Pressestimmen: Mieterhöhung und Irak

"Im Spiegel der Medien" heißt es nun wieder, in unserer Sendereihe, die ein Schlaglicht auf die Kommentare der Meinungsseiten der tschechischen Presse wirft. Die Themen der Woche hat für Sie heute Daniel Satra vorbereitet.

Kaum ist der Jahreswechsel vollzogen, stehen in der Tschechischen Republik brisante Themen auf der innen- und außenpolitischen Agenda. Die Zukunft der regulierten Mieten in Tschechien einerseits, und die Zukunft des Irak als eigenständiger Staat andererseits, stehen im Fokus der Meinungsseiten.

Die Frage, ob auch weiterhin staatlich regulierte Mieten mit einer zulässigen Obergrenze auf gesetzliche Grundlage gestellt werden sollen, spaltete im Wochenverlauf die Regierungskoalition von CSSD, KDU-CSL und Freiheitsunion, nicht jedoch die Kommentare der Tagespresse. Tomás Kvapil, Abgeordneter der Christdemokraten, stellte sich in der Tageszeitung Právo, deutlich gegen seinen sozialdemokratischen Koalitionspartner und damit auch gegen regulierte Mieten: Denn, so Kvapil, Zitat: "die privilegierten Mieter sind diejenigen, die auf Grund von Wartelisten oder gar von Protektion noch im alten Regime eine Mietwohnung erhalten haben. Unter ihnen sind arme und reiche Leute, Angestellte und Unternehmer, ältere Menschen und solche mittleren Alters, aber bis auf wenige Ausnahmen niemand aus der jungen Generation. Doch insbesondere die unter 35-Jährigen zahlen drauf auf die Privilegien der anderen. Privilegierte, bzw. regulierte Mieten betragen für eine 60 Quadratmeter-Wohnung etwa 1400 Kronen (das sind rund 44 Euro). Eine junge Familie hingegen muss für ihre Wohnung zwei- bis fünfmal mehr zahlen".

Die anderen Kommentare stimmen mit dem Christdemokraten überein. Der Gesetzesvorschlag, den die Sozialdemokraten im Wochenverlauf auf Druck von KDU-CSL und Freiheitsunion schließlich aufgeben mussten, gehe nicht weit genug und sei Ursache einer Reihe von Problemen, wie Jan Jandourek in der Tageszeitung Mlada Fronta Dnes schreibt:

"Dem Staat entgehen riesige Summen, weil eine Reihe von Leuten die Wohnungen schwarz vermietet und keine Steuern dafür zahlt. Die Unmöglichkeit flexibel den Wohnort wegen eines Arbeitsplatzes zu wechseln, trägt zum Anwachsen der Arbeitslosigkeit bei."

Zudem sieht der Autor den Zusammenhalt der Regierungskoalition gefährdet, räumt jedoch Christdemokraten und Freiheitsunion ein, richtig zu handeln, wenn sie sich im Mietstreit gegen den großen Partner CSSD stellen. "Zu Recht", schreibt der Kommentator, "denn trotz allem Gejammer gilt: Alle Güter des alltäglichen Lebens - Wohnen, Gesundheit, Bildung - gibt es nicht umsonst, und für alles muss man bezahlen."

Martin Zverina von der Lidové Noviny warnt sogar: "Der Konflikt um die Mieten kann zur Probe dafür werden, ob die KDU überhaupt in die Regierung gehört".

Premier Vladimir Spidla und Verteidigungsminister Cyril Svoboda,  Foto: CTK
Wenden wir uns nun von der Innen- zur Außenpolitik. Tschechiens Verteidigungsminister Cyril Svoboda ist diese Woche in den Nahen Osten gereist. Unter anderem galt sein viertägiger Aufenthalt einem Besuch im Irak, wo er tschechische Unternehmen bei ihrer Suche nach Aufträgen beim Wiederaufbau des Irak unterstützen wollte. Dass der seit dieser Woche neue Botschafter der Vereinigten Staaten in Prag, William Cabaniss, mit an Board von Svobodas Maschine reiste, führte auch zu kritischen Pressetönen: In Právo kommentierte Martin Hekrdla:

"Der neue Botschafter ist bereits der zweite Geschäftsmann, den die Bush-Dynastie - nach Craig Stapleton - nach Prag schickt. Und der Herr des Czernín Palais (der tschechische Außenminister) hegt sicherlich die Hoffnung, dass er mit ihm einen mächtigen Fürsprecher in die abgesteckten Claims am irakischen Klondike mitbringt."

Der Lage und einer möglichen Zukunft im Irak wendeten sich andere Kommentare in Tageszeitungen zu, ohne ihre Stellungnahme mit dem Besuch Svobodas in Verbindung zu bringen. Das zeigt, dass der militärische Einsatz der Alliierten im Irak auch in Tschechien genau beobachtet wird, und die Intervention am Tigris nicht als Episode des vergangenen Jahres in Vergessenheit zu geraten droht. Anders als bei der Mietpreisdebatte, kommen bei der Irak-Frage Experten zu Wort. Hören wir uns an, was der Politologe Bohumil Dolezal und Radek Khol, Mitarbeiter des Instituts für internationale Beziehungen, zu sagen haben.

Dolezal schreibt in der Mladá fronta Dnes:

"Demokratie kann man nicht in eine Gesellschaft importieren, die auf nichts dergleichen vorbereitet ist, schon gar nicht mit Gewalt."

Und weiter meint Dolezal:

"Der Irak hat zum Zeitpunkt der alliierten Invasion offenbar keine Massenvernichtungswaffen besessen, und auch ins Netz des internationalen Terrorismus hat er sich erst nach dem Fall Husseins eingehakt, in einem Guerilla-Krieg, der dort nun herrscht."

Trotz dieser kritischen Töne kommt der Politologe zu dem Schluss, dass ein Eingreifen im Irak notwendig war. Denn als "blutiger Tyrann" habe Saddam Hussein das getan, was alle Tyrannen tun: Den fiktiven Klassenkampf verstärkt. Für diesen Kampf habe er sich die USA und den Westen ausgesucht, in der Annahme, diese seien bloß "Papiertiger", so Dolezal. Hätte der Westen nicht reagiert, wäre dieser Gesichtsverlust einem Machtverlust gleichgekommen, der andere Staaten motiviert hätte, Hussein nach zu ahmen.

In der Lidové Noviny hingegen spricht Radek Khol von einem Karussell der Wörter, von einer Farce als Serienformat. Denn Massenvernichtungswaffen seien bis heute nicht gefunden worden, daran ändere auch nichts, dass eine dänische Einheit 36 Giftgasgranaten ausgegraben hätte. Denn schließlich hätten die Granaten dort bereits 10 Jahre unter der Erde gelegen. Khol kommt zu dem Schluss, Zitat:

"Die Bush-Regierung hat keine Beweise für die systematische Zusammenarbeit von Hussein und dem Al-Kaida-Netzwerk vorgelegt, die einen Technologietransfer oder die Übergabe von Massenvernichtungswaffen an Mitglieder eines internationalen Terrorismus dokumentieren würden. Insbesondere die demokratische westliche Welt muss sich fragen, ob nicht der amerikanische Präsident betrogen worden ist, und wie weit sie ihm in Zukunft wird glauben können. Vor allem, wenn er sich wieder auf eine direkte und unmittelbare Gefahr berufen wird."