Prager Löwen stürmen ins KHL-Finale und fordern Magnitogorsk heraus

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Eishockey, der Nationalsport in Tschechien, ist dieser Tage wieder in aller Munde. Der Grund dafür ist einfach: In den führenden Eishockeyligen Europas stehen die Play-off-Finals an, und in zwei von ihnen sind gleich drei tschechische Teams vertreten! Eine faustdicke Überraschung ist vor allem der Einzug des HC Lev Prag in die Endspielserie um den Gagarin-Cup.

HC Lev Prag  (Foto: ČTK)
Im Jahr 2008 wurde die Kontinentale Eishockey-Liga (KHL) gegründet. Sie ist die Nachfolgerin der russischen Superliga und sollte den Pucksport durch ihre Öffnung auch für nichtrussische Mannschaften in Europa und Nordasien erst recht salonfähig machen. Sie gilt seitdem als die spiel- und finanzstärkste Liga nach der nordamerikanischen NHL, wird aber weiterhin von russischen Clubs dominiert. In dieser Saison aber wird an dieser Hegemonie kräftig gerüttelt. Und die Ursache für diese „Rebellion“ ist ausgerechnet der einzige tschechische Verein im Wettbewerb, der HC Lev Prag. Der Club aus der Moldaumetropole wurde erst 2012 gegründet, doch schon in seiner zweiten KHL-Saison hat er das Finale der Liga erreicht, die Play-off-Endspielserie um den Gagarin-Cup!

Jiří Novotný und Kari Jalonen  (Foto: ČTK)
Die KHL hat derzeit 28 Teilnehmer, in den Punktspielen sind die Mannschaften unter anderem in zwei sogenannte Konferenzen aufgeteilt. Von den sieben nichtrussischen Clubs der Liga spielen sechs in der West-Konferenz, darunter Lev Prag. Die Hauptrunde der laufenden Saison beendeten die Prager als Dritter der West-Konferenz, so dass sie in den Playoffs zunächst auf den Sechsten der Konferenz, das Team von Medveščak Zagreb trafen. In dieser Best-of-seven-Serie triumphierten die Prager mit einem Sweep, also mit 4:0 Siegen. Danach setzte sich die Mannschaft des finnischen Cheftrainers Kari Jalonen gegen Donbass Donezk mit 4:2 Siegen und gegen Lokomotive Jaroslawl mit 4:1 Siegen durch. Das bedeutet: Lev Prag ist das beste Team der West-Konferenz und trifft nun im Finale um den Gagarin-Cup auf Metallurg Magnitogorsk, den Sieger der Ost-Konferenz. Zu diesem Teilerfolg gratulierte auch der kanadische Trainer des im Konferenz-Finale unterlegenen Clubs aus Jaroslawl, Dave King:

Jakub Nakládal  (Foto: Archiv HC Lev Prag)
„Die Mannschaft von Lev Prag ist ein sehr gutes Team. Es hat die Serie hervorragend gespielt und hat zudem einen ausgezeichneten Trainer.“

Von sich und seinen Teamkollegen überzeugt ist auch Lev-Verteidiger Jakub Nakládal:

„Das ist einfach Bombe! Wenn uns jemand zuvor gesagt hätte, dass wir das Finale erreichen werden, dann hätten wir uns wohl an die Stirn getippt. Auf der anderen Seite muss man sagen: Wir sind stark und stehen zu Recht im Finale. Alle drei Serien, die wir gewinnen konnten, haben gezeigt, dass unser Erfolg kein Zufall ist. Ich bin auch froh darüber, dass es diesmal kein rein russisches Finale gibt.“

Das sieht auch Kapitän Jiří Novotný nicht anders:

Gagarin-Cup
„Vermutlich ist man in der KHL nicht erfreut darüber, dass ein tschechisches Team in der entscheidenden Serie um den Gagarin Cup spielt, doch wir haben genau dieses Ziel verfolgt. Schon in der Hauptrunde hatten wir gute Ergebnisse und unsere Stärke zeigten wir auch in den Play-offs. Wir sind verdient im Finale.“

Der große Trumpf des HC Lev ist ohne Frage die mannschaftliche Geschlossenheit. Das ist umso erstaunlicher, wenn man weiß, dass der starke Kader aus Spielern von fünf Nationen gebildet wird: Neben 13 Tschechen und zwei Slowaken stehen auch fünf Finnen, vier Schweden und fünf Kanadier im Aufgebot. Einer der Finnen aber sticht dennoch heraus, findet Stürmer Michal Birner:

„Das ist unser Torwart. Petri Vehanen hält einfach unglaublich. In den Finalpartien der West-Konferenz war Jaroslawl kräftemäßig vielleicht etwas stärker, doch Vehanen hat uns mit seinen Paraden stets im Spiel gehalten. Er ist eindeutig unser bester Spieler.“

Michal Birner  (rechts). Foto: ČTK
Aber auch Birner hat seinen Teil zum bisherigen Erfolg beigetragen. Im entscheidenden fünften Match des Konferenz-Finales, das Lev 3:2 gewann, erzielte der 28-Jährige den Siegtreffer. Daher darf auch er den Traum vom Cupgewinn noch weiterleben – ein Traum, den die Mannschaft inzwischen verinnerlicht hat, sagt Birner:

