Politologe Schuster: „Kočka-Mord könnte Politikverdrossenheit verstärken“

Jiří Paroubek (Foto: ČTK)

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag kam es in einem Prager Restaurant zu einem Mord, dessen Umstände und Hintergründe seitdem die Medien in Tschechien füllen. Sowohl das Opfer, Václav Kočka junior, als auch der Täter, Bohumír Ďuričko, sind Persönlichkeiten aus der tschechischen Unternehmerwelt. Sie werden dem Umfeld František Mrázeks zugerechnet, der im Januar 2006 ermordet wurde. Mrázek galt als inoffizieller Chef der tschechischen Unterwelt und verfügte über zahlreiche Kontakte zu Politikern aller Parteien. Auch der jüngste Mordfall zieht weite Kreise und erschüttert die tschechische Politlandschaft, insbesondere die Sozialdemokraten. Patrick Gschwend hat mit dem Politikwissenschaftler Robert Schuster darüber gesprochen.

„Václav Kočka junior ist ein guter persönlicher Freund Jiří Paroubeks, genauso wie Bohumír Ďuričko. Das ist für Jiří Paroubek als Chef der größten Oppositionspartei natürlich besonders unangenehm. In Tschechien wird in knapp einer Woche gewählt. Die Regionalparlamente und ein Teil des Senats werden neu bestimmt, wobei den Sozialdemokraten gute Chancen eingeräumt werden. Eine solche Meldung, wie die von dem Mord, die Jiří Paroubek und damit auch seine Partei in den Dunstkreis von verschiedenen mafiösen Praktiken und Mafiabossen stellt, ist natürlich dann besonders unangenehm.

Jiří Paroubek  (Foto: ČTK)
Deshalb kann ich mir vorstellen, dass Paroubek an Rücktritt gedacht hat, um möglichen Schaden von seiner Partei abzuwenden. Ich glaube aber, dass ein stärkeres Motiv der Umstand ist, dass der Mord am gleichen Abend und am gleichen Ort stattgefunden hat, an dem Jiří Paroubek sein jüngstes Buch präsentiert hat. Es ist wahrscheinlich eher dieser persönliche Zusammenhang, die Jiří Paroubek zu diesem relativ starken Statement verleitet hat.“

Wie haben Politiker anderer Parteien auf den Mord und die Verbindung Paroubeks zu seinen beiden Hauptakteuren reagiert? Erst kürzlich wurden ja auch die regierenden Bürgerdemokraten von einer Affäre erschüttert. Ist der Vorfall für die nun ein gefundenes Fressen?

„Ich denke schon, dass nun im Wahlkampf versucht wird, das auszuschlachten. Andererseits zeigt die Angelegenheit aber auch, dass praktisch alle Parteien Schwierigkeiten haben. Und zwar in dem Sinne, dass sie auch noch knapp 20 Jahre nach der Wende mit diesen sehr mysteriösen und undurchsichtigen Persönlichkeiten in Verbindung gebracht werden können. Das muss zwar nicht heißen, dass sie noch mit Leuten aus der Unterwelt Kontakt pflegen. Es kann aber heißen, dass das zum Beispiel noch vor einigen Jahren der Fall gewesen sein könnte. Denn diese zwielichtigen Unternehmer haben den Parteien in der Zeit nach der Wende zu Geld verholfen. Und dafür wollten sie natürlich eine gewisse Gegenleistung. Das ist, wie ich finde, so eine Unsitte in der tschechischen Politik, die sich nach der Wende etabliert hat. Und genau darin liegen die negativen Auswirkungen der jetzigen Angelegenheit. Das könnte dazu führen, dass die Leute den Wahlen fernbleiben, und dass es zu einer Verstärkung der Politikverdrossenheit in Tschechien kommt.“