Drastische Mieterhöhungen in städtisch verwalteten Wohnungen in Prag
Eine Mieterhöhung von 12.000 Kronen (472 Euro) auf 20.000 Kronen (786 Euro) ist für die Bewohner von städtisch verwalteten Wohnungen in Prag derzeit keine Seltenheit. Der Magistrat der Stadt hat Anfang des Jahres eine Anhebung der Mietpreise genehmigt, trotz wirtschaftlicher Krise in der Corona-Pandemie. Den Haushalten gehen derzeit die ersten Zahlungsaufforderungen nach den Aufstockungen zu. Einige Mieter geraten damit in finanzielle Nöte.
„Meine Miete hat sich um 100 Prozent erhöht. Das ist ein beträchtlicher Anstieg in einem kurzen Zeitraum“,
seufzt Petra. Die Krankenschwester lebt in einer städtisch verwalteten Wohnung im Prager Stadtteil Černý Most. Sie ist alleinerziehende Mutter mit zwei Teenager-Töchtern, das dritte Kind ist bereits aus dem Haus.
Anstatt der bisherigen 66 Kronen (2,60 Euro) pro Quadratmeter werden Petra seit Mai 132 Kronen (5,20 Euro) berechnet. Damit wurde in ihrem Fall von der höchstmöglichen Aufstockung Gebrauch gemacht. In den neuen Preis hätte das Wohnungsamt unter anderem ihre Einkünfte aus dem vergangenen Jahr einbezogen, so Petra:
„Dabei wurden auch meine Bonuszahlungen wegen der Corona-Pandemie eingerechnet. Hätte ich diese nicht bekommen, weil ich ja Corona-positive Patienten versorgt habe, wäre meine Miete nicht so stark erhöht worden. Das kommt mir unfair vor. Man strengt sich an und wird dafür noch bestraft.“
Erst Mitte Mai ist eine gemeinsame Studie der Immobiliengesellschaft Trigema und des Internetportals Flat Zone veröffentlicht worden, nach der die Mietpreise in Prag im ersten Quartal 2021 im Jahresvergleich allgemein um 9,6 Prozent zurückgegangen sind. Dabei wurden alle 15.400 Mietwohnungen der Stadt berücksichtigt, egal ob mit öffentlichem oder privatem Eigentümer. Der Magistrat geht bei den Wohnungen unter seiner Verwaltung aber den entgegengesetzten Weg. Einschränkend wird darauf verwiesen, dass die Mieterhöhungen nicht für alle gelten. Ausgenommen sind etwa Senioren, Menschen mit gesundheitlicher Beeinträchtigung oder Haushalte mit niedrigem Einkommen. Adam Zábranský ist Wohnungsstadtrat für die Piraten-Partei:
„Ich sehe ein, dass der Zeitpunkt eher unglücklich ist. Andererseits besteht seit langem die Notwendigkeit, die Mieten zu erhöhen. Die politischen Repräsentanten wollten dies aber bisher nicht umsetzen, wahrscheinlich um sich nicht der Kritik auszusetzen.“
Laut Zábranský sind die Preise in Prag seit 17 Jahren unverändert. Die Mieter von städtischen Wohnungen würden auch nach der Erhöhung immer noch nur die Hälfte zahlen von dem, was auf dem freien Markt verlangt würde, sagt der Stadtrat und führt aus:
„Der Hauptgrund für die Preisänderungen ist der, dass die Mieteinnahmen nicht die laufenden Instandhaltungskosten decken und uns auch keine größeren Investitionen erlauben.“
Die Prager Sozialdemokraten, die aktuell nicht im Stadtparlament vertreten sind, halten das Timing der Neuberechnung für inakzeptabel und asozial. Auch die oppositionelle Partei Ano kritisiert die Magistratspolitik. Ihr Abgeordneter Ondřej Prokop gibt allerdings zu, dass eine gewisse Mietsteigerung nötig gewesen sei:
„Es ist dennoch nicht nachvollziehbar, warum die Koalition dies nicht zu Beginn der Legislaturperiode umgesetzt hat, also noch vor der Corona-Pandemie.“
In Prag gibt es etwa 7200 städtisch verwaltete Wohnungen. Bereits im vergangenen Jahr waren Mieterhöhungen im Rahmen neu vergebener Verträge genehmigt worden. Menschen, die durch die gestiegenen Kosten nicht mehr ausreichend Geld für das alltägliche Leben zur Verfügung haben, können beim Magistrat einen Mietnachlass oder beim Staat auch Wohngeld beantragen. Stadtrat Zábranský verweist zudem auf öffentliche Beratungsstellen, die in fünf Prager Stadtteilen zu finden sind.