Pflegedienst, Blechbearbeitung und Kompost: beste Unternehmerinnen des Jahres

Foto: Offizielle Facebook-Seite von Ocenění Českých Podnikatelek

Sie sollen Vorbild sein: Die Unternehmerinnen des Jahres vertreten auch in Tschechien immer noch eine Minderheit, denn die meisten Firmen befinden sich weiter in Männerhand. Deswegen werden seit dem Jahr 2008 die besten Managerinnen und Firmenbesitzerinnen ausgezeichnet. Drei der Siegerinnen aus diesem Jahr nun in Kurzporträts.

Helena Kohoutová  (Foto: Archiv TV Metropol)
Bereits im November wurden sie gekürt. Aber die Auszeichnung „Unternehmerin des Jahres“ reflektiert mehr als nur den momentanen Erfolg. Teils haben die Frauen ihre Firmen über Jahre aufgebaut – und wurden eben jetzt erst belohnt. Ins Leben gerufen wurde die Preisvergabe von Helena Kohoutová:

„Die Kriterien haben sich seit dem Start nicht geändert. Wir unterstützen tschechische Frauen, die seit mindestens vier Jahren unternehmerisch tätig sind. Sie müssen einhundertprozentige Eignerinnen ihrer Unternehmen sein. Nominiert werden sie durch die internationale Rating-Agentur Crif – Czech Credit Bureau.“

Die Rating-Agentur hat dieses Jahr fast 18.000 Firmen bewertet, die von Frauen geführt werden, seit mindestens vier Jahren bestehen und ab zehn Millionen Kronen (370.000 Euro) Jahresumsatz aufweisen können. 86 Unternehmen kamen ins Finale, davon allein 55 in der Kategorie „kleine Firma“.

Anders als die großen Krankenhäuser

Lucie Viterová  (links). Foto: Offizielle Facebook-Seite von Ocenění Českých Podnikatelek
In dieser starken Konkurrenz durchsetzen konnte sich Lucie Viterová. Sie betreibt mit Home Care Promedica einen mobilen Pflegedienst. Selbst kommt sie auch aus der Gesundheitsbranche, hat aber zudem internationale Politik studiert:

„Ursprünglich habe ich OP-Schwester gelernt. Internationale Politik habe ich nur deswegen studiert, weil dies mein Hobby ist. Ich wollte mich damit nicht auf einen neuen Beruf vorbereiten. Seit Berufsbeginn war ich immer im Gesundheitswesen beschäftigt. Als ich einen Unternehmensbereich gesucht habe, habe ich zu dem gegriffen, was ich wohl auch kann.“

2009 gründete Lucie Viterová ihre eigene Firma. Der Pflegedienst erfolgt auf Anordnung von Fach- oder Hausärzten. Abgerechnet wird über die Krankenkassen.

Home Care Promedica  (Foto: Offizielle Facebook-Seite von Home Care Promedica)
„Ich habe den Pflegedienst mit ein paar Krankenschwestern begonnen, die zu den Patienten gefahren sind. Ich denke, wir haben unsere Sache einfach so gemacht haben, wie es sein muss. Bei uns ist der Klient der Herr, wir sind für ihn da und nicht andersherum, wie dies in den großen Krankenhäusern häufig der Fall ist. Deswegen haben schon bald die Klienten uns kontaktiert, und wir konnten gerade wegen der Qualität unserer Dienstleistungen expandieren.“

Bei der Einstellung neuer Mitarbeiter vertraut Lucie Viterová vor allem auf Empfehlungen. Mittlerweile ist Home Care Promedica einer der größten mobilen Pflegedienste in Prag. Insgesamt sind 20 Mitarbeiter festangestellt, dazu kommen 40 Krankenschwestern, die auf freier Basis arbeiten. Dabei agiert Unternehmerin Viterová aber mit aller Vorsicht:

„Ich bin kein Mensch, der sich verschuldet. Ich habe mit eigenen Ersparnissen die GmbH gegründet. Sobald wir etwas verdient hatten, habe ich das reinvestiert. Wir sind weiterhin schuldenfrei.“

Bleche auch für Hamburg

Ivana Černohorská  (links). Foto: Offizielle Facebook-Seite von Ocenění Českých Podnikatelek
Eine Kategorie höher agiert Ivana Černohorská. Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie eine Firma für Blechbearbeitung vor den Toren Prags. Sie ist Unternehmerin des Jahres im Bereich mittlere Unternehmen.

