Partei der Öffentlichen Angelegenheiten setzt auf vertraglich verankerte Disziplin ihrer Abgeordneten
Die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten ist eine von zwei absoluten Neulingen im tschechischen Abgeordnetenhaus. Auf Anhieb bekam sie fast 11 Prozent der Wählerstimmen. Noch ist vergleichsweise wenig über diesen Kometen am tschechischen Polithimmel bekannt. Durchgesickert ist indes, dass die Partei Fraktionszwang und Parteidisziplin rigoros durchsetzen will. Dazu sollten die Kandidaten der Partei noch vor den Parlamentswahlen in der vergangenen Woche sich in einer Einverständniserklärung verpflichtet haben. Der Inhalt dieses Dokuments ist in die Medien durchgesickert und wurde sofort öffentlich diskutiert.
Zudem sollen die Abgeordneten in den Medien lediglich die Position ihrer Partei vermitteln und verteidigen und keine andere vertreten. Will sich ein Abgeordneter nicht an einen Parteibeschluss halten und dementsprechend votieren, muss er auf sein Mandat verzichten. Tut er das nicht, verlangt die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten ein Bußgeld in der Höhe von umgerechnet 250.000 Euro – also die anteiligen Kosten für den Wahlkampf.
Verfassungsrechtler schlagen entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen. Jan Kudrna von der Prager Karls-Universität:„In der Verfassung steht - wenn ich es vereinfacht sagen soll - klipp und klar geschrieben, dass ein Abgeordnetenmandat an nichts gebunden ist. Anders gesagt, ein Abgeordneter kann durch keine Anweisungen oder Befehle zu etwas verpflichtet werden und kann ebenso nicht für sein Abstimmungsverhalten irgendwie bestraft werden.“
Im Vertragstext der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten ist aber paradoxerweise auch zu lesen, dass der Abgeordnete im Einklang mit dem Parteistatut berechtigt und auch verpflichtet ist, sein Mandat frei auszuüben - nach seinem besten Willen und Gewissen. Die im Vertrag beinhalteten Vereinbarungen stellten kein Hindernis dazu dar, heißt es.
Verfassungsrechtler Kudrna sieht zudem noch eine weitere Schwachstelle. Der innerparteiliche Vertrag beruft sich nämlich auf das bürgerliche Gesetzbuch. Im Vertrag heißt es zudem gesetzeskonform: Es können auch andere als die im bürgerlichen Gesetzbuch erfassten Verträge unterzeichnet werden. Doch ist dies nur mit Einschränkungen möglich, wie Kudrna erläutert:
„In unserem bürgerlichen Gesetzbuch wird gleichzeitig die Bedingung formuliert: Niemand kann im Vorhinein auf seine Rechte verzichten. Dazu ist es aber in diesem Vertrag offensichtlich gekommen. Die Abgeordneten der Partei verzichten auf das Recht, ihre persönliche Meinung frei äußern zu können. Eigentlich ohne Rücksicht auf das eigene Gewissen.“
Für den Abgeordneten, der sich gegen den Willen der Parteiführung wehrt und dafür zur Kasse gebeten wird, sieht Jan Kudrna daher gute Chancen in einem möglichen Gerichtsverfahren.„Meiner Meinung nach hat er große Chancen auf Erfolg. Ich glaube, in einem möglichen Gerichtsurteil müsste es heißen, dass ein derartiges Dokument keine Gültigkeit hat.“