Pressestimmen zum Verkehrsdelikt des tschechischen Polizeipräsidenten und zur geplanten US-Raketenabwehrbasis

Polizeipräsident Vladislav Husak (Foto: CTK)

Die zurückliegende Woche aus der Sicht der tschechischen Medien: Das waren neben den weiterhin erfolglos verlaufenden Gesprächen über die Bildung einer neuen Regierungskoalition vor allem auch Meldungen über den tschechischen Polizeipräsidenten Vladislav Husak, der mit weit überhöhter Geschwindigkeit in eine Radarfalle tappte. Ebenso widmeten sich die heimischen Medien der möglichen Errichtung einer amerikanischen Raketenabwehbasis in Tschechien. Diese beiden Themen stehen im Mittelpunkt der heutigen Ausgabe von "Im Spiegel der Medien".

Polizeipräsident Vladislav Husak  (Foto: CTK)
Es gibt wohl in diesen Tagen in Tschechien nur zwei Themen, die die gegenwärtige politische Krise im Land und das Tauziehen über die Zusammensetzung der neuen Regierung übertönen können: die Hitzewelle und vor allem die neuen Verkehrsregeln, die seit Anfang Juli gelten. Mit den neuen Regeln wurde ja bekanntlich nicht nur ein 12-Punkte-Führerschein eingeführt, sondern auch relativ hohe Geldstrafen für einige Verkehrsdelikte.

Obwohl es für eine Bilanz darüber, ob diese neuen Verkehrsbestimmungen gegriffen haben, noch zu früh ist, sieht es so aus, als ob sich die meisten tschechischen Autofahrer doch an die neuen Regeln halten würden. Vor allem die Tempolimits auf Autobahnen und noch stärker in den Ortschaften werden eingehalten - schließlich kann man nicht sicher sein, ob hinter der nächsten Ecke nicht eine Polizeistreife mit einer Radaranlage steht.

Ähnliche Überlegungen scheinen aber den höchsten Polizisten Tschechiens, den Polizeipräsidenten Vladislav Husak, nicht geplagt zu haben, als er vor einigen Tagen mit Tempo 190 von einem Radar, den Redakteure der Zeitung Mlada fronta Dnes aufgestellt hatten, erfasst wurde.

Für die Kommentatorin der besagten Zeitung, Jana Bendova, ist die Sache klar: Das Fehlverhalten des Polizeipräsidenten kann nur eine Konsequenz haben, und zwar seinen Rücktritt.

"Hier gibt es keine mildernden Umstände, und ebenso wenig zählen Verdienste von früher. Wir haben es hier mit einem klassischen Beispiel eines Gesetzeshüters zu tun, der das Gesetz verletzt hat. Und zwar auf markante Weise. Der Rücktritt des Polizeipräsidenten wäre hinsichtlich der neuen Verkehrsregeln gerade jetzt symbolisch. Husaks Untergebene kontrollieren schon seit drei Wochen akribisch die Autofahrer, und zwar auch dann, wenn es sich um nicht ganz nachvollziehbare Bestimmungen handelt. Die Fahrer haben sich darauf eingestellt, ihre Geschwindigkeit reduziert, haben die ersten Strafpunkte erhalten und die ersten Führerscheine abgeben müssen. Und der Chef aller Polizisten? Er tummelt sich auf den Straßen herum, als wäre er Michael Schumacher. Die Sache hat aber noch einen pikanten Beigeschmack: Vladislav Husak war mehr als zehn Jahre lang bei der Verkehrspolizei tätig. Er gehörte also zu jenen, die immer aus erster Hand Berichte über die Folgen von Autofahrer-Piraterie bekamen und der somit wissen musste, dass eine viel zu hohe Geschwindigkeit die größte Sünde der heimischen Fahrer ist."

Zum selben Thema fanden wir einen weiteren Beitrag in der Internetzeitung Neviditelny pes. Dessen Autor, Danes Burkert, überlegt in einem ironisch angelegten Kommentar, ob die Verhaltensweise des tschechischen Polizeipräsidenten auch bei anderen Autofahrern Schule machen wird:

"Innenminister Frantisek Bublan hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt, als er meinte, dass Polizeipräsident Husak seine regelwidrige Geschwindigkeit eingestanden habe und sein Verhalten nun bereuen würde. Weiter sagte der Minister, dass er den Polizeichef dafür gerügt habe. Das hat mich aber beruhigt. Zwei Männer besprechen also so einen Vorfall untereinander und die Sache ist vergessen? Ich denke, ähnlich sollten nun auch jene Autofahrer vorgehen, die bei zu schneller Fahrt von der Polizei gestoppt werden - sie sollen sich einfach reumütig geben und alles ist vergeben und vergessen. Wie einfach und elegant wäre doch so eine Lösung."

