Parlament beginnt Ratifizierung des Vertrags von Lissabon

Foto: Europäische Kommission

Der EU-Reformvertrag von Lissabon soll die Europäische Union auf ein neues Fundament setzen. Im Dezember vergangenen Jahres war das Nachfolgedokument der gescheiterten EU-Verfassung in der portugiesischen Hauptstadt unterzeichnet worden. Fünf Länder der 27 EU-Staaten haben das Abkommen bereits ratifiziert. Nun kommt der Vertrag auch im tschechischen Parlament auf den Tisch.

Alexandr Vondra
Schon jetzt ist klar: die Ratifizierung des Vertrages wird keine rasche Angelegenheit – dafür dürfte schon die traditionell reservierte Haltung der regierenden Bürgerdemokraten (ODS) gegenüber Brüssel sorgen. ODS-Europaminister und Vizepremier Alexandr Vondra erwartet nochmals eine grundlegende Debatte zu dem Abkommen:

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„Die ursprüngliche damals noch so genannte EU-Verfassung ist in Tschechien nie dem Parlament zur Ratifizierung vorgelegt worden, da sie vorher schon bei den Referenden in Frankreich und den Niederlanden abgelehnt worden war. Ich gehe deshalb davon aus, dass es jetzt in beiden Parlamentskammern, im Abgeordnetenhaus und im Senat, eine Debatte zu dem Vertrag geben wird. Im Senat hat daneben schon eine Mehrheit signalisiert, dass man den Vertrag auch dem Verfassungsgericht zur Begutachtung vorlegen will.“

Ein Verfahren, dass mehrere Monate dauern kann und beim Juniorpartner der Koalition, den Grünen, auf Kritik stößt. Parteichef Martin Bursík mahnte, dass eine Verzögerung der Ratifizierung die tschechische Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2009 in ein schlechtes Licht stellen könnte. Der Vizevorsitzende des außenpolitischen Parlamentsausschusses, Tomáš Dub, weist diesen Vorwurf aber zurück. Tschechien sei nicht das einzige Land, das den Vertrag auf diese Weise prüfen lasse:

Miroslava Němcová
„Das ist ein übliches Vorgehen. Es handelt sich um einen bedeutenden Vertrag, und es ist ja nicht so, dass wir den Vertrag von Lisabon dem Verfassungsgericht vorlegen, weil wir wollen, dass er für ungültig erklärt wird. Vielmehr wollen wir den Vertrag beurteilen lassen, und ich glaube für die endgültige Bestimmung sollten wir die Punkte kennen, an denen es zu Konflikten mit der Verfassung kommen kann.“

Deutlich ist aber, dass in Teilen der regierenden Bürgerdemokraten weiterhin eine ausgeprägte Skepsis gegenüber Brüssel herrscht. Die stellvertretende bürgerdemokratische Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Miroslava Němcová geht zwar von der Ratifizierung des Vertrages aus, würde aber ein Nein des Parlamentes begrüßen:

„In der letzten Zeit haben wir gesehen, was uns droht, und zwar am Beispiel der amerikanischen Visa. Die tschechische Regierung hat hier im Interesse ihrer Bürger verhandelt, und auf einmal gab es da Stimmen aus der europäischen Führungsebene, dass die tschechischen Bürger nicht so wichtig sind und wir doch warten sollten, bis die Europäische Kommission der Sache annimmt. Das halte ich für ein wirklich alarmierendes Prinzip, und das wird sich wiederholen - damit können wir rechnen.“

Die Rolle des Schwarzen Schafes will sich Tschechien aber vorerst nicht zuschieben lassen. Der wichtigste Termin für den EU-Reformvertrag sei nun zunächst das Referendum im Mai in Irland, so Europaminister Alexander Vondra.