„Prag war Liebe auf den ersten Blick“

Martin Muehle (Foto: Simon Pauly)

„Martin Muehle als Chénier erobert die Herzen und Ohren des Berliner Publikums im Sturm. Welch eine strahlend schöne Tenorstimme…“ so hieß vor knapp zwei Jahren in den Rezensionen zu einer Vorstellung in der Deutschen Oper Berlin. Der brasilianisch-deutsche Tenor Martin Muehle tritt nun auch im Prager Nationaltheater auf. Auch in der tschechischen Hauptstadt singt er die Titelrolle in „Andrea Chénier“ von Umberto Giordano. Martina Schneibergová hat den Sänger nach der Probe am Donnerstag getroffen.

Martin Muehle  (Foto: Simon Pauly)
Herr Muehle, sie singen in diesen Tagen in Prag die Partie von Andrea Chénier in Giordanos gleichnamigen Oper. Was ist besonders schwierig an dieser dramatischen Rolle des Dichters, der während der Französischen Revolution zum Tode verurteilt wurde?

„Es ist eine sehr anspruchsvolle Rolle. Die Oper ist Giordanos Meisterwerk. Der Dichter ist eine wirkliche Figur, um ihn herum spielen sich in der Oper Ereignisse aus der Französischen Revolution ab. Chénier ist eine Herausforderung und eine wunderschöne Partie für mich. Ich bin sehr glücklich, sie in einem so herrlichen Theater singen zu dürfen.“

Sind Sie schon einmal in Prag aufgetreten?

Martin Muehle als Don José in Bizets ‚Carmen‘  (Foto: YouTube)
„Ja. Ich habe im vorletzten Jahr Don José in Bizets ‚Carmen‘ gesungen – aber nur in einer Vorstellung. Ich bin damals, glaube ich, nur eingesprungen. Aber es war Liebe auf den ersten Blick, was das Theater anbelangt. Das Publikum hat mich sehr herzlich aufgenommen. Darum freue ich mich darüber, wieder hier zu sein. Es wird hier eine Tradition des Singens, des Orchesterspiels und des Dirigierens gepflegt, die in anderen europäischen Ländern irgendwie verloren geht. Als ich damals zu ‚Carmen‘ gekommen bin, hat mich das angenehm überrascht. Jetzt habe ich das bei der Probe für Chénier wieder erlebt.“

Gibt es für Sie eine Traumrolle oder eine Partie, die Sie gern singen würden und auf die Sie noch warten?

Martin Muehle  (Foto: YouTube)
„Meine derzeitigen Partien wie Andrea Chénier, Kalaf in Turandot oder Don José sind wirklich Traumrollen. Vor Jahren hatte ich von derartigen Opernrollen noch geträumt. Es gibt Rollen wie Cavaradossi in Puccinis Tosca, die ich gern singen würde. Und in ein paar Jahren würde ich gern in die Haut von Verdis Otello schlüpfen.“

Treten Sie auch bei Liederabenden auf?

„Bei Liederabenden selten, aber bei Konzerten schon – beispielsweise in Verdis Requiem, Aber es gibt ein Repertoire, das ich gern machen möchte: Schuberts Lieder, Mahler oder Brahms. Werke von diesen Komponisten würde ich gern mal in einer Konzertreihe vortragen.“

Der brasilianisch-deutsche Tenor Martin Muehle singt am Freitag und am Montag im Prager Nationaltheater die Titelrolle in der Oper „Andrea Chénier“. Die Vorstellungen beginnen um 19 Uhr. Es gibt noch Restkarten.

Wie ist Ihre Beziehung zur tschechischen Musik? Haben Sie vielleicht in einer der tschechischen Opern gesungen?

„Leider kaum. Aber als ich vor Jahren in Bremerhaven debütiert habe, habe ich in Smetanas Oper ‚Zwei Witwen‘ gespielt. ‚Jenufa‘ von Janáček ist eine tolle Oper. Ich würde gern den Laca singen.“