Piloten demonstrieren gegen den Bau einer Gigafactory in Pilsen

Am Dienstag haben sich knapp 50 Menschen vor der deutschen Botschaft in Prag versammelt, um gegen den Bau einer großen Batteriefabrik im Pilsener Vorort Líně zu demonstrieren. Sie wollen verhindern, dass für das Projekt ein Flugplatz stillgelegt wird.

Adolf Valášek | Foto: Leon Iselt,  Radio Prague International

„Entweder in Líně oder nirgendwo“, das sagt die tschechische Regierung und meint damit die geplante Gigafactory von Volkswagen. Der Automobilkonzern will bis 2030 insgesamt sechs neue Batteriefabriken in Europa bauen – eine davon in Plzeň / Pilsen. Für die riesige Investition wird Platz benötigt. Daher wollen die Investoren einen Flugplatz im Vorort Líně abreißen lassen, den aktuell hauptsächlich Rettungsflieger und Hobbypiloten nutzen. Premier Petr Fiala und seine Regierung befürworten das, doch es gibt auch kritische Stimmen. Knapp 50 Menschen haben sich vor der deutschen Botschaft versammelt. Auf einem großen Transparent steht der Slogan „Stop Gigafactory“.

„Die Demonstration richtet sich gegen die Entscheidung, die Gigafactory unbedingt auf dem Gelände des Flugplatzes von Líně bauen zu müssen. Das würde zunächst den Abriss des Flugplatzes bedeuten, was einen Haufen Geld kostet und nichts bringt, denn der Flugplatz funktioniert vollständig und ist in einem sehr guten Zustand. In den Abriss Milliarden von Kronen zu investieren ist sinnlos.“

sagt Adolf Valášek von der Initiative „Lasst uns den Flugplatz Líně retten“, die die Demo organisiert hat.

Andreas Künne - deutscher Botschafter | Foto: Deutsche Botschaft Prag

Die Aktivisten hoffen, dass der deutsche Botschafter auf den Volkswagen-Konzern einwirkt. In einem offenen Brief sprechen sie von enormem Widerstand der Bevölkerung und verweisen auf eine Petition mit 11.000 Unterschriften. Adolf Valášek hat viele Argumente gegen den Bau der Gigafactory in Líně mitgebracht. Sein Hauptanliegen ist die militärische Infrastruktur.

„Tschechien hat einen Militärflugplatz, auf dem die ganze tschechische Luftwaffe steht. Da reicht eine Rakete, und es ist alles vorbei. Heute braucht man Ersatzflugplätze, und auf unserem ist schon alles vorbereitet – wie zum Beispiel Bunker. Wir sollen das alles nun wegen ein paar eingesparter Euro vernichten?“

Foto: Leon Iselt,  Radio Prague International

Laut der Initiative ist der Flugplatz also im Kriegsfall von strategischer Bedeutung. In Anbetracht der Lage in der Ukraine sei das gerade jetzt wichtig, zumal auch die Nato den Ersatzflugplatz nutze. Aber auch regionale Themen spielen für die Kritiker des Fabrikprojekts eine Rolle. So zum Beispiel die Situation  auf dem Arbeitsmarkt, erläutert Valášek:

„In Pilsen gibt es kaum Arbeitslose: Die Quote liegt aktuell bei 2,6 Prozent. Und jetzt bräuchte man für die Fabrik laut Unterlagen ungefähr 3000 Arbeiter. Wo kommen die her? Wohl aus dem Ausland. Wir haben nichts gegen Ausländer, aber mit dem Zuzug der Arbeitskräfte entstehen immer Probleme.“

Was genau das für Probleme sein sollen, führt Valášek nicht weiter aus. Klarer kritisieren die Aktivisten, dass die Gigafactory den kleineren Betrieben in Pilsen wichtige Fachkräfte abwerben könnte. Außerdem seien die Umweltbedingungen nicht ausreichend, es mangele an Wasser und Stromversorgung.

Foto: Leon Iselt,  Radio Prague International

Auch wenn sich Widerstand formiert: Die Argumente gegen den Bau der Gigafabrik in Pilsen bleiben noch schwammig. Erst Ende Oktober hat die tschechische Regierung selbst eine Studie in Auftrag gegeben, die untersuchen soll, wie gut der Standort in Pilsen für den Bau geeignet ist. Damit sollen auch mögliche Risiken abgeklärt werden. Die Studie kommt allerdings spät, denn die Regierung unterstützt das Projekt schon seit längerem. Ende des Jahres wird bereits die finale Entscheidung von VW erwartet. Sollte es in Pilsen nicht klappen, könnte die Gigafactory auch in Polen oder Ungarn gebaut werden. Adolf Valášek hätte den Bau am liebsten an einem anderen Ort in Tschechien:

„In Sokolov, an der deutschen Grenze liegt ein geeigneter Ort an dem sich früher Bergwerke befanden. Dort gibt es Arbeitslose, Strom und Wasser – alles was man braucht -  und das Gebiet ist gerade einmal 60 Kilometer entfernt. Allerdings führt dort noch keine Autobahn hin. Aber es wäre doch besser, eine Autobahn zu bauen, als einen wichtigen Flugplatz abzureißen.“

Ob die Initiative die Verantwortlichen mit diesen Argumenten überzeugen kann, bleibt fraglich. Es gilt wohl, auf die Studie zu warten, die über Risiken und Vorteile des Baus einer Gigafactory in Pilsen aufklären soll.

Foto:  Volkswagen
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Autor: Leon Iselt
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