Prager Galopprennbahn in Velka Chuchle wird 100 Jahre alt
"Ja, wo laufen sie denn!". Dieser satirische Ausspruch eines geschätzten deutschen Komikers kann in Tschechien nur so beantwortet werden: Auf der Pferderennbahn im Prager Stadtteil Velka Chuchle. Über das große Jubiläum dieser einzigartigen Sportstätte sowie über tschechische Siege und Niederlagen im Motorsport und Tennis berichtet Lothar Martin im nun folgenden Sportreport.
Die Tops und Flops der tschechischen Sportwoche
Er kam, sah - und verpasste den Sieg erneut nur knapp. Die Rede ist von Lukas Pesek, der neuen großen tschechischen Hoffnung im Motorradrennsport. Mit einem fabelhaften zweiten Platz im spanischen Jerez ist der 20-jährige Prager in der Achtelliterklasse in die diesjährige WM-Saison gestartet. Das weckte Erwartungen, die allerdings durch Stürze und Defekte in den folgenden Rennen immer wieder gedämpft wurden. Dennoch: Nach dem dritten Platz Anfang Juni beim WM-Lauf im italienischen Mugello besaß Pesek am vergangenen Sonntag die nächste Chance auf seinen ersten Grand-Prix-Sieg, denn beim Großen Preis von Deutschland auf dem Sachsenring war er mit seiner Derbi von der Pole Position aus gestartet. Am Ende des dramatischen Rennens musste er sich aber zwei Besseren geschlagen geben - dem Italiener Pasini und dem in der WM-Wertung klar führenden Spanier Bautista. Lukas Pesek aber wusste, weshalb es auch diesmal (noch) nicht zum Sieg reichte:"Mein Problem war es, dass ich die letzte Kurve nicht gut genommen habe. Und das zweite Problem ist, dass ich nicht so aggressiv fahre wie meine Kontrahenten, da muss ich noch zulegen. Aber ich arbeite daran und komme allmählich auch dahin, um den Sieg mitzukämpfen. Heute lag für mich das Problem darin, dass beide nebeneinander gefahren sind und mir so keinen Platz zum Überholen gelassen haben."
Einen Sieg, wie ihn Pesek schon gern erzielt hätte, verbuchten hingegen Autorennfahrer Vaclav Pech und Beifahrer Petr Uhel auf Mitsubishi bei der am zurückliegenden Wochenende ausgetragenen Rallye Bohemia. Im Zweikampf mit dem am Ende drittplatzierten Martin Prokop musste Pech allerdings hart kämpfen, um als Erster gewertet zu werden:
"Ich habe mir mit Martin Prokop einen tollen Zweikampf geliefert, der sehr eng war. Bei den Geschwindigkeitsprüfungen lagen wir nur Zehntelsekunden auseinander. Das Rennen wurde dann durch Martins Defekt entschieden, dank dem wir einen komfortablen 30-Sekunden-Vorsprung erzielten, den wir nur noch gehalten haben. Daher sind wir jetzt überaus zufrieden und froh gelaunt, dass wir die Rallye Bohemia gewonnen haben."Einen Sieg im abschließenden Doppel benötigten auch die tschechischen Tennis-Damen in der Relegation des Fed Cups, in der sie im französischen Cagnes-Sur-Mer auf die Gastgeberinnen trafen. Dank der neuen internationalen Topspielerin Nicole Vaidisova, die ihre beiden Einzel gewann, war das tschechische Team nach drei Spielen mit 2:1 in Führung gegangen. Doch da Lucie Safarova ihre beide Einzel verlor, musste das Doppel über den Aufstieg in die Weltgruppe entscheiden. Und in diesem hatte das tschechische Duo Iveta Benesova/Kveta Peschkeova seine Nerven nicht so im Griff, um das enge Match, das 4:6 und 6:7 verloren wurde, als Sieger zu beenden. Auch Iveta Benesova wusste, dass das durchaus möglich war:
"Unser Genickbruch war, dass wir viele Break-Chancen beim Aufschlag unserer Gegnerinnen hatten - einige Spiele führten wir schon 40:0 oder 40:15, diese aber nicht nutzen konnten. Das war der Hauptgrund unserer Niederlage. Im zweiten Satz waren wir sicher besser, aber auch den haben wir nicht erfolgreich zu Ende gebracht."
Die SPORT- Reportage
Sie gilt als eine Oase der Beschaulichkeit und des Turfvergnügens, allerdings nur, wenn die nahe gelegene Moldau ihr Wasser im Flussbett führt. Denn beim Jahrhundert-Hochwasser vor vier Jahren stand sie wegen ihrer niedrigen Lage völlig unter Wasser: die Galopprennbahn im Prager Stadtteil Velka Chuchle. In diesem Jahr feiert die betagte, aber immer wieder renovierte Anlage ein großes Fest: das hundertjährige Jubiläum ihres Bestehens. Aus diesem Anlass haben wir mit dem Direktor der die Anlage betreibenden Gesellschaft TMM s r.o., dem Mitglied im Präsidium des Jockeyclubs der Tschechischen Republik Petr Drahos gesprochen und dabei zunächst erfahren, auf welchen Tag das Jubiläum eigentlich entfällt:
"Das Jubiläum begehen wir im Herbst, und zwar am 25. September. Vor hundert Jahren fand an diesem Tag das erste Galopprennen in Velka Chuchle statt. In Prag aber wurden solche Rennen auch schon früher auf anderen Plätzen ausgetragen."
