Olympia: Basketballer sichern sich Teilnahmeticket – Spiele ohne Zuschauer
Schon in acht Tagen steht das Sport-Highlight des Jahres an: die Olympischen Sommerspiele in Tokio. In Tschechien ist man hocherfreut darüber, mit dem Basketballteam der Männer auch eine Mannschaft am Start zu haben. Weniger erfreulich ist dagegen, dass keine Zuschauer bei den Wettkämpfen zugelassen sind.
Das olympische Basketball-Turnier wird vom 25. Juli bis 7. August nördlich der japanischen Hauptstadt Tokio in Saitama ausgetragen. An ihm nehmen nur zwölf Mannschaften teil. Anfang Juli wurden dazu noch vier Plätze vergeben. Drei Qualifikationsturniere fanden in Europa statt, das vierte im kanadischen Victoria. Und über den großen Teich musste letztlich auch die tschechische Mannschaft fliegen, um eines der vier Olympiatickets zu ergattern. Das haben die Schützlinge des israelischen Cheftrainers Ronen Ginzburg dann auch geschafft, und die Freude war riesig.
Es war ein frenetischer Jubel nach dem Finalsieg über Griechenland. Diese Partie gewannen die Tschechen souverän mit 97:82. Damit bestreiten sie nach einer langen Durststrecke von 41 Jahren erstmals wieder ein olympisches Turnier. Entsprechend überwältigt zeigten sich einige der Spieler:
„Es ist verblüffend, doch im Moment ist es für ihn schwer, meine Gefühle in Worte zu fassen. Es ist einfach unglaublich“, stammelte Patrik Auda, der mit 20 Punkten beste Werfer des Duells, ins Mikrofon. Auch Tomáš Satoranský, der einzige NBA-Spieler im Team, war voller Euphorie:
„Ich kann es noch gar nicht glauben, es ist wie im Märchen: sehr emotional, ein Sieg, eine wirklich unglaubliche Sache. Jetzt freue ich mich erst einmal auf die Siegesfeier in der Kabine.“
Ein paar Minuten später aber hatte der 29-jährige Point Guard der Mannschaft schon realisiert, was ihm und seinen Teamkollegen gelungen ist:
„Ich habe stets gesagt, dass eine Teilnahme an den Olympischen Spielen für mich eines der größten Erlebnisse als Sportler wäre und ein Riesenerfolg, sie mit diesem Team zu schaffen. Doch selbst in meinen kühnsten Träumen habe ich mir dies nicht vorstellen können. Von daher ist das heute für mich wohl ein noch größerer Erfolg als mein Wechsel in die NBA.“
Tomáš Satoranský: „Ich habe stets gesagt, dass eine Teilnahme an den Olympischen Spielen für mich eines der größten Erlebnisse als Sportler wäre und ein Riesenerfolg, sie mit diesem Team zu schaffen. Doch selbst in meinen kühnsten Träumen habe ich mir dies nicht vorstellen können.“
Bevor es aber soweit war, musste die tschechische Nationalmannschaft vier schwere Spiele binnen fünf Tagen bestreiten. Und davon durfte sie höchstens eins verlieren. Das passierte den Tschechen gleich in der Auftaktpartie, in der sie mit 70:87 gegen die Türken den Kürzeren zogen. Von daher musste im zweiten Gruppenspiel gegen Uruguay unbedingt ein Sieg her. Das gelang, auch wenn dieser mit 80:79 äußerst knapp ausfiel. Deswegen schienen die Chancen im Halbfinale, in dem die Männer um Ersatzkapitän Auda auf den favorisierten Gastgeber Kanada trafen, auch nur gering. Umso erfreulicher war es dann zu sehen, wie sich die Tschechen im Turnierverlauf immer mehr steigerten. Gegen die Kanadier boten sie eine starke Leistung, dank der sie in der normalen Spielzeit nie in Rückstand gerieten. Doch elf Sekunden vor der Schlusssirene konnte Andrew Wiggins für die Ahornblätter noch zum 94:94 ausgleichen. Es ging also in die Verlängerung, in der Spielmacher Tomáš Satoranský einmal mehr die Nerven behielt: 1,8 Sekunden vor Ultimo netzte er zum 103:101-Sieg ein. Dieses Resultat wusste er dann auch zu würdigen:
„Ich bin schrecklich stolz darauf, wie wir in der Overtime auf den Niederschlag reagiert haben. Denn für uns war es natürlich schlecht, so kurz vor Ende der regulären Spielzeit noch den Ausgleich zu kassieren. Vor der Verlängerung wusste ich nicht, woher wir noch die Kraft nehmen sollten. Doch wir haben gezeigt, dass wir als Team zusammenhalten. Und so haben wir die Partie siegreich zu Ende gebracht.“
Im Finale gegen Griechenland bot die tschechische Mannschaft dann eine Gala-Vorstellung und ließ den Gegner überhaupt nichts ins Spiel kommen. Zum Schluss stand ein 97:82-Sieg zu Buche, mit dem das Olympiaticket gelöst wurde. Entsprechend ausgelassen wurde danach in der Kabine gefeiert.