„Mein Mann und ich haben uns im Jahr 2002 zusammengesetzt. Das war zu einer Zeit, als wir wussten, dass es mit der Arbeit nicht mehr so toll aussehen würde und wir auch schon in die Jahre gekommen waren. Da fiel die Entscheidung.“

So entstand die Firma NC Wega spol. Mit einer Raten-Finanzierung der Betriebskosten und einem Leasingkredit über 15 Millionen Kronen (heute 550.000 Euro) starteten beide ihre GmbH.

NC Wega  (Foto: Offizielle Facebook-Seite von Ocenění Českých Podnikatelek)
„Am Anfang waren es mein Mann und ich, und wir haben noch vier oder fünf weitere Leute eingestellt. So genau weiß ich das nicht mehr. Tagsüber habe ich Sachen ausgefahren, am Abend habe ich die Abrechnungen gemacht. Mein Mann fuhr Gabelstapler, zwei haben die Laserschneideanlage bedient, zwei weitere die Abkantpresse, dazu kam noch ein Programmierer.“

Das Unternehmen wuchs, mehr Geräte, darunter auch Schweißmaschinen wurden hinzugekauft, neue Leute eingestellt. Zeitweise fanden 50 Menschen bei NC Wega ihr Auskommen. Derzeit sind es 30, und der Jahresumsatz der Firma liegt zwischen 40 und 50 Millionen Kronen (1,5 bis 1,8 Millionen Euro). Ivana Černohorská:

NC Wega  (Foto: Offizielle Facebook-Seite von City Led Lighting)
„Wir haben vor allem Kunden aus Tschechien. Aber wir liefern auch nach Hamburg an einen Laserhersteller, da sind wir ein bisschen stolz drauf. Gerade haben wir unser Zehnjähriges gefeiert, dazu sind sie aus Hamburg sogar hier hergekommen. Von der Struktur her handelt es sich bei unseren Kunden um vier bis fünf große und 90 kleine, die mir auch Aufträge zu 500 oder 1000 Kronen bringen. So kommt der Umsatz zustande. Natürlich würde ich lieber vier oder fünf Rechnungen im Monat schreiben, aber so ist es halt nicht.“

Bleche von NC Wega sind in allen möglichen Bereichen gefragt, in Aufzügen genauso wie in der Belüftungstechnik oder auch bei der Fertigung von Rollstühlen.

Am Anfang war ein Lastwagen

Eva Vejšická  (Foto: Offizielle Facebook-Seite von Ocenění Českých Podnikatelek)
Nicht gerade die klassische Frauenbranche ist es, in der Eva Vejšická Erfolg hat. Ihre Firma Elron CZ mit Sitz in Prag und Plzeň / Pilsen bereitet Kompost auf. Eva Vejšická siegte im Bereich „außergewöhnliches Firmenwachstum“. Dabei ist die junge Frau erst seit fünf Jahren als Unternehmerin tätig:

„Zuvor habe ich bereits bei einer Firma gearbeitet, die im selben Bereich tätig war, also in der Behandlung biologischer Abfälle. Im Jahr 2010 sollte mein Vorgesetzter in den Ruhestand gehen. Er bot mir an, seine Anlage zu übernehmen, er empfahl mir dies sogar. Mich hat das sehr interessiert. Ich habe dann lange darüber nachgedacht, hatte aber um mich herum ein sehr gutes Team. Und so habe ich ja gesagt und begonnen.“

Und zwar mit kleinem Kapital, wie Eva Vejšická sagt, und nur einem einzigen Lastwagen.

„In den nachfolgenden drei Jahren kam eine Großanlage zum Kompostwenden hinzu, die von einem Traktor transportiert wird. Und in den vergangenen beiden Jahren dann noch zwei Kipplaster, mit denen die kompostierbaren Abfälle beim Kunden abgeholt werden können.“

Denn die Aufbereitung des Komposts erfolgt in einem ehemaligen Braunkohletagebau bei Zbůch südlich von Pilsen. Das Endprodukt wird aber nicht nur direkt dort zu Rekultivierungsmaßnahmen eingesetzt, sondern auch andernorts:

„Unsere Kunden sind Städte- und Gemeindeverwaltungen, aber kommen auch aus dem privatwirtschaftlichen Bereich.“

Autor: Till Janzer
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