Filme aus Deutschland: Das Kurzfestival #FilmDE bittet in den virtuellen Kinosaal
Wie so viele Veranstaltungen ist auch das deutschsprachige Filmfest in Prag dieses Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen. Während schon die Vorbereitungen für den Ersatztermin im Februar laufen, bietet das Goethe-Institut Prag den Cineasten noch in diesem Jahr ein Trostpflaster. Das Online-Festival #FilmDE präsentiert mit einem kleinem, aber feinen Programm Kinoneuheiten aus Deutschland.
Herbst und Filme, das gehört im Goethe-Institut Prag normalerweise zusammen. Alljährlich präsentiert das Filmfest dem tschechischen Publikum neue Werke aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für diesen Oktober war der 15. Jahrgang schon fix und fertig vorbereitet. Leider fiel der Termin genau in die zweite Corona-Welle. Keine zwei Wochen vor der Eröffnungsveranstaltung wurde das Festival abgesagt.
„Wir hatten noch lange die Hoffnung, dass das Filmfest stattfinden kann. Dann haben wir uns aber mit unseren Partnern – dem Österreichischen Kulturforum und der Schweizer Botschaft – dafür entschieden, dass es nicht möglich und auch nicht verantwortungsvoll ist“,
sagt Luisa Rath im Gespräch mit Radio Prag International. Als Programmdirektorin des Prager Goethe-Instituts hat sie nun mit ihrem Team eine Art Trostpflaster für das Kinopublikum vorbereitet, dem Virus zum Trotz. Unter dem Titel #FilmDE findet vom 10. bis 12. Dezember ein kurzes Filmfestival statt, dessen Programm – wie derzeit üblich – im Internet angesiedelt ist. Trotz der thematischen und organisatorischen Einschränkungen freut sich Luisa Rath auf das Event:
„FilmDE ist eine deutsche Filmreihe, die wir online präsentieren mit einer kleinen, aber sehr netten Auswahl. Sie läuft in Kooperation mit dem Edison Filmhub und bietet ganz verschiedene Filme. Darunter ist zum Beispiel die tschechische Premiere von ‚Undine‘.“
Drei Dramen und eine Komödie
Dieses Drama von Christian Petzold widmet sich dem Undine-Mythos und verlegt die Geschichte der Wasserfrau in das Berlin der Gegenwart. Hauptdarstellerin Paula Beer hat dafür bei der diesjährigen Berlinale den Silbernen Bären bekommen. Franz Rogowski, der die zweite Hauptrolle spielt, ist ebenfalls eines der neuen interessanten Kinogesichter der letzten Jahre. Im Programm von #FilmDE ist er im Streifen „In den Gängen“ noch ein zweites Mal zu sehen, und zwar an der Seite von Sandra Hüller. Auch diese zarte Liebesgeschichte hat dramatische Züge. Programmdirektorin Rath hält es hingegen lieber mit einer Komödie:
„Mein Geheimtipp ist ‚Das perfekte Geheimnis‘ – eine charmante Komödie mit interessanten Fragestellungen. Es geht um Ehrlichkeit und Offenheit in Beziehungen, und das ist sehr raffiniert gemacht. Darum ist das ein Film, der vielen Geschmäckern entgegenkommt.“
Das Hauptprogramm des Kurzfestivals wird abgerundet durch das Familiendrama „All my loving“. Darin zu sehen ist unter anderem Lars Eidinger, der dem tschechischen Publikum aus vorhergehenden Jahrgängen des Filmfestes oder auch durch das Theaterfestival deutscher Sprache schon gut bekannt ist.
Diese vier Filme stehen im Mittelpunkt von #FilmDE und werden als Kinoprogramm präsentiert. In Zusammenarbeit mit dem Prager Kino Edison stehen sie zwar online, aber zu festen Zeiten zur Verfügung. Luisa Rath spricht dabei von einem „virtuellen Kinosaal“, in den das Goethe-Institut sein Publikum in ganz Tschechien und der Slowakei bittet.
