Pragkontakt feiert Jubiläum: 20.000ster Teilnehmer geehrt
Ob Klassenfahrt, Begegnungs- oder Studienreise. Die Brücke-Most-Stiftung bietet unter dem Arbeitsbereich „Pragkontakt“ individuell gestaltete Programme an. Das Prager Büro der Dresdener Stiftung plant auf Wunsch für alle Altersgruppen den Aufenthalt in der tschechischen Hauptstadt. In der vergangenen Woche begrüßte „Pragkontakt“ seinen 20.000sten Teilnehmer.
„Ich betrachte das nicht nur als eine Veranstaltung für die Klasse, die diese Woche da war und in der sich der 20.000ste Gast verbirgt. Es ist auch eine Veranstaltung für unser gesamtes Team, das zurzeit sogar deutsch-tschechisch-ukrainisch besetzt ist. Also recht international. Ich finde, dass gerade durch unser Team die wirklichen Begegnungen zwischen den Menschen entstehen.“
„Es kam zu sehr herzlichen Begegnungen“
Pragkontakt hat sich schließlich zum Ziel gesetzt, den Reisegruppen Prag und Tschechien auf eine vielfältige Weise näher zu bringen. Die Bremer Schüler haben an einer Begegnung mit einheimischen Jugendlichen teilgenommen. Die Schüler erkundeten in deutsch-tschechischen Kleingruppen die Prager Altstadt und lernten dabei viel voneinander. Die deutschen Teilnehmer haben die Hilfe ihrer tschechischen Altersgenossen dankbar angenommen. Denn vor allem bei der Orientierung in der völlig neuen Stadt und beim Fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hatten die Bremer Schwierigkeiten. Trotz der Sprachbarrieren gelang es den Schülern die Aufgaben der Stadtrallye zu lösen. Nico Jäger ist Lehrer an der Oberschule in Finndorf und hat die Klassenfahrt organisiert. Die Begegnung mit den tschechischen Schülern war in seinen Augen erfolgreich:„Als es am Dienstag zu der Jugendbegegnung mit den tschechischen Altersgenossen kam, gab es einen sehr lebendigen Austausch. Es ist auch zu sehr herzlichen Begegnungen gekommen. Dann hatten wir natürlich eine etwas weniger schöne, aber sehr intensive Erfahrung beim Besuch der Festung in Theresienstadt. Im Anschluss heute hatten wir dann ein Gespräch mit einem sehr interessanten Zeitzeugen – ein 85-jähriger Mann, der Unglaubliches erlebt hat. Er hat das aber auch so besonders geschildert, ohne seinen Humor dabei zu verlieren. Das war wirklich eine unglaubliche Erfahrung, diesen Mann zu treffen. Ich glaube, das werden viele Schüler mitnehmen. Auch wenn es nur fünf Tage waren, war der Trip insgesamt sehr intensiv, lehrreich und in jeder Hinsicht eine Horizonterweiterung.“Ein vielfältiges Rahmenprogramm
Auf dem individuell zusammengestellten Programm stand also neben der Jugendbegegnung ein Tagesausflug nach Terezín/ Theresienstadt und ein Zeitzeugengespräch mit Pavel Werner, einem Überlebenden aus dem Konzentrationslager Theresienstadt. Die Schüler hatten aber auch genügend freie Zeit, um die Prager Burg und die Altstadt zu erkunden. Sofia, eine der Bremer Schülerinnen, resümiert die fünf Tage in Tschechiens Hauptstadt und das Programm von Pragkontakt:„Ich fand das Rahmenprogramm sehr gelungen. Vor allem den Besuch im Konzentrationslager Theresienstadt. Das hat mich sehr beeindruckt und sehr berührt. Aber wider Erwarten hat es mir auch sehr gut gefallen. Das Goethe-Institut fand ich auch einen sehr schönen Ort – eine gute Organisation. Insgesamt war es eine schöne Klassenfahrt.“
