Premier Topolánek unterzeichnet den Reformvertrag in Lissabon

Premier Mirek Topolánek (Foto: ČTK)

Es war eine schwere Zeit für die Europäische Union. Nach den misslungenen Referenden in Frankreich und den Niederlanden haben sich die Finnen, Deutschen und letztlich die Portugiesen für eine modifizierte Variante der europäischen Verfassung in der Union eingesetzt. Das Ergebnis heißt EU-Reformvertrag, mit dem Beinamen „von Lissabon“. In der portugiesischen Hauptstadt weilen auch am Donnerstag die Premierminister aller 27 Mitgliedstaaten, um das Vertragswerk zu unterzeichnen.

Premier Mirek Topolánek  (Foto: ČTK)
Für den tschechischen Premier Topolánek ist es keine schwere Entscheidung: unterzeichnen oder nicht unterzeichen? Mit dieser beinahe Hamletschen Frage braucht er sich jedenfalls nicht zu plagen, denn die Antwort ist seit langem bekannt: Tschechien akzeptiert den neuen Reformvertrag.

Laut Topolánek wird das Treffen in Lissabon einen eher feierlichen Charakter haben:

„Das heißt jedoch nicht, dass alle dem Vertrag freudig zustimmen. Der Prozess ist an einen Punkt angelangt, in dem kein anderer Kompromiss mehr möglich ist. Wir werden sehen, ob irgendwelche Probleme bei der Ratifizierung entstehen. Ich glaube es aber nicht.“

EU-Treffen in Lissabon  (Foto: ČTK)
Topolánek selbst gehört zu jenen, die dem Vertrag – wie er sagt – nicht freudig zustimmen. Die stärkste Regierungskraft, die bürgerdemokratische Partei, deren Chef Miroslav Topolánek ist, gilt allgemein eher als europakritisch. Die Bürgerdemokraten behaupten, dass der Vertrag die Souveränität Tschechiens verringere und sie sogar bedrohen könne. Ihre Worte finden aber nur geringen Anklang bei den Tschechen, denn für sie hat die Europäische Union immer noch großen Reiz. Laut den Meinungsumfragen ist die Mehrheit der Tschechen im Unterschied zu den Bürgerdemokraten eben nicht europaskeptisch.

Alexandr Vondra
Der Vizepremier für europäische Angelegenheiten, Alexandr Vondra, bewertet den neuen Vertrag als positiv.

„Es ist sehr wichtig, dass der neue Vertrag viel konservativer und traditioneller ist und dass er nicht nur die Integration beschleunigen will, sondern dass er auch Sicherungen und Bremsen beinhaltet. Man kann den Vertrag als ein neues Auto betrachten, in dem sich jeder Mitgliedsstaat wohler fühlen dürfte als vorher und das eigene Integrationstempo selbst bestimmen kann.“

Nach der Unterzeichnung durch die Regierungschefs in Lissabon beginnt der Ratifizierungsprozess des Vertrags in den 27 Staaten. Abgeschlossen werden soll er bestenfalls im Frühjahr 2009. Zu dieser Zeit wird Tschechien die Präsidentschaft in der Union übernehmen. Es kann also durchaus möglich sein, dass gerade Tschechien als erstes Land die Union auf Grundlage des neuen Vertrages verwalten wird.