Prag: Neue Regierung Paroubek muss noch Vertrauenshürde überspringen

Die Tschechische Republik ist wieder regierbar! (Foto: CTK)
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Die Tschechische Republik ist wieder regierbar! Das jedenfalls sind die Hoffnung und der Wunsch des überwiegenden Teils der tschechischen Bevölkerung, nachdem am Montag der über drei Monate währende Streit in der tschechischen Mitte-Links-Regierung mit der Ernennung des Sozialdemokraten Jiri Paroubek zum neuen Ministerpräsidenten beigelegt worden ist. Präsident Vaclav Klaus hat nach der Berufung von Paroubek zum neuen Regierungschef kurze Zeit später auch die von ihm vorgeschlagenen Kandidaten zu Ministern ernannt. Die neue Prager Regierung also steht. Mit welchen Zielen, Erwartungen und auch Vorbehalten sie in ihre rund einjährige Amtszeit geht, dazu Näheres von Lothar Martin.

'Altneue' tschechische Regierung  (Foto: CTK)
Tschechiens neuer Ministerpräsident Jiri Paroubek hat in nur neun Monaten den Sprung von der Kommunalpolitik ins Regierungsamt geschafft. Noch im Juli 2004 saß der 52-jährige Sozialdemokrat als stellvertretender Oberbürgermeister im Prager Rathaus, im August vergangenen Jahres berief ihn dann der bisherige Regierungschef Stanislav Gross als Regionalminister in sein Amt. Nun beerbt Paroubek seinen Vorgänger, da dieser wegen der ungeklärten Finanzierung seiner Privatwohnung und der nicht ganz nachvollziehbaren Geschäftstätigkeit seiner Frau zurückgetreten ist. Paroubek übernimmt von Gross eine Koalition der Sozialdemokraten mit den Christdemokraten und Liberalen, die über eine hauchdünne Mehrheit von 101 der 200 Sitze im Abgeordnetenhaus verfügt. Den damit verbundenen Tücken und der Verantwortung seines neuen Amtes bewusst, versprach Paroubek bei seiner Ernennung gegenüber dem Präsidenten:

Die Tschechische Republik ist wieder regierbar!  (Foto: CTK)
"Ich möchte Ihnen als Reaktion auf Ihre Worte versichern, dass diese Regierung tatkräftig sein und sie vom ersten Augenblick an die ihr zur Verfügung stehende Zeit nutzen wird. In allernächster Zeit werden wir auch im Abgeordnetenhaus die Vertrauensfrage stellen, so wie es der parlamentarischen Gewohnheit in unserem Land entspricht."

Das Kabinett Paroubek unterscheidet sich nur auf vier Posten von der Gross-Regierung. Die Änderungen wurden bei der Besetzung des Ministers ohne Portefeuille, des Landwirtschaftsministers, des Informatikministers und selbstredend des Regionalministers getroffen. Als neue Informatikministerin zog dabei mit der liberalen Politikerin Dana Berová die dritte Frau ins Kabinett ein. Da sich das Mandat der neuen Regierung lediglich bis zu den Parlamentswahlen im Juni 2006 erstreckt, muss sie sich auf einige wesentliche Aufgaben konzentrieren. Diese Aufgaben hat der Vizepremier für Ökonomie, Martin Jahn, wie folgt umrissen:

 Martin Jahn  (Foto: Zdenek Valis)
"Eines der Hauptziele dieser Regierung ist die Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrags. Das war auch der Hauptgrund, weshalb diese Regierung entstanden ist. Ansonsten wird sie in den Prioritäten fortfahren, die bereits vom vorherigen Kabinett verfolgt wurden, als da wären: die Novelle zum Steuergesetz, die Vorbereitung eines Bankrottgesetzes, die Deregulierung der Mieten und weitere Angelegenheiten."

Paroubek und sein Kabinett müssen sich nun nach ihrer Ernennung innerhalb von 30 Tagen einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen. Die oppositionellen Bürgerdemokraten und Kommunisten haben unterdessen bereits angekündigt, dieser Regierung nicht ihr Vertrauen auszusprechen. Aber auch der unabhängige Abgeordnete Tomas Vrbik erklärte, die Regierung Paroubek nicht unterstützen zu wollen:

"Ich habe seinerzeit der Regierung von Stanislav Gross mein Misstrauen ausgesprochen. Aufgrund dessen, dass die neue Regierung bis auf ein paar kosmetische Änderungen faktisch dieselbe ist und ihre Repräsentanten auch nicht damit hinter den Berg halten, programmatisch in den Spuren ihrer Vorgänger fortzufahren, wäre es unlogisch von mir, dieser Regierung mein Vertrauen auszusprechen. Also werde ich wieder mit Misstrauen votieren."