Papst Johannes Paul II., Architektin Jiřičná oder Schriftsteller Rudiš: Tschechische Staatsorden verliehen
Höhepunkt der Feiern zum tschechischen Staatsgründungstag am 28. Oktober ist immer die Ordensverleihung am Abend. Insgesamt 56 Persönlichkeiten wurden von Präsident Petr Pavel diesmal im Vladislav-Saal auf der Prager Burg ausgezeichnet.
Auch dieses Jahr gingen die tschechischen Staatsorden an ein breites Spektrum an Menschen aus allen möglichen Bereichen der Gesellschaft. Vertreter von Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen waren genauso darunter wie Soldaten, Künstler oder Sportler – alles zumeist tschechische Staatsbürger. Doch Staatspräsident Petr Pavel zeichnete posthum auch Papst Johannes Paul II. aus, und zwar für seine Rolle während der politischen Wende, als ab Ende der 1980er Jahren die kommunistischen Regime in Ost- und Mitteleuropa fielen. Dem früheren Pontifex maximus aus Polen wurde am Montag der Tomáš-Garrigue-Masaryk-Orden erster Klasse verliehen.
Die höchste Auszeichnung Tschechiens, den Orden des Weißen Löwen, erhielten vier Persönlichkeiten: posthum zwei Militärs, die Freiheitskämpfer während des Zweiten Weltkriegs gewesen waren, sowie der Choreograf Jiří Kilíán und die Architektin Eva Jiřičná.
Im Fall von Jiřičná wurde daran erinnert, dass sie internationalen Ruf genieße und die von ihr entworfenen Bauten nicht nur in Tschechien, sondern auch in Großbritannien stünden.
In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte die Architektin anschließend, sie habe den Orden mit Demut angenommen und mit Bewunderung für die Leistung der weiteren Menschen, die nun geehrt wurden:
„Ich habe das ganze Leben lang das getan, was mir Spaß macht. Dafür ausgezeichnet zu werden, ist schwer zu akzeptieren, wenn man weiß, wie viele andere Menschen tolle Dinge geleistet haben.“
Ausgezeichnet wurden etwa auch zwei frühere Oppositionelle zu kommunistischen Zeiten und Unterzeichner der Charta 77: Daniel Kroupa und Anna Šabatová. Oder der Lokführer Roman Juřena, der im vergangenen Jahr in Olomouc die Reisenden aus einem verunglückten, brennenden Zug befreite.
Am häufigsten vergab Staatspräsident Pavel in diesem Jahr die Verdienstmedaillen, nämlich 39 Mal. Unter den Geehrten waren zahlreiche Sportler, wie etwa die Kanutin und Doppelolympiasiegerin Štěpánka Hilgertová oder auch der aktuelle Kapitän der Eishockeynationalmannschaft, Roman Červenka, der das Team im Mai nach 14 Jahren erstmals wieder zum WM-Titel geführt hatte. Der 38-jährige Sportler sagte, dass sich die Verdienstmedaille nicht mit den Titeln im Eishockey vergleichen lasse.
„Es ist eine große Ehre, die weit über den Sport hinausgeht. Die Auszeichnung ist anderer Art. Hört man die Biographien der Ordensträger, dann ist es eher eigenartig, sich in einer solchen Gesellschaft zu befinden“, so Červenka.
Ebenso nahmen zahlreiche Künstler die Verdienstmedaille entgegen. Darunter waren mit der Opernsängerin Dagmar Pecková, die in der Nähe von Freiburg lebt, der Schriftstellerin Radka Denemarková und dem Autor Jaroslav Rudiš auch drei in Deutschland bekannte Persönlichkeiten. Rudiš, der mittlerweile ebenso auf Deutsch schreibt und schon vor vielen Jahren nach Berlin gezogen ist, merkte zu der Ehrung an:
„Ich freue mich sehr darüber, sehe dies aber auch als Auszeichnung für meinen Verleger aus dem Verlag Labyrint, Jáchym Dvořák. Ich habe mich heute zum zweiten Mal in meinem Leben in diese Räume auf der Prager Burg verirrt. Da denke ich: Vielleicht sollte ich mich auch einmal literarisch hierher verirren.“
Staatspräsident Pavel schickte der Ordensübergabe eine rund zehnminütige Rede voraus. In dieser ging er auf die tschechische und frühere tschechoslowakische Eigenstaatlichkeit ein. Unter anderem mahnte er zu verstehen, dass Demokratie und Freiheit auch heute noch zerbrechlich seien. Daher rief er die Menschen im Land dazu auf, sich zu engagieren:
„Wir sind hier umgeben von Persönlichkeiten, die ich heute auszeichnen werde und deren Biographien als Beispiele dienen können für eine aktive und verantwortungsbewusste Lebenseinstellung. Deswegen möchte ich gerne appellieren, sich davon inspirieren zu lassen. Wir sollten nicht in Apathie verfallen und zu unbeteiligten Beobachtern, Kommentatoren oder gegebenenfalls leichtfertigen Kritikern des öffentlichen Geschehens werden. Wir sollten stattdessen Akteure dieses Geschehens sein.“