Parlamentsbericht zur IPB

Eine Kommission des tschechischen Parlaments hat ihren Untersuchungsbericht über den umstrittenen Verkauf der IPB-Bank an die Tschechoslowakische Handelsbank CSOB vom letzten Jahr präsentiert. Im Bericht werden zahlreiche Schuldzuweisungen für Intransparenz und Versäumnisse an tschechische Politiker, darunter den damaligen sozialdemokratischen Finanzminister Pavel Mertlik, gemacht.

Die Parlamentskommission zur Untersuchung des im Juni letzten Jahres überraschend schnell eingeleiteten Verkaufs der vor dem Zusammenbruch stehenden Grossbank IPB an die CSOB hat am Dienstag ihren Bericht vorgestellt, der die Geschichte der unglücklichen Privatisierung der IPB bis zum umstrittenen Verkauf an die CSOB nachzeichnet. Gemäss der Untersuchungskommission passierte der erste gravierende Fehler im Jahr 1993, als der Nationale Besitztumsfonds als Verwalter des staatlichen Vermögens es verpasste, bei einer Kapitalerhöhung der IPB mitzumachen und damit die Möglichkeit aus der Hand gab, die Entwicklung der Bank massgeblich mitzubestimmen. Durch das Abseitsstehen bei der Kapitalerhöhung verminderte sich nämlich der Staatsanteil erheblich. Darauf nahm der Staat seine Aktionärsrechte ungenügend wahr und überliess die Führung der Bank fast ausschliesslich deren Management. Auch bei der Privatisierung des staatlichen Minderheitsanteils an die japanische Investitionsbank Nomura hatte der Staat laut dem Untersuchungsbericht keine glückliche Hand. Der Nationalbank wirft die Parlamentskommission vor, die Bankaufsicht ungenügend durchgeführt und Missstände zu spät aufgedeckt zu haben. Der Bericht räumt zwar ein, dass im Juni 2000 die Teilnahme des Staates bei der Rettung der IPB, die damals vor einem Kollaps mit unabsehbaren Folgen für die tschechische Wirtschaft stand, unabdingbar gewesen sei. Finanzminister Mertlik und Nationalbankgouverneur Tosovsky, die den Blitzverkauf an die CSOB eingefädelt und abgewickelt hatten, wird aber angekreidet, sie hätten ein intransparentes Auswahlverfahren durchgeführt und Verträge ausgehandelt, die einseitig ungünstig für den Staat und im Gegenteil einseitig vorteilhaft für die CSOB gewesen seien.

Die Präsentation des Berichts im Parlament wurde von einer hitzigen Diskussion begleitet, in der die Kontrahenten die gleichen waren wie schon vor einem Jahr beim Verkauf der IPB. Die Demokratische Bürgerpartei ODS kritisierte einmal mehr, dass die IPB der CSOB praktisch geschenkt worden sei. Die sozialdemokratische Regierungspartei hielt dem entgegen, dass es darum gegangen sei, den vollständigen Zusammenbruch einer Bank zu vermeiden, die mit mehr als drei Millionen Konten einen Marktanteil in Tschechien von rund einem Drittel gehalten habe und deren Bankrott zu schweren Erschütterungen der Wirtschaft geführt hätte. Ein weiterer Kritikpunkt an der Arbeit der Untersuchungskommission liegt darin, dass diese zwar konstatierte, die schlechte Situation in der IPB sei durch ungenügendes Management und das Verhalten der Hauptaktionäre herbeigeführt worden, auf eine eingehende Prüfung dieser Fehler aber verzichtete. Gerade aus diesem Grund meinten aussenstehende Analytiker, der Bericht habe eher politischen als sachbezogenen Charakter. Dies erstaunt im Übrigen nicht, denn Vorboten der Kampagne zu den Parlamentswahlen vom nächsten Frühjahr sind hier und da schon auszumachen, und ein komplexes und gleichzeitig kontroverses Thema, wie es der Fall IPB, ist eignet sich ausgezeichnet zu vereinfachenden Darstellungen im eigenen Interesse.

Autor: Rudi Hermann
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