Polizei räumt besetztes Haus in Prag – harter Zugriff gegen Demonstranten

Foto: ČTK

Im Frühsommer räumte die Polizei das besetzte Haus und autonome Kulturzentrum „Milada“ in Prag. Seitdem war die Hausbesetzerszene der Stadt auf der Suche nach einem neuen Objekt. Am Samstag haben Autonome ein seit sechs Jahren leer stehendes Haus im zweiten Prager Stadtbezirk eingenommen – die Polizei griff allerdings hart durch.

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Mit Schockgranaten und angeblich auch Pfefferspray ging die Polizei am Samstagabend vor. Der Eingriff der 250 Polizisten richtete sich in dem Moment nicht gegen die Hausbesetzer selbst, sondern gegen rund 70 Demonstranten, die die Hausbesetzer unterstützen wollten. Die Polizei versuchte die Demonstranten daran zu hindern, auch noch in das besetzte Haus zu gelangen. Der Eingriff sei teilweise brutal und die Härte nicht angemessen gewesen, behaupten die Demonstranten.

„Wir sind von der Polizei in eine Gasse getrieben worden, die Polizisten haben dort auf die Leute eingeschlagen, sie getreten oder weggeschubst“, berichtete eine Teilnehmerin gegenüber dem Tschechischen Fernsehen.

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Die Version der Polizei lautet: Die Leute seien zuvor mehrfach aufgerufen worden, die Demonstration aufzulösen. Dann sei die Situation leicht eskaliert. Der Prager Polizeisprecher Tomáš Hulan:

„Die Personen haben auf die Aufforderungen nicht reagiert, deswegen haben wir zugegriffen. Ursprünglich sollten die Demonstranten nur zurückgedrängt werden. Ich war selbst vor Ort und habe gesehen, wie Glasflaschen von der Seite der Demonstranten auf die Polizisten flogen. Da die Polizisten physisch angegriffen wurden, sind rasantere Maßnahmen angewandt worden. Dazu gehören auch Schockgranaten, die aber vor allem einen psychologischen Effekt haben“, so Hulan gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

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Was der Polizeisprecher jedoch verschweigt: Es gibt Kritik an dieser Polizeimunition. Angeblich sollen Schockgranaten, wenn sie unmittelbar vor den Füßen eines Menschen landen, diesen auch verletzen können. Bisher wurde jedoch nicht bekannt, dass Ermittlungen eingeleitet wurden, um das Vorgehen der Polizei zu überprüfen.

Die Hausbesetzung endete nur wenige Stunden später. Bei Sonnenaufgang drang die Polizei in das Gebäude ein und verhaftete die Hausbesetzer. Diese hatten sich auf das Dach des Gebäudes zurückgezogen. Ihnen drohen nun wegen Hausfriedensbruchs Strafen von bis zu zwei Jahren Gefängnis.

Die Besetzung steht in Zusammenhang mit der Räumung des besetzten Hauses Milada Ende Juni. Die Milada war auch autonomes Kulturzentrum gewesen. Seitdem haben die Hausbesetzer ein neues Objekt gesucht. Ihre Argumente formulierte ein Sprecher der Szene, der sich „Téta Milada“ – übersetzt „Tante Milada“ - nennt:

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„Obwohl das Besetzen von Häusern derzeit zumindest in der Tschechischen Republik illegal ist, glauben wir vom moralischen Standpunkt das Recht dazu zu haben. Schließlich ist es paradox, dass es leere Häuser gibt und zugleich Menschen, die auf der Straße leben.“

In Prag stehen derzeit etwa 80 Häuser leer, wie die Polizei informiert. Das Haus, das am Samstag besetzt wurde, gehört einer italienischen Investment-Gesellschaft. Diese will dort ein Hotel und Wohnungen einrichten. Allerdings ist in den vergangenen sechs Jahren lang nichts an dem Haus getan worden.