Positive Kritiken auf den Film "Der Untergang"
Im Zuge der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Kriegsendes rückt die Kriegsthematik immer mehr in den Vordergrund. Historische Themen sind in aller Munde. Seit einem Monat können auch die Zuschauer in Tschechien den Film "Der Untergang" sehen, der die letzten Tage des Dritten Reiches im "Führerbunker" beschreibt. Über die Reaktionen auf den deutschen Film, der auch im Herkunftsland viele Kritiker zur Diskussion angeregt hat, berichtet Bára Procházková:
"Es ist eine Überraschung, weil der Film 'Der Untergang' kein amerikanischer und auch kein tschechischer Film ist. Und erfahrungsgemäß sind normalerweise auf dem tschechischen Markt nur amerikanische oder heimische Filme erfolgreich."
Nach den Berechnungen von Hájek kann auch in den kommenden Monaten mit insgesamt fast 90.000 Zuschauern gerechnet werden. Das besondere an diesem Film ist, dass er auch ältere Zuschauer ins Kino lockt, sagt Radko Hájek. Den Statistiken zufolge gehen in Tschechien meistens junge Menschen unter 35 Jahren regelmäßig ins Kino. Wenn "Der Untergang" läuft, füllen sich die Zuschauerreihen aber auch mit älteren Besuchern. Auch einen Monat nach der tschechischen Premiere zeigen Tschechen Interesse für diesen Film. Nach Hájek bedeutet dies eine positive Entwicklung:"Das ist ein standardisierter Vorgang jedes Filmvertriebs, dass er nicht nur die Besucherzahlen am ersten Wochenende und in der ersten Woche beobachtet, sondern vor allem das Verhältnis der Besucherzahlen zwischen dem zweiten und ersten Wochenende, zwischen dem dritten und dem zweiten, und so weiter. Im Durchschnitt sinken die Besucherzahlen von Woche zu Woche um 30 Prozent. Falls die Prozentzahlen niedriger sind, bedeutet es, dass die Zuschauer den Film außerordentlich positiv aufgenommen haben. Der Grund für diese Entwicklung ist meistens eine gute Mundpropaganda unter den Menschen."
Über den "Untergang" wurde viel geschrieben, aber dieser Film gelang eher durch Mundpropaganda zu den Menschen. Unter anderem zu Jitka Hrudová, einer Mitarbeiterin des tschechischen Außenministeriums, die teilweise in Deutschland studiert hat."Ich wollte den Film erstmal gar nicht sehen. Ich hatte keine Lust, menschliche Gesichter Hitlers zu sehen. Das muss wirklich nicht sein. Dann haben mir aber mehrere Freunde erzählt, dass der Film doch sehenswert und interessant ist. Ich habe also den Mut gefasst und bin doch hingegangen. Der Film war sehr gut, richtig interessant und richtig bewegend."
Gerade die menschliche Seite Hitlers macht den Unterschied zwischen der tschechischen und der deutschen Berichterstattung über den Film aus. Die Filmkritiker in Tschechien haben nämlich einen anderen Schwerpunkt gewählt, als die meisten Rezensenten in Deutschland. Während in Deutschland die Kritiker am meisten die Darstellung der menschlichen Seite Hitlers hinterfragt haben, schreiben die tschechischen Journalisten über eine gelungene Darstellung von blankem Zynismus, eine kühle Beschreibung des Milieus und über die Angst, die man als Zuschauer während der Vorführung spürt. Von einer menschlichen Darstellung Hitlers könne nicht die Rede sein, so der Tenor der tschechischen Zeitungsartikel. Die Kritiker bemängeln nur den zu pathetischen Titel des Filmes in der tschechischen Sprache - nämlich "Der Fall des Dritten Reiches" - und teilweise die Langatmigkeit des Filmes. Die meisten bewerten diesen Film jedoch als eine sehr gelungene Beschreibung der historischen Ereignisse:
"Der rohe Zynismus des Films zeigt sich darin, dass die Filmmacher gegenüber den geistigen Bewegungen der Nationalsozialisten auf sympathische Weise abgestumpft sind." ...so die Tageszeitung Mlada fronta DNES"Der Film zeigt Hitler und Goebbels nicht menschlich, sondern als Maschinen, deren vor langer Zeit gewähltes Programm über den Selbsterhaltungstrieb gewinnt." ...schreibt Mlada fronta DNES weiter.