Nun kommen wir im Rahmen unseres Medienspiegels zu einem anderen Thema. Schon seit Monaten tauchten in den Medien vereinzelt immer wieder Informationen auf, dass die USA bei der tschechischen Regierung wegen der Errichtung einer Raketenabwehrbasis nachgefragt haben. Wegen des Wahlkampfs in den vergangenen Monaten wurde diese Frage von den politisch Verantwortlichen natürlich heruntergespielt. Doch nun soll in Tschechien eine offizielle amerikanische Expertenkommission eintreffen, um mögliche Stützpunkte für die besagte Basis auszuloten.

Die Medien nahmen sich dieser Frage in den letzten Tagen an und veröffentlichten unter anderem auch die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, wonach eine klare Mehrheit der Tschechen von atemberaubenden 83 Prozent die Errichtung einer solchen Raketenabwehrbasis ablehnt.

Dazu fanden wir unter anderem einen Kommentar von Karel Steigerwald, der in der Mlada fronta Dnes erschienen ist:

"Der Widerspruch zwischen Kompetenz und öffentlicher Meinung ist in einer Demokratie eine wichtige Konfliktquelle. Die Politiker richten sich nach der veröffentlichten Meinung, denn schließlich bildet die Öffentlichkeit die Quelle ihrer Macht. Ein populistischer Politiker wird stets jene Meinung vertreten, die am populärsten ist. Wir wollen keine Raketen, weil uns keine Gefahr droht. Nordkorea und der Iran sind weit entfernt und wir wollen schließlich keine amerikanische Kolonie sein und unsere Kinder der Gefahr eines militärischen Gegenschlags aussetzen. Es sollte dann aber auch die zweite Seite dieser Politik erwähnt werden: Ich bin mir sicher, dass in Zukunft kein diktatorisches Regime in der Lage sein wird, Atomwaffen und Raketen zu besitzen. Das Für und Wider einer Raketenabwehrbasis - das sind hundert Fragen und hundert Antworten. Ein verantwortungsvoller Politiker wird versuchen, auf diese Fragen auch Antworten zu finden. Ein Populist hingegeben wird sich auf Umfragen von gestern berufen."

Zu diesem Thema fand sich in der vergangenen Woche auch ein Meinungsartikel in der linksorientierten Tageszeitung Pravo, deren Autoren dem Vorhaben der US-Regierung in der Vergangenheit reserviert bis kritisch gegenüberstanden. So meint etwa Jiri Roskot:

"Auch wenn es sich um Flugkörper handeln soll, die zur Verteidigung und nicht zum Angriff dienen und ein direkter Vergleich mit ähnlichen Anlagen aus der Zeit des kalten Krieges nicht zutrifft, ist ein Aspekt ganz ähnlich: über die Anwendung des Abwehrsystems wird nicht Prag entscheiden. Zudem bedeutet die Existenz einer solchen Anlage auch ein verstärktes Risiko, dass Tschechien zur Zielscheibe eines Angriffs werden könnte. Das ist eine ganz reale Gefahr. Wenn jetzt über dieses Thema gesprochen wird, darf nicht vergessen werden, dass es sich um den Teil der amerikanischen Antiraketenabwehr handeln wird, während die Europäer dabei nicht berücksichtigt werden müssen. Rechnen aber die Amerikaner damit, dass sie im Zweifelsfall auch die Europäer schützen werden? Das sind alles Fragen, die die tschechische Öffentlichkeit beantwortet kriegen sollte, um sich in einem zu erwartendem Referendum kompetent äußern zu können."

Nun wollen wir, verehrte Hörerinnen und Hörer, ganz zum Schluss unserer Sendung doch noch auf die laufenden und bislang erfolglosen Verhandlungen über eine neue Regierung eingehen. So wurde jüngst eine Studie veröffentlicht, in der erfasst wurde, was die tschechischen Steuerzahler die Untätigkeit des Parlaments, das auf Grund eines Patts zwischen linken und bürgerlichen Parteien seit Wochen blockiert ist, kosten würde. Das Ergebnis sind 34 Kronen, also etwas mehr als ein Euro, pro Sekunde.

Das veranlasste Martin Zverina in der Lidove noviny zu einer Glosse, aus der wir Ihnen am Ende der heutigen Sendung noch ein wenig zitieren wollen.

"Die Kosten für das funktionsunfähige Abgeordnetenhaus wurden jüngst von der Vereinigung "Effektiver Staat", die der Demokratischen Bürgerpartei ODS nahe steht, auf mehr als 131 Millionen Kronen (umgerechnet 4,5 Millionen Euro) beziffert. Diese Rechnung mag zwar kurios erscheinen, sie ist es aber nicht. Auf Grund der Nähe zu den Bürgerdemokraten lässt sich nämlich annehmen, dass innerhalb jener Partei, die formell die Wahlen gewonnen hat, der Ruf nach vorgezogenen Neuwahlen immer lauter wird. Die Schwäche all dieser Überlegungen ist jedoch, dass es auch für vorgezogene Neuwahlen einen Konsens der Parteien geben müsste. Und diese haben sich bekanntlich nicht einmal auf einen Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses einigen können."