„Der ganz klare Vorteil ist natürlich, dass man von überall die Filme sehen kann, egal wo man sich in Tschechien befindet. Man muss nicht nach Prag kommen, um in einen Kinosaal zu gehen. Man kann einfach zu Hause, im Büro, im Café oder wo auch immer sitzen und sich die Filme anschauen.“
Die Corona-Pandemie hat also sowohl den Organisatoren des Festivals als auch dem Publikum zu mehr Flexibilität verholfen. Ein gemeinsames Erlebnis könne allerdings schwerlich im digitalen Raum hergestellt werden, bedauert Rath:
„Der Nachteil ist, dass das Feeling des Kinosaals fehlt. Aber auch die Begegnungen, das Bier danach oder der Kaffee davor. So wie alles in dieser Zeit hat es seine Vor- und Nachteile.“
Digital und flexibel
Wie sonst bei Filmfestivals üblich, gibt es bei #FilmDE diesmal kein Rahmenprogramm aus Publikumsgesprächen oder Expertendiskussionen. Dafür bietet die Eintrittskarte aber Zugriff auf das gesamte Onlinearchiv des Edison Filmhub. Auf der Video-on-Demand-Plattform stehen etwa 300 Titel bereit. Die Kategorie „Der Film“ versammelt fast 30 deutschsprachige Streifen verschiedenster Genres. Darunter werden so namhafte Werke der letzten Jahre wie „Systemsprenger“, „Toni Erdmann“ oder „Transit“ angeboten. Beim Stöbern trifft man außerdem auf interessante Dokumentationen. „Im Keller“ von Ulrich Seidl thematisiert etwa geheime Obsessionen, die Menschen in der Abgeschiedenheit des Untergeschosses ausleben. Und „This Ain’t California“ erzählt über die Skateboard-Szene in der DDR.
Alle Filme werden im Edison Filmhub in Originalfassung mit tschechischen Untertiteln gezeigt. Dieses Zusatzangebot ist eine kleine Entschädigung dafür, dass beim Online-Festival auf gemütliche Kinosessel und die große Leinwand verzichtet werden muss. Dafür bewegen sich die Ticketpreise aber auf einem eher symbolischen Niveau. Für einen Tag werden 100 Kronen (3,80 Euro) berechnet, für alle drei Festivaltage 250 Kronen (9,50 Euro).
Luisa Rath bezeichnet das Festival #FilmDE als „einmalig, aber wirklich außergewöhnlich“. Im nächsten Jahr soll es so normal wie möglich mit dem Filmfest weitergehen. Der diesjährige Jahrgang soll nicht ausfallen, sondern ist nur verschoben worden. Der Ersatztermin steht bereits fest: Vom 8. bis 14. Februar 2021 werden wieder Filme aus allen drei deutschsprachigen Ländern inklusive Gesprächen mit ihren Machern präsentiert. Mit einer Rückkehr zur Kinonormalität rechnet Rath dabei aber noch nicht:
„Wir halten uns natürlich immer an alle Vorschriften und wollen kein zusätzliches Risiko schaffen. Insofern planen wir momentan mit einem digitalen Filmfest im Februar. Wir haben die Zeiten in den Kinos auch so gelegt, dass für den Fall der Fälle eine hybride Option in einem kleineren Rahmen möglich sein könnte. Aber momentan gehen wir davon aus, dass es digital stattfindet.“
Inwiefern eine virtuelle Ebene für Kulturveranstaltungen auch auf längere Zeit relevant sein wird, weiß die Programmdirektorin nicht vorherzusagen. Die Pandemie habe aber die aktuellen Arbeitsweisen stark verändert und sei in Sachen digitaler Technik durchaus lehrreich, sagt Rath:
„Ich glaube, viele Filmfestivals haben sich jetzt im digitalen Bereich stark professionalisiert. Sicherlich haben alle unterschiedliche Erfahrungen gemacht, positive und negative. Ich kann es nicht abschätzen, inwieweit sich eine Verlagerung zu einem digitalen Filmfest entwickelt. Allgemein glaube ich, dass das sehr unterschiedlich sein wird.“
Neben dem Nachholtermin im Februar rechnet das Team des Goethe-Instituts auch wieder mit einem traditionell terminierten Filmfest im Herbst. Wenn man davon ausgeht, dass die Pandemie bis dahin unter Kontrolle ist, könnte 2021 ein gutes Jahr für Cineasten werden.