"Dank des Hauptdarstellers war im Kinosaal vollständige Ruhe. Man konnte nicht einmal die sonst üblichen Geräusche vom Popkorn-Essen hören." ...wurde im privaten Fernsehsender TV Nova gesagt.
"Keiner der Schauspieler rutscht auch nur für einen Moment in eine Darstellung, die einer Karikatur ähnlich ist. Die Personen werden belebt und verteilen Angst und Furcht um sich herum." ...schreibt die Wochenzeitschrift Reflex.
"Kühle klinische Rekonstruktion" ...titelt die Tageszeitung Lidove noviny.
"Falls ein Film über Hitler existieren soll, gibt es keinen Grund, warum er nicht wie 'Der Untergang' aussehen sollte." ...fasst die Tageszeitung Lidove noviny zusammen.
Der Film "Der Untergang" füllt neben den Kinosälen und den Kinokassen auch die Kultursendungen. Zum Beispiel in einer Sendung des privaten Fernsehsenders Nova, in der gewöhnlich keine Filmkritiken gesendet werden, stellte der Untergang eine Ausnahme dar. Bei der Berichterstattung über den Film war noch eine Besonderheit zu beobachten: Sie verlief sozusagen in zwei Wellen. Die Medien haben über die Einführung des Filmes in die deutschen Kinosäle im August vergangenen Jahres ausführlich berichtet, und dann ein halbes Jahr später noch mal, als nun der Film auch in Tschechien zu sehen war. Ganz besonders interessiert zeigten sich die Journalisten auch an der Einführung des Filmes in Israel und an den dortigen Reaktionen. So viel Aufmerksamkeit - auch über die Kulturrubriken hinweg - hat in letzter Zeit kein anderer Film geweckt.
Und weiter geht es vom Film zum Buch: Das Buch "Der Untergang" wurde in Tschechien zwar schon in der zweiten Auflage herausgegeben, es zeichnen sich, nach den Angaben der Buchhändler, jedoch keine besonders hohen Umsatzzahlen ab. Jan Kanzelsberger jr., der Mitinhaber der größten Buchhandlungskette in Tschechien, erklärt dies damit, dass alle Interessierten dieses Buch bereits gekauft haben und die restlichen Leute ins Kino gehen. Kanzelsberger beobachtet jedoch seit zwei Wochen ein erhöhtes Interesse für militärische Literatur allgemein. Vier Titel mit militärischer Thematik haben sogar einen Platz unter den TOP 50 gefunden. Das ist nach Kanzelsberger, verglichen mit anderen Monaten, eine überraschende Ausnahme:
"Der Grund ist der, dass das einfach ein Thema ist, worüber man zurzeit spricht und das im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Zweitens haben wir für unsere Leser auch ein besonderes Angebot vorbereitet."
Auf dem Literaturmarkt können die Leser aus einem breiten Angebot auswählen: Dokumentationen, Zeitzeugenberichte sowie Fotografie-Bände stehen in den Regalen. Die am meisten verkauften Werke berichten über die Situation an der Westfront sowie über Auschwitz. Des Weiteren fragen die tschechischen Leser ganz besonders nach Büchern über den Protektoratsleiter Reinhard Heydrich und nach einem Fotografie-Band mit Archivaufnahmen, die jetzt zum ersten Mal veröffentlicht wurden.
In diesen Tagen werden vereinzelt in kleineren Programmkinos auch Dokumentarfilme über das Kriegsgeschehen gezeigt. Das Interesse ist groß. Die Besucherzahlen erreichen Rekordhöhen, vor allem in kleineren Städten. Diese Woche findet in Prag auch ein Filmfestival mit Kriegsfilmen aus Russland, Großbritannien, aus den USA und aus Tschechien statt.