„Als wir vor der Saison erstmals zusammengekommen sind, da haben wir aus Spaß gesagt: Ende April werden wir auf dem Prager Wenzelsplatz eine große Feier haben! Jetzt ist diese Feier schon ziemlich nah. Hoffentlich erfüllt sich der Traum und wir werden den Pokal gewinnen.“

Prager O2-Arena  (Foto: Marián Vojtek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Das fünfte Halbfinalspiel gegen Jaroslawl in der Prager O2-Arena haben 9500 Zuschauer verfolgt. Das ist ein erfreulich guter Besuch, den Kapitän Novotný sich nun auch für die finalen Heimspiele erhofft:

„Wir wissen, wie schwer es in Prag ist, viele Zuschauer für sich zu gewinnen. In der Hauptstadt spielen nämlich nicht nur wir, sondern auch andere Eishockey- und Fußballvereine sowie mehrere Clubs in anderen Sportarten. Wir sind froh, dass nun eine Großzahl von Fans den Weg zu uns gefunden hat. In den Play-offs waren sie uns bislang eine große Unterstützung, von daher will ich sie nun gern auch zum Finale einladen.“

Die Spiele drei und vier der Finalserie gegen Magnitogorsk werden am 22. und 24. April in der Prager O2-Arena ausgetragen. Sollte die Serie nach fünf Begegnungen noch nicht entschieden sein, dann findet das sechste Match am 28. April erneut in Prag statt.


Eishockey-Extraliga: Brünn wirft Favorit Sparta Prag aus dem Titelrennen

HC Kometa Brünn  (Foto: ČTK)
Parallel zur KHL steht seit zwei Tagen auch das Play-off-Finale um die tschechische Eishockeymeisterschaft fest. Es ist ein rein mährisches Finale, bei dem PSG Zlín und HC Kometa Brünn aufeinandertreffen. Der Einzug der Brünner in die Endspielserie war dabei eine kleine Sensation: In einer dramatischen Halbfinalserie bezwangen sie den großen Titelfavoriten Sparta Prag mit 4:3 Siegen. Im alles entscheidenden siebten Spiel in Prag wendeten sie dabei eindrucksvoll das Blatt: Die Gäste lagen nach nur 90 Sekunden mit 0:2 in Rückstand, drehten das Spiel danach aber in ein 5:4 zu ihren Gunsten. Nach dieser sensationellen Vorstellung konnte dann auch Brünns Trainer Vladimír Kýhos seine Freudentränen kaum zurückhalten. Vor Journalisten erklärte er, worin er den Erfolg seiner Mannschaft begründet sieht:

Vladimír Kýhos  (Foto: ČTK)
„Es war der Zusammenhalt der Jungs. Ich kann sagen: das ist ein wirklich verschworener Haufen. Im Team haben wir nur ein paar erfahrene Cracks, ansonsten kommen die Spieler aus Třebíč und Havlíčkův Brod, also von Clubs der zweiten Liga. Von unseren Heimspielen haben wir zwei verloren, da zeigte sich dann auch die Nervosität der jungen Spieler. Dafür konnten wir auswärts umso befreiter aufspielen.“

Dank ihres Glaubens an die eigene Stärke überwand die Brünner Mannschaft auch den schweren Schlag des sehr frühen 0:2-Rückstands. Der beste Spieler des HC Kometa, Vojtěch Němec, hat dafür eine ganz simple Erklärung:

Vojtěch Němec  (rechts). Foto: ČTK
„Der Trainer sagte uns nur: Einen besseren Start konntet ihr euch nicht wünschen, denn jetzt werdet ihr ohne Nerven aufspielen. Das haben wir dann auch umgesetzt, denn auf einmal spielten wir genau jenes Eishockey, das uns die ganze Saison über stark gemacht hat. Und plötzlich war auch zu sehen, dass wir Sparta überlegen waren.“

Tiefe Bestürzung und eine gewisse Schockstarre nach dem verlorenen Spiel herrschte dagegen in der Kabine des geschlagenen Favoriten Sparta Prag. Auch Kapitän Tomáš Rolinek konnte seine Enttäuschung darüber nicht verbergen:

Tomáš Rolinek  (Foto: ČTK)
„Keiner von uns kann es begreifen, wie wir dieses Match noch verlieren konnten. Wir haben so gut begonnen, einen besseren Start habe ich in noch keinem so wichtigen Spiel gehabt und werde ihn wohl auch nicht mehr haben. Umso unverständlicher ist es für mich, dass wir dieses Spiel noch aus der Hand gegeben haben.“

Das aber ist genau der Reiz des Sports: nicht immer gewinnen die Favoriten. Die Brünner haben die Sensation vollbracht und wollen nun im Finale nach der Krone greifen. Der Gegner des HC Kometa heißt PSG Zlín. Der Club aus der nur 100 Kilometer entfernten Schuhstadt setzte sich im anderen Halbfinale gegen den HC Ocelaři Třinec mit 4:2 Siegen durch. Die Finalspiele eins und zwei finden am Gründonnerstag und am Karfreitag in Zlín statt.

Autor: Lothar Martin
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