Prager Galopprennbahn in Velka Chuchle feiert ihr 100-jähriges Jubiläum

Anna Hrivnova

Wenn jemand 100 Jahre alt wird, dann kann er viel erzählen, und zur Feier kommen viele Gratulanten. Das wird an diesem Sonntag auch auf der Galopprennbahn im Prager Stadtteil Velka Chuchle / Kuchelbad der Fall sein, denn da finden die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum von Tschechiens größter und schönster Turfsportanlage ihren Höhepunkt. Näheres dazu von Lothar Martin.

Wenn man in Tschechien über den Pferderennsport spricht, dann hört man sofort stets zwei Begriffe: die Großer Pardubitzer Steeplechase und die Galopprennbahn in Velka Chuchle. Das berühmteste Hindernisrennen in Mitteleuropa wird am 8. Oktober schon zum 116. Mal ausgetragen, und die am 25. September 1906 gegründete Prager Rennbahn rückt nun auf in den Kreis derjenigen, die ein dreistelliges Alter vorzuweisen haben. Das runde Jubiläum ihrer "chuchelske draha" feiern die tschechischen Turfsportfreunde daher auch auf ihre Art: Mit einem großen Renntag, der am Sonntag auch die Rennen um den Großen Preis von Prag und den großen Preis des tschechischen Turfs bereithält. Bei diesen beiden Rennen wird immerhin ein Preisgeld von je 800.000 Kronen (ca. 28.000 Euro) ausgeschüttet. Aber auch die Besucher der Veranstaltung kommen voll auf ihre Kosten: Neben spannendem Pferdesport, gepaart mit Wettfieber und hohen Wetteinsätzen, werden die Zuschauer mit der "größten Torte, die je in Prag gebacken wurde" sowie mit je einem Glas Sekt verköstigt. 5000 mit Sekt gefüllte Gläser sollen diese dann beim Prosit im wahrsten Sinne des Wortes zum Klingen bringen.

Klangvoll sind auch die Namen mehrerer Ehrengäste, die dem Ereignis beiwohnen werden - angefangen vom Schirmherrn der Veranstaltung, dem Prager Oberbürgermeister Pavel Bem, bis hin zu den populären Popsängern Vaclav Neckar und Helena Vondrackova, die als Pferdenarren bekannt sind. Aber es werden selbstverständlich auch ehemalige und heutige erfolgreiche Jockeys zu den Gratulanten zählen, wie zum Beispiel der 88-jährige Karel Havelka, der in seiner Karriere nicht weniger als 453 Galopprennen und nahezu 100 Hindernisrennen gewonnen hat. Von 1937 bis 1960 gehörte er zu den Hauptdarstellern der Rennbahn und wusste daher zu berichten, dass schon vor dem Zweiten Weltkrieg in Velka Chuchle ein reges Treiben herrschte:

"Vor dem Krieg sind noch nicht so viele Pferde wie heute gestartet. Es waren immer so 70 bis 80, so dass bei zehn Rennen immer so sechs, sieben oder acht an den Start gingen. Deshalb durften die Pferde natürlich nur von den besten Jockeys gesattelt werden. Und die hatten es nicht leicht, gegen die internationale Konkurrenz zu bestehen. Denn in Velka Chuchle traten schon damals Pferde und Reiter aus Ungarn, Österreich, Großbritannien und aus Deutschland an."

Havelka, der auch im Ausland anerkannt und gefürchtet war, konnte trotz seiner vielen Siege das größte Rennen hierzulande, das Tschechoslowakische Derby, nur einmal gewinnen. Dafür erinnert er sich an seinen Triumph von 1955 noch ganz genau:

"Selbstverständlich war es das Derby mit Masis, denn dieses Pferd war perfekt auf das Rennen vorbereitet. Im Rennen waren zwei hervorragende Pferde, die eine tolle Pace machten. Daher konnte ich in Ruhe abwarten und auf der Zielgeraden an ihnen vorbeiziehen. Ich musste Masis dafür nicht einmal die Sporen geben. Aber hätte ich es getan, dann wäre die damals von mir erzielte Rekordzeit vermutlich noch besser gewesen."

Am Sonntag aber kommen die Turfsportfreunde nicht wegen der Rekorde, sondern vornehmlich zum Feiern nach Velka Chuchle. Auch Sie können ab 13 Uhr dabei sein.

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort:
abspielen