Prager Metro bleibt noch Monate ein Torso - Keiner will dafür schuld sein
In der tschechischen Hauptstadt Prag hat die Flutkatastrophe weitgehend die historische Altstadt und damit auch bedeutende Kulturschätze verschont. Glück im Unglück könnte man meinen. Anderseits aber, in einem Punkt ist das Leben in der Moldaumetropole durch die Überschwemmungen buchstäblich am Nerv getroffen worden - durch das Schicksal der Prager Metro. Weshalb das so ist, dazu mehr im folgenden Beitrag von Lothar Martin.
"Zum Beispiel die Rekonstruktion der U-Bahn-Station Malostranská, die nur einige Zeit vor dem Hochwasser durchgeführt wurde, kostete 270 Millionen Kronen. Die Kosten für die Wiederherstellung der Umsteigestation Mustek werden rund das Doppelte ausmachen. Und da insgesamt 17 Stationen unter Wasser standen, lässt sich der Schaden an den überfluteten Stationen bereits jetzt auf rund fünf Milliarden Kronen veranschlagen,"
wird einer der Kalkulatoren durch das Blatt zitiert. Der Generaldirektor der Prager Verkehrsbetriebe Milan Houfek, der noch jüngst von einem Gesamtschaden von zwei Milliarden Kronen sprach, hat am Sonntag wiederum eingeräumt, dass die Schadenssumme letzten Endes sogar bis zu zehn Milliarden Kronen betragen könne. Wohl wissend, dass man neben den baulichen Verwerfungen auch noch die Schäden an den Trafostationen und am Kabelnetz berücksichtigen muss, die derzeit noch festgestellt werden.
Bei einer solchen Schadenssumme nimmt es nicht Wunder, dass die Verantwortlichen mittlerweile versuchen, sich gegenseitig die Schuld für den fast völligen Zusammenbruch des Prager U-Bahn-Netzes zuzuweisen.
"Der Betrieb der Prager Metro einschließlich seines Schutzsystems liegt voll und ganz in der Kompetenz des Magistrats der Hauptstadt Prag," erwiderte die Sprecherin der Generaldirektion der tschechischen Feuerwehrkorps Hana Krivanová auf eine Bemerkung des stellvertretenden Bürgermeisters von Prag, Martin Hejl. Der hatte darauf verwiesen, dass in den Metroschächten Räume existieren, für die in gewissen Situationen weder die Stadt noch die Verkehrsbetriebe verantwortlich seien. Hejl hatte dabei von sogenannten zivilen und nichtzivilen Sektoren gesprochen, wobei für die letztgenannten das Verteidigungsministerium Rechnung zu tragen habe. Welche aber seiner Meinung nach diese "nichtzivilen Räume" sein sollten, darauf wusste Hejl keine Antwort. Das Verteidigungsministerium hat diese Vorwürfe dann auch strikt abgelehnt.
Vorwürfe hin, Vorwürfe her. Inzwischen ermitteln sowohl die Prager Polizei als auch eine Regierungskommission in der Angelegenheit, ob es bei der rechtzeitigen Schließung der gegen das Hochwasser eingebauten Druckkammern zu Fehleinschätzungen der Verantwortlichen gekommen ist oder nicht. Oberbürgermeister Igor Nemec wehrt sich indes gegen die leisen Anschuldigungen mit der Behauptung, dass das Schutzsystem der Metro auf ein Jahrhunderthochwasser ausgelegt worden sei, die Flutkatastrophe von vor zwei Wochen diesen Maßstab aber bei weitem übertroffen habe.
Die mögliche Schuldfrage für den der Metro entstandenen Riesenschaden wird also noch geklärt. Für die Einwohner und Gäste Prags viel wichtiger aber ist die Antwort auf die Frage, wann wieder mit einem erweiterten U-Bahn-Verkehr gerechnet werden kann. Zuerst ist dabei an die Verlängerung der Trasse C bis zum Hauptbahnhof gedacht. Dazu sagte der Ratsherr für Verkehr, Martin Hejl:
"Das Wenden der Wagenzüge muss zunächst technisch, d.h. ohne Reisende, über die Weiche in der Station Florenc durchgeführt werden. Nach den vorliegenden Informationen sollte dies gegen Ende September der Fall sein können."
Bis das komplette Netz der Prager Metro aber wieder in Betrieb sein wird, bis dahin werden noch Monate vergehen.