VV-Partei im Abseits: Nach ultimativer Forderung drohen Sturz der Regierung und Neuwahlen

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Die Drei-Parteien-Koalition in Tschechien steckt in der Krise. In einer tiefen Vertrauenskrise, die diesmal das Ende der Koalition und damit auch der Regierung Nečas nach sich ziehen könnte. Ausgelöst wurde die erneute Krise am Dienstag durch die überraschende Ankündigung der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten (VV), dass die Minister der Partei ihre Ämter zum 1. Mai niederlegen werden. Und zwar für den Fall, dass über eine Revision des Koalitionsvertrags und weitere Forderungen der Partei nicht bis zum 26. April verhandelt wird. Die Antwort von Regierungschef Nečas kam prompt: Verhandeln ja, aber ohne Bedingungen, ansonsten zerbricht das Bündnis.

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Eine Tonaufnahme vom März vergangenen Jahres hat die erneute Regierungskrise ins Rollen gebracht. Darauf zu hören gewesen sein soll ein Gespräch, aus dem hervorgeht, wie die ehemalige Abgeordnete der VV-Partei, Kristýna Kočí, einen Putsch innerhalb der Partei geplant habe. Und in diesen Plänen sollen angeblich auch Vertreter der Koalitionspartner involviert gewesen sein. Grund genug für Parteivizechef Tomáš Jarolím, das Vertrauen zu den Koalitionspartnern parteiintern hinterfragen zu lassen. Nach zehnstündiger Verhandlung des VV-Präsidiums forderte Parteichef Radek John dann am Dienstagnachmittag Premier Nečas unter anderem zur Umbildung der Regierung auf:

Radek John  (Foto: ČTK)
„Wir erachten es als selbstverständliche und unabdingbare Voraussetzung einer weiteren erfolgreichen Zusammenarbeit in der Koalition, dass eine neu zusammengesetzte Regierung zum schnellstmöglichen Termin die Vertrauensfrage im Abgeordnetenhaus stellt.“

Hinter diese und weiteren Forderungen stellte die VV-Partei die Drohung, ihre Minister bis zum 1. Mai abzuziehen, falls man in der Koalition bis dahin nicht intensiv verhandle. Premier und ODS-Chef Nečas machte jedoch noch am Dienstagabend deutlich, dass er nicht gewillt sei, sich von der VV-Partei in die Enge treiben zu lassen. Auch ODS-Vizechefin Miroslava Němcová verurteilte das ultimative Vorgehen der VV-Partei:

Miroslava Němcová
„Das ist eine völlig unseriöse Handlungsweise. Wenn man ein Interesse daran hat, einige Dinge innerhalb der Koalition zu klären, dann tritt man damit nicht zuerst vor die Mikrofone des Fernsehens und des Radios.“

Zu Verhandlungen sei er grundsätzlich bereit, allerdings ohne Bedingungen und einseitiger Forderungen, die jedweder Grundlage entbehren, erklärte Nečas. Doch diesmal kündigte er auch an:

„Im Falle, dass die Verhandlungen zum Sturz der Regierung führen, fürchte ich auch keine sofortigen Neuwahlen. Im Gegenteil, diese Lösung wäre dann das Vorgehen mit dem größten Verantwortungsbewusstsein.“

Über vorgezogene Neuwahlen spricht auch der dritte Koalitionspartner, die Partei Top 09, immer öfter. Finanzminister und Top 09-Parteivize Miroslav Kalousek kann darüber hinaus seine Abneigung gegenüber der VV-Partei nicht verbergen:

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
„Vorgezogene Neuwahlen wären natürlich etwas unangenehm in der jetzigen Situation. Aber sie sind immer noch angenehmer, als die Verlängerung der politischen Agonie in der Regierung. Und einen positiven Effekt hätten sie auf jeden Fall: Sehr schnell und für immer verschwindet dann aus der tschechischen politischen Szene etwas so Glitschiges und Widerwärtiges, wie es die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten ist.“

Auch der Vizevorsitzende der Sozialdemokraten (ČSSD), Jiří Dienstbier, bezeichnet die VV-Partei inzwischen als Lachnummer und sagt deren Untergang bei vorgezogenen Neuwahlen voraus. In der VV-Partei selbst ist inzwischen ein Grabenkrieg entbrannt, weil einige der führenden Parteimitglieder genau diesen Absturz nicht heraufbeschwören wollen. So hat sich zum Beispiel Verkehrsminister Pavel Dobeš der Parteiräson widersetzt und verkündet, dass er keineswegs freiwillig von seinem Amt zurücktreten werde. Ob die Versuche einiger in der VV-Partei fruchten, die Lunte noch zu löschen, die man bereits gelegt hat, bleibt indes fraglich. Die Opposition dagegen reibt sich schon die Hände. Oppositionsführer und ČSSD-Chef Bohuslav Sobotka hat von seiner sozialdemokratischen Partei bereits das Mandat erhalten, mit der ODS, der Partei Top 09 und den Kommunisten (KSČM) über vorgezogene Neuwahlen zu verhandeln. Die VV-Partei aber ist auch hier schon außen vor.