In Prag sein Glück versucht
Der deutsche Mathias Schwender lebt seit acht Jahren in Prag. In Deutschland machte er zunächst eine Ausbildung zum Maler, dann ein Theologiestudium. Doch eigentlich wollte etwas ganz anderes. Er ging nach Prag, kaufte ein Haus und machte sich selbstständig. Ein Beitrag von Anna-Lotta Liss.
"Can we check out, please?""Yes, shure. Which room were you in?""Room number 105."
Mathias Schwender bei der Arbeit, an der Rezeption seines Hostels "Czech Inn" . Vor acht Jahren hat er sein erstes Hostel in Prag eröffnet, inzwischen hat er drei Häuser. Und wenn es nötig ist, packt der Chef selbst mit an. Mit seinem Bruder zusammen kaufte er vor acht Jahren ein baufälliges Haus, renovierte zwei Zimmer und stellte je fünf Betten hinein. "Sir Toby's" sollte die Unterkunft heißen.
"Es passierte erstmal gar nichts. Ich wusste nicht, wie Marketing und Werbung funktionieren. Im Treppenhaus hatte ich meinen Schreibtisch aufgebaut und eine Lampe, das war meine Rezeption. Und eine Woche lang kam gar niemand."
Schwender setzte sich schließlich beim Smichover Bahnhof in die U-Bahn und sprach eine Gruppe junger Engländer an. Die kamen, und es gefiel ihnen so gut, dass sie anderen Rucksack-Touristen davon erzählten - das Sir Toby's ist seitdem fast immer ausgebucht. Nach ein paar Jahren mietete der Deutsche im Zentrum Räume dazu. Das "Miss Sophie's" eröffnete. Mathias Schwender möchte nicht nur, dass es seinen Gästen gut geht, sondern, dass sie sich im Hostel "wie zuhause" fühlen. Im "Sir Toby's" ist jedes Zimmer in einer anderen Farbe gestrichen, die Duschköpfe sind extra groß und die geräumige Küche lädt zum Kochen und Plaudern ein. In den ersten Jahren hat Schwender oft gemeinsam mit seinen Gästen gekocht oder ihnen die Stadt gezeigt.
"Obwohl ich nicht viel reise, lerne ich so verschiedene Kulturen kennen, weil die Menschen hierher kommen. Wir haben Gäste aus fast allen Ländern. Es kommen immer mehr Asiaten, viele Amerikaner, Australier, Engländer, und Deutsche."
Der Jungunternehmer hat in Prag nicht nur seinen Traumjob gefunden, sondern auch gute wirtschaftliche Bedingungen, um seine Idee zu verwirklichen.
"Das Startkapital für eine tschechische GmbH ist bedeutend niedriger als in Deutschland. Der andere Vorteil ist, dass das Lohnniveau niedriger ist. Man kann erst mal Dinge ausprobieren und braucht nicht gleich eine große Rendite oder ein perfektes Konzept. Man kann ein bisschen spielen."
Rund 50 Teil- und Vollzeitkräfte beschäftigt der Hostelier in den drei Herbergen. Seit März wohnen auch im "Czech Inn", dem dritten Haus im Stadtteil Vinohrady, Touristen in Mehrbett- und Doppelzimmern und Appartments. Das Haus aus dem 19. Jahrhundert wurde aufwendig restauriert: Klare Linien und minimalistisches Design der Inneneinrichtung treffen auf den alten Charme des Gebäudes. Im lichtdurchfluteten Foyer stellen junge tschechische Künstler ihre Bilder aus, an den Empfangsbereich schließt ein Café an.
Und auch für den noch ungenutzten Kellerraum hat 33-Jährige schon eine Idee: Ein Konzertraum für tschechische und internationale Bands soll dort entstehen, und ein kleines Kino.