Ein Mitschüler bestätigt den positiven Blick auf die Zeit in Prag. Ihm fällt es schwer ein Ereignis zu finden, das ihm besonders gut gefallen hat. Was er lange in Erinnerung behalten wird, weiß er dagegen sofort:„Auf jeden Fall das Gespräch mit dem KZ-Überlebenden. Wir hatten auch schon mal von der Schule aus ein Gespräch mit einer KZ-Überlebenden. Aber sie hat das nicht so gut vermittelt und es war sehr trocken. Aber mit Pavel Werner war es sehr interessant. Er hat immer lustige Sachen eingebaut und uns mit eingebunden. Zum Beispiel hat er Schüler einfach angesprochen. Das fand ich sehr cool. Er hat mir persönlich nochmal einen ganz anderen Blickwinkel gezeigt. Was ich von dem anderen Gespräch nicht mitgenommen habe – das fand ich jetzt sehr interessant, wie er das rübergebracht hat. Und er hat einen guten Ausgleich zwischen Emotionalität und Witz gefunden.“
„Wir wollen uns ein richtig schönes Wochenende machen“
Zum Abschluss des fünftägigen Aufenthalts konnten die Teilnehmer Prag noch einmal vom Wasser aus genießen. Während einer zweistündigen Schifffahrt auf der Moldau gab es ein leckeres Buffet. Und es wurde der 20.000ste Teilnehmer von Pragkontakt geehrt: Mit einem Gutschein für ein Wochenende mit Übernachtung in Prag – für zwei Personen. Durch ein selbstkonzipiertes Spiel namens „PraguelandYard“ wurde der Sieger ermittelt. Das Spiel lief während des gesamten Aufenthalts der Klasse in Prag. Die Schüler mussten Fragen zu den einzelnen Programmpunkten und zur tschechischen Geschichte beantworten. Die Teilnahme war, wie an allen Modulen von Pragkontakt, freiwillig. Am Ende hatten zwei Teilnehmerinnen die gleiche Punktzahl. Doch das Problem bestand nicht lange, denn die punktgleichen Mädchen wollten bei einem Sieg den Gutschein sowieso zusammen einlösen. Jette ist eine der beiden glücklichen Siegerinnen:„Wir haben eigentlich nicht viel darüber geredet. Auch nicht darüber, dass wir das zusammen machen, weil wir unbedingt nochmal gemeinsam nach Prag fahren wollten. Wir haben uns sehr viel Mühe gegeben, auch mit dem Design. Wir haben vorne noch schön was drauf gemalt, wir haben alle Aufgaben komplett ausgefüllt und deswegen haben wir eigentlich schon damit gerechnet. Aber wir haben auch gedacht: ‚Nicht zu früh freuen, vielleicht war doch noch jemand besser‘.“
Nachdem sie den Preis in der Hand hielt, hatte Jette schon einen Plan für ihr Siegerwochenende in Prag:
„Wir wollen beide unsere Freunde mitnehmen und uns dann zu viert ein richtig schönes Wochenende machen – ein bisschen feiern, einfach entspannen und vor allem das schöne Wetter genießen.“
Marie Janoušková hat den Preis an die Gewinnerinnen übergeben. Nach der Siegerehrung blickte die Leiterin von Pragkontakt auf neun Jahre Arbeit zurück. Aber auch für die Zukunft gibt es schon Pläne:
„Es gibt Punkte, die wir in den letzten Jahren geändert haben: Wir haben unsere interaktiven Methoden standardisiert. Das heißt wir haben ein gewisses Muster entwickelt, was überhaupt ‚interaktiv‘ bedeutet. Dann haben wir neue Methoden zusammengestellt, die für uns und unsere externen Mitarbeiter verbindlich sind. Wir haben in den letzten Jahren das Projekt ‚Was ist Dir Recht(s)?‘ realisiert. Das ist ein Anti-Rassismus-Programm. Das wollen wir auch weiterentwickeln. Gerade auch im Zusammenhang mit den Flüchtlingen. Migration wird auch ein sehr wichtiges Thema für die deutsch-tschechischen Begegnungen sein. Da kann man beobachten, dass es zwischen Deutschen und Tschechen sehr große Unterschiede gibt. Das sehe ich als Herausforderung, sinnvolle Module für die deutsch-tschechischen Begegnungen auszuarbeiten.“