Seine Kenntnisse über die Gründerzeit hielten sich zwar in Grenzen, so Bartos, aber mit folgenden Informationen könne er durchaus dienen:
"Der erste siegreiche Pferdebesitzer war Herr Bartos. Ich glaube, während dieses ersten Renntags gab es nur vier oder fünf Rennen, wie man überhaupt sagen muss, dass die Rennen in den Anfangsjahren recht unregelmäßig stattfanden. Es gab Jahre, wo nur ein bis zwei Galopprennen über den Parcours gingen."
Das hat sich bis heute längst geändert. Auf der Terminliste der diesjährigen Saison in Velka Chuchle, die vom 2. April bis zum 12. November dauert, sind nicht weniger als 23 Renntage verzeichnet. Und unter den Rennen, die mit Ausnahme einer zweimonatigen Sommerpause im Juli und August, nahezu jeden Sonntag ausgetragen werden, haben einige eine fast schon ähnlich lange Tradition aufzuweisen wie die Rennbahn selbst: Zum Beispiel der große Frühjahrspreis, das St. Leger-Rennen oder der Preis des Präsidenten der Tschechischen Republik. Ein Rennen aber ragt Jahr für Jahr noch aus dem Angebot heraus:
"Also ich denke, eines der bedeutendsten Galopprennen in Tschechien ist das Tschechische Derby, das man getrost als einen Eckpfeiler des hiesigen Turfsports ansehen kann. Und gerade in den vergangenen Jahren, in denen die Qualität dieses Rennens ständig im Aufwärtstrend ist, hat die Zuschauer insbesondere der Sieg von Darsalam vor zwei Jahren begeistert. Dieses Pferd hat auch international sehr gut eingeschlagen, so dass wir schon längere Zeit nur noch neidvoll nach draußen schauen können."
Der vierjährige Hengst Darsalam, der zwar in Irland geboren, aber jetzt im nordböhmischen Most von einem russischen Ex-Starjockey für einen Filmproduzenten aus Kasachstan trainiert wird, gilt mittlerweile als der erfolgreichste Champion in der Geschichte des tschechischen Galoppsports. Aber neben diesem und anderen edlen Pferden, erfolgreichen Jockeys und vielen großen Rennen hat auch die Galopprennbahn in Velka Chuchle nicht nur rosige Zeiten hinter sich. Eine große Durststrecke, so Drahos, musste die Sportstätte zum Beispiel in den ersten Jahren nach der politischen Wende 1989 überwinden:
"Eine der kritischen Perioden waren in der Tat die Jahre von 1991 bis 1993, als die Rennbahn gleich eine ganze Serie von nicht geglückten Privatisierungen durchlief. Mehrere der zwischenzeitlichen Eigner mussten nämlich Konkurs anmelden. Ständig mussten eigentumsrechtliche Fragen geklärt werden, die neue Tribüne und die neue Trabrennbahn waren mit einer sehr großen Hypothek belastet. Danach fand sich mit der heutigen Gesellschaft Skanska Turf IPS ein vorübergehender Betreiber, der den Turfsport in Velka Chuchle am Leben erhielt.Im Jahr 2002 ist dann unsere Gesellschaft TMM s r.o. als Betreiber eingestiegen. Ihr Aktionär ist der Jockey Club der Tschechischen Republik. Die Gesellschaft, die sich aus einer Gruppe von engagierten Leuten zusammensetzt, will nun nach und nach alle eigentumsrechtlichen Probleme klären und wir bemühen uns, die Rennbahn so zu betreiben, wie es ihr gut zu Gesicht steht."
Und um seinen Worten noch ein wenig Nachdruck zu verleihen, will Petr Drahos auch Sie mit einer Empfehlung gern zu einem Besuch der größten tschechischen Galopprennbahn einladen:
"Auf der Rennbahn in Velka Chuchle findet nahezu jeden Sonntag ein Renntag statt. Die Rennen sind stets sehr gut besetzt und von ihrer Qualität nicht nur das Beste, was in Tschechien, sondern - man darf es getrost so sagen, was in Mitteleuropa zu sehen ist. Eine unserer beliebtesten Renntage liegt am Ende der Saison, und zwar der Preis des Präsidenten der Republik. Er wird in diesem Jahr am 29. Oktober ausgetragen und wird mit Sicherheit wieder eine sportliche Attraktion und ein gesellschaftliches Ereignis werden."