Der ehemalige Nationalspieler Pavel Pumprla, der die tschechische Mannschaft bei der WM vor zwei Jahren noch als Kapitän auf den tollen sechsten Platz geführt hatte, stellte seinen Ex-Kollegen anschließend ein gutes Zeugnis aus:
„Ich denke, dass nach dem hart erkämpften Sieg über Uruguay bei den Jungs das Selbstvertrauen anstieg. Ab da an spielten sie frei auf ganz nach dem Motto, dass sie nichts mehr zu verlieren haben. Denn die Finalrunde hatte man als Minimalziel erreicht. Und als sie mit Kanada den klaren Favoriten des Qualifikationsturniers bezwungen hatten, war auch die Hürde Griechenland kein Problem mehr. Die Mannschaft hat vor Energie gesprüht und war nicht mehr zu stoppen.“
Der neue und etatmäßige Kapitän, Vojtěch Hruban, der wegen einer Verletzung zu Hause blieb, nennt die Gründe für den Erfolg:
„Die Jungs haben stabil und mannschaftlich geschlossen gespielt. Überhaupt war der Zusammenhalt charakteristisch für das Team. Die Jungs haben es verstanden, sich in gute Wurfpositionen zu bringen, um dann auch erfolgreich abzuschließen. Natürlich war Tomáš Satoranský erneut der Schlüsselspieler, doch bei diesem Turnier wurden alle gebraucht. Und sie haben es hervorragend gemacht.“
Vojtěch Hruban: „Die Jungs haben stabil und mannschaftlich geschlossen gespielt. Überhaupt war der Zusammenhalt charakteristisch für das Team. Die Jungs haben es verstanden, sich in gute Wurfpositionen zu bringen, um dann auch erfolgreich abzuschließen.“
Eines der starken Bindeglieder im Team war Zuspieler Jakub Šiřina. Für den 33-Jährigen war vor allem die Harmonie der Truppe ein Faustpfand für den Erfolg:
„Wir haben uns von Spiel zu Spiel gesteigert und gezeigt, dass wir mittlerweile auch gegen Spitzenteams bestehen können. Ein Beleg dafür war das Finale. Diese Stärke haben wir erlangt, weil wir schon lange zusammen sind und uns dies zu einem verschworenen Haufen gemacht hat. Das zeigt sich nun auch in den Ergebnissen auf dem Parkett.“
Als Lohn für diese Entwicklung darf die tschechische Mannschaft nun beim olympischen Turnier in Saitama in der Gruppe A nacheinander gegen den Iran, die USA und Frankreich antreten. Zu den Erfolgsaussichten sagte Vojtěch Hruban:
„Wir wurden in die schwerste Gruppe gelost, die man bei Olympia bekommen kann. Die Vereinigten Staaten sind der größte Favorit auf die Goldmedaille, die Franzosen sind ebenfalls ein Medaillenkandidat. Und der Iran ist wohl das beste Team aus Asien.“
Pavel Pumprla: „Dank der Regelung, dass auch zwei Gruppendritte weiterkommen, glaube ich fest daran, dass Frankreich und unser Team den zweiten und dritten Platz unter sich ausmachen und beide Mannschaften weiterkommen. In der K.o.-Phase ist dann alles möglich, wie das Turnier in Victoria gezeigt hat.“
Doch bange machen gilt nicht, zumal neben den jeweils drei Gruppenersten und -zweiten auch noch die zwei besten Dritten ins Viertelfinale einziehen. Darin sieht Ex-Nationalspieler Pumprla eine gute Chance:
