Ondrák: „Konzept“ der Zwangsausweisung von Obdachlosen ist unsozial

Foto: Europäische Kommission

Jedes Jahr, wenn Schnee und Frost Einzug halten und unser tägliches Wetter bestimmen, dann rücken auch bestimmte Problemfelder wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Zum Beispiel das Leben einer der Randgruppen der Gesellschaft – den Obdachlosen. In Prag will der Magistrat der Stadt dem Problem nun rigoros zu Leibe rücken – durch Zwangsausweisung der Obdachlosen aus Prag oder ihrer forcierten Eingliederung in die Gesellschaft. Ein Konzept, dem man jedoch kaum Aussicht auf Erfolg zubilligt.

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Die Prager Stadtpolizei will eine spezielle Einheit für ein verschärftes Vorgehen gegen Obdachlose einrichten. Und der stellvertretende Oberbürgermeister der Stadt, Jiří Janeček (ODS), erklärte am Dienstag auch sofort, was man damit erreichen wolle: die Obdachlosen sollen Prag verlassen oder sich wieder in die Gesellschaft eingliedern. Wie das jedoch geschehen soll, ließ Janeček weitestgehend offen, so dass er vom Direktor des Obdachlosenheimes „Bohuslav Bureš“ in Prag, Pavel Ondrák, auch keine Lobeshymne hört:

„Aus meiner Sicht ist das eine sehr repressive Vorgehensweise. Damit bin ich überhaupt nicht einverstanden, und zwar schon aus diesem einen Grund: Wenn jemand klar und deutlich verkündet, dass er die Obdachlosen aus Prag herausdrängen will, dann hat das mit einer sozialen Hilfeleistung nichts zu tun.“

Pavel Ondrák weiß, wovon er spricht, denn seine Einrichtung gewährt den Obdachlosen eine ganze Reihe von Hilfestellungen im kargen Lebensalltag, und das für wirklich kleines Geld. Einige Dienstleistungen werden sogar umsonst angeboten:

„Umsonst sind lediglich eine tägliche Dusche und derzeit auch die Bekleidung. Zudem erhalten die Obdachlosen jeden Nachmittag kostenlos eine warme Suppe.“

Jiří Janeček ließ verlauten, dass jeder Obdachlose, der Interesse an Arbeit habe, von der Stadt angestellt werde. Es gebe genügend geeignete Stellen in städtischen Betrieben, so Janeček. Pavel Ondrák warnt jedoch vor einem übertriebenen Optimismus, dass sich Obdachlose ohne weiteres wieder in das normale Leben integrieren lassen.

„Mit solchen Menschen zu arbeiten, ist sehr schwer. Denn je länger sie auf der Straße leben, umso schwieriger wird es. Man muss sich wesentlich intensiver und individueller um sie kümmern. Denn diese Menschen haben nicht nur soziale, sondern auch psychische und gesundheitliche Probleme.“

Pavel Ondrák zufolge sollte das Geld für eine überflüssige Polizeieinheit lieber in die soziale Arbeit von entsprechenden Organisationen gesteckt werden. Mit einer Vertreibung der Obdachlosen aus der Stadt werde das Problem jedenfalls nicht gelöst, sondern nur vor sich her geschoben, sagte Ondrák.

Schätzungen zufolge gibt es in Prag rund 2000 Obdachlose. Jährlich gelinge es seiner Institution, ein halbes bis ein Dutzend von ihnen in die Gesellschaft einzugliedern. Auf der anderen Seite aber kommen jährlich rund zweimal soviel neue Obdachlose hinzu, zieht Ondrák abschließend ein ernüchterndes Fazit.