Prager Abgeordnetenhaus verabschiedet neues Schulgesetz

Petra Buzkova (Foto: CTK)

Fünf Minuten vor Zwölf und pikanterweise am wirklich allerletzten Schultag des Schuljahres 2003/04 hat das Prager Abgeordnetenhaus am Mittwoch mit hauchdünner Mehrheit den Entwurf eines neuen tschechischen Schulgesetzes verabschiedet. Allein die Tatsache, dass die Abstimmung erst am Tag des definitiven Rücktritts von Premierminister Vladimír Spidla zustande kam, zeugt nicht gerade davon, dass Tschechiens Politiker ihre Hausaufgaben in der Tat fristgemäß und ohne Hast erledigen. Weitere Einzelheiten von Lothar Martin.

Vladimír Spidla  (Foto: CTK)
Die Abitur-Reform und die Lockerung der direktiven Lehrpläne - das sind nur zwei der wesentlichen Punkte des neuen Schulgesetzes, das die Abgeordneten in Prag gebilligt haben. Dieses Gesetz stößt jedoch nur auf wenig Gegenliebe bei den Schulassoziationen und den Landkreisen, dagegen gestimmt hat auch die Opposition. Die Pädagogen sind vor allem unzufrieden mit der neuen Form des Abiturs, das einen Pflicht- und einen schulischen Teil aufweist. Der pflichtige "staatliche" Teil sieht die Ableistung einer Prüfung in Tschechisch und in einer Fremdsprache vor. Des Weiteren muss sich der Abiturient in einem Wahlfach prüfen lassen. Allerdings können sich Gymnasiasten ein solches Fach nicht auswählen, sondern müssen sich der Prüfung in Mathematik stellen.

Gerade dieser letztgenannte Punkt, der nach hitziger Abgeordnetendebatte noch zu einem dann mit dem Gesetz verabschiedeten Änderungsvorschlag geführt hat, stieß auf großen Widerstand. Letzten Endes sogar auf den von Schulministerin Petra Buzková. Daher will die Ministerin ihren diesbezüglichen Standpunkt auch bei der Behandlung der Regierungsvorlage im Senat vortragen. Das wiederum könnte paradoxerweise dazu führen, dass die Autorin des Gesetzentwurfs mit dafür Sorge trägt, über den Gesetzestext nochmals im Unterhaus verhandeln zu müssen. Ansonsten aber zeigte sich Petra Buzková durchaus zufrieden mit der neuen Version des Schulgesetzes:

Petra Buzkova  (Foto: CTK)
"Letztlich bietet es auch die Möglichkeit der privaten Ausbildung für besonders außergewöhnliche Fälle. Auf der anderen Seite gewährt es einen strengeren Vergleich, was durch den so genannten staatlichen Abiturteil ermöglicht wird. Daher ist das Abitur nun für jedweden Schultyp mindestens in diesem Punkt vergleichbar. Denn das ist zurzeit nicht der Fall."

Geharnischte Kritik am Gesetz dagegen bei der Opposition. Der Chef des parlamentarischen Schulausschusses, der Bürgerdemokrat Walter Bartos, ist dabei selbst mit den im Gesetz verankerten so genannten Rahmen-Ausbildungsprogrammen unzufrieden, die von Seiten der Pädagogen begrüßt werden. Seiner Meinung nach habe er solche Rahmenprogramme, die anstelle der Lehrpläne rücken sollen, noch nie gesehen. Daher fällt sein Urteil auch vernichtend aus:

"Wir sind überzeugt davon, dass es erforderlich ist, ein neues Gesetz auf der Grundlage völlig anderer Prinzipien zu schreiben. Prinzipien, die die Stellung des Bürgers im Ausbildungsprozess wesentlich anders formulieren werden."

Auch Karel Bárta, der Direktor der Grundschule im nordböhmischen Turnov, zeigte sich wenig begeistert vom neuen Gesetz. Bei diesem ginge es wieder einmal mehr um Institutionen und Stempel, also den Verwaltungskram, nicht aber um die Förderung der Ausbildung. Deshalb stellt Bárta ernüchternd fest:

"Überdies sollten sich die Schulen noch mehr profilieren, doch dieses Schulgesetz stärkt sie in dieser Hinsicht so gut wie und gar nicht, zumal die Schulen schon einige Jahre über gewisse Freiheiten verfügen."