„Dank der Regelung, dass auch zwei Gruppendritte weiterkommen, glaube ich fest daran, dass Frankreich und unser Team den zweiten und dritten Platz unter sich ausmachen und beide Mannschaften letztlich weiterkommen. In der K.o.-Phase ist dann alles möglich, wie das Turnier in Victoria gezeigt hat. Ich rechne daher mit dem Einzug ins Viertelfinale, und dann gibt es nur noch hopp oder top.“
Spiele ohne Zuschauer: Schock und Verständnis im tschechischen Lager
Während sich die tschechischen Basketballer dieser Tage mit großem Eifer auf Olympia vorbereiten, ist mittlerweile ein dicker Wermutstropfen in den Becher der Vorfreude geflossen. Denn am Freitag vergangener Woche hat die japanische Regierung wegen der angespannten epidemischen Lage im Land für sechs Wochen den Notstand ausgerufen. Das hat zur Folge, dass die Spiele in und um Tokio vor leeren Rängen stattfinden. Diese Nachricht musste auch der Vorsitzende des Tschechischen Olympischen Komitees, Jiří Kejval, erst einmal verdauen:
„Für mich war dies eine große Überraschung. Die Meldung hat meine Laune insofern etwas verhagelt, weil ich erst vor einer Woche mit IOC-Präsident Thomas Bach gesprochen habe. Und in dem Gespräch hatte er mir das Gefühl gegeben, dass sich die Zuschauerzahlen bei den Wettkämpfen eher noch erhöhen könnten.“
Jetzt aber ist alles anders, und auch Kejval weiß manchmal noch nicht, woran er ist. Zum Beispiel was das Eröffnungszeremoniell betrifft:
„Noch wissen wir nicht Bescheid, denn mittlerweile hat uns die nicht bestätigte Nachricht ereilt, dass die Teilnahme der Sportler an der Eröffnungsfeier begrenzt sein soll. Wir müssen also noch abwarten, wie das geregelt wird.“
Für die meisten Sportler sind leere Arenen jedoch nichts Neues. Wegen der Restriktionen in der Corona-Pandemie führen sie ihre Wettkämpfe schon seit mehr als einem Jahr ohne Zuschauer durch. Darunter auch der tschechische Kanurennfahrer Martin Fuksa. Bis zuletzt hoffte er aber, wenigstens einige japanische Freunde begrüßen zu können:
„Ich habe mich vor allem darauf gefreut, dass uns die Zuschauer auf den letzten 200 Metern anfeuern, wenn die Muskeln schon schmerzen. Da sind die Zuschauer ein weiterer Motor, der uns antreibt. Auf der anderen Seite wird der Kanurennsport nur von relativ wenigen Besuchern verfolgt. Wir sind also Rennen ohne größere Kulisse durchaus gewöhnt.“
Wie Fuksa trainiert auch Wildwasserkanute Jiří Prskavec bereits vor Ort in Tokio. Er hatte sich schon im Dezember darüber Gedanken gemacht, wie er sich psychisch auf einen Wettkampf ohne Besucher vorbereiten würde:
„Wenn es so sein sollte, dann muss man sich unmittelbar vor dem Start die Millionen Zuschauer vor Augen führen, die zu diesem Zeitpunkt vor dem Fernseher sitzen, uns die Daumen drücken und ihren Favoriten anfeuern. Genau diese Menschen sind für uns Sportler ebenso wichtig wie die Zuschauer an der Strecke.“
Andere Sportler wie der australische Tennisprofi Nick Kyrgios haben ihre Teilnahme bei Olympia wegen der fehlenden Zuschauer inzwischen abgesagt. Und so wird in acht Tagen ein wohl eher trauriges Kapitel in der olympischen Geschichte aufgeschlagen – denn dann beginnen die ersten Geisterspiele der größten Sportveranstaltung der Welt.