Premier in Übersee: Sobotka bekennt sich in den USA zu Havels Erbe
Als die tschechischen Medien vor einigen Wochen davon Wind bekamen, versuchten sie erst einmal einen Skandal daraus zu machen: Ausgerechnet zum 25. Jahrestag der Samtenen Revolution begibt sich Premier Bohuslav Sobotka auf Staatsbesuch in die USA, und mit ihm eine ganze Riege hoher Politiker. Inzwischen haben sich die Journalisten auf Präsident Zeman eingeschossen, Sobotka konnte relativ unbehelligt abreisen. Im Mittelpunkt der viertägigen Reise steht nun das Erbe von Expräsident Václav Havel. Sobotka versucht in den USA zu beweisen, dass die Menschenrechte immer noch weit vorne auf der tschechischen Agenda stehen.
„Ich bin nicht nur hergekommen, um an diesen Feierlichkeiten teilzunehmen. Sondern ich möchte mich hier auch zu den Prinzipien bekennen, die Václav Havel in seiner Zeit als Präsident in der tschechischen Außenpolitik durchgesetzt hat.“
Im Vorfeld waren in den USA Befürchtungen laut geworden, dass sich Tschechien nicht mehr so vehement für die Menschenrechte einsetze wie in früheren Jahren. Dazu beigetragen haben unter anderem Äußerungen tschechischer Politiker wie Petr Drulák, die das Vermächtnis von Ex-Präsident Havel in Sachen Außenpolitik in Frage stellen. Auch der derzeitige Staatspräsident Zeman fällt immer wieder mit seiner Russland- und zuletzt auch China-freundlichen Haltung auf. Zur Frage der EU-Sanktionen hatte sich Sobotka selbst in den vergangenen Monaten indifferent geäußert.
Madeleine Albright war eine Freundin von Václav Havel. In ihrer Eröffnungsrede in der Washington Cathedral würdigte sie vor allem dessen Bedeutung während der Samtenen Revolution. Die frühere US-Außenministerin lehnte es ab, sich zu aktuellen Fragen zu äußern:„Eine Sache habe ich gelernt: dass ich mich nicht in die tschechische Politik einmische – nur in die amerikanische. Aber ich denke wirklich, dass wir diejenigen unterstützen sollten, die sich für Menschenrechte einsetzen.“
Dass die tschechisch-amerikanischen Beziehungen derzeit nicht zum Besten stehen, bestätigte Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg, der ebenfalls zur tschechischen Delegation in den USA gehört. Es sei bezeichnend, dass nicht Obama, sondern Vizepräsident Joe Biden die Gäste empfange. Premier Sobotka bemühte sich nach dem offiziellen Besuch im Weißen Haus nach Kräften, die Bedenken zu zerstreuen:
„Die Verhandlung, die nur für eine halbe Stunde angesetzt war, dauerte schließlich eine Stunde und 15 Minuten. Vizepräsident Biden hat die Arbeit der Tschechischen Republik im Bereich der Menschenrechte gewürdigt. Um mit seinen Worten zu sprechen: Die Tschechische Republik übertrifft auf diesem Gebiet ihre Möglichkeiten.“Darüber hinaus würdigte Biden unter anderem die Verlängerung des tschechischen Militäreinsatzes in Afghanistan und die Waffenlieferungen an die kurdischen Kämpfer im Irak. Auch Fragen der Energieversorgung wurden angesprochen. Der Hauptakzent von Sobotkas Reise in die USA liegt aber weiterhin auf dem Vermächtnis von Václav Havel. Am Mittwoch wird im US-Kongress eine Büste des tschechischen Ex-Präsidenten enthüllt. Er ist damit nach Winston Churchill, Lájos Kossuth und Raoul Wallenberg erst der vierte Ausländer, der in das „Freedom Foyer“ im Kapitol einzieht.