummer eins ist, so gibt es immer noch Sportarten, die sich abseits von den Spielen auf ihr nächstes großes Topereignis vorbereiten. Zum Beispiel die tschechischen Fußballer, die am kommenden Mittwoch im neuen Londoner Wembley-Stadion mit dem Spiel gegen Gastgeber England ihre Generalprobe für den Beginn der WM-Qualifikation austragen. Bei der Nominierung zu diesem Spiel wartete der neue Auswahltrainer Petr Rada gleich mit einer Überraschung auf, und zwar mit der Berufung des 23-jährigen Stürmers Michal Papadopulos in den Auswahlkader. Seine Wahl begründete Rada vor versammelter Presse so:

„Michal Papadopulos ist von seinem Engagement im Ausland zurückgekehrt. Daher habe ich ihn an den ersten beiden Spieltagen in der Gambrinus-Liga beobachten können, und er hat mich überzeugt. Ich denke, dass er vom Typ her ein Spieler wie Jan Koller ist, groß gewachsen und torgefährlich. Aus diesem Grund habe ich mich für seine Nominierung entschieden.“

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort:
abspielen