Prozessauftakt gegen den Prager Terror-Imam

Samer Shehadeh (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)

Ein ehemaliger Prager Imam steht wegen Terrorunterstützung vor Gericht. Der Prozess beginnt mit einem Geständnis. Doch von Reue gibt es bei dem Angeklagten keine Spur.

Samer Shehadeh  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)
Das Prager Stadtgericht wurde am Dienstag zu einem Hochsicherheitstrakt. Schwerbewaffnete Polizisten bewachten den Sitzungssaal, in diesem musste sich der ehemalige Prager Imam Samer Shehadeh wegen Terrorunterstützung verantworten. Dabei machte der Tschecho-Palästinenser keinen Hehl daraus, die Terrororganisation Al-Nusra im syrischen Bürgerkrieg unterstützt zu haben:

„Natürlich kann ich die Tötung von unschuldigen Menschen nicht gutheißen. Was die Al-Nusra macht, ist insgesamt aber gut. Sie kämpft in Syrien gegen das Regime und die Okkupation, außerdem will sie die Scharia durchsetzen“, so Shehadeh.

Die tschechische Regierung erkenne das syrische Regime ja auch nicht an, so der Beschuldigte weiter. Den Prozess gegen sich lehne er insgesamt ab, da für ihn nur das islamische Recht Scharia gelte.

Al-Nusra-Front in Syrien  (Foto: Times Asi,  Flickr,  CC BY 2.0)
Die Staatsanwaltschaft wirft Shehadeh vor, während seiner Zeit als Prager Imam die Islamisten von der Al-Nusra-Front, einem syrischen Ableger der Terrororganisation Al Kaida, finanziell unterstützt zu haben. Das Geld dafür stammte von Spenden an die Prager Islamische Gemeinde, die sich mittlerweile von ihrem ehemaligen Geistlichen distanziert hat. Staatsanwalt Marek Bodlák ist Ankläger in dem Prozess:

„Es geht dabei um eine Summe von rund 7000 Euro und weiteren 6000 US-Dollar.“

Für Samer Shehadeh war das aber vor allem humanitäre Hilfe, und nur ein kleiner Teil des Geldes soll für Waffenkäufe bestimmt gewesen sein:

„Ich habe keinen Unterschied gemacht, ob das Geld an Zivilisten oder an Kämpfer gegangen ist. Dieser Meinung bin ich auch weiterhin. Alle Verwundeten waren Muslime. Eigentlich hatten die Kämpfer sogar Vorrang, da sie ihr Leben für eine gute Sache aufs Spiel setzen.“

Flagge der Al-Nusra Front,  Wikimedia Commons,  Public Domain
Die Terrorfinanzierung ist aber nicht der einzige Vorwurf gegen Samer Shehadeh. Zudem soll er seinen Bruder Omar und dessen Frau Fatima Hudková – sie hatten zuvor über das Internet geheiratet – nach Syrien geschleust haben. Beide hatten in sozialen Netzwerken mit ihrem Engagement bei der Al-Nusra Front geprahlt und sind deshalb Mitangeklagte in dem Verfahren. Denn gerade durch die Internet-Kommunikation der drei sind die Ermittler auf die Spur des Imams gekommen. Samer Shehadeh lehnt es jedoch ab, von der Kampfesabsicht seines Bruders und seiner Schwägerin gewusst zu haben:

Muneeb Hassan Alrawi  (Foto: Marek Blahuš,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
„Ich war immer gegen das Töten. Was Fatima alles gesagt hat, das weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung, woher sie diese Ideen hatte.“

Samer und Omar Shehadeh wuchsen als Kinder einer Libanesin und eines Palästinensers in Tschechien auf. Ihre Erziehung war säkular, zur Faszination für den Islam kam es erst im frühen Erwachsenenalter. Samer studierte beispielsweise in Saudi-Arabien islamisches Recht und wurde nach seiner Rückkehr Imam in Prag. Bald kam jedoch der Bruch, weil der Geistliche immer radikaler wurde. Muneeb Hassan Alrawi ist Vorsitzender der Islamischen Gemeinde hierzulande, gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte er:

„Das ist ein schwarzer Fleck in der Geschichte der islamischen Community hierzulande. Diese war nämlich nie Ausgangspunkt von Handlungen oder Taten, die eine Gefahr für Tschechien darstellen würden. Es tut uns sehr leid, dass dieser Mensch auf die schiefe Bahn geraten ist. Wir haben alle Kontakte zu Herrn Shehadeh schon im Jahr 2014 abgebrochen. Ihm war es dann auch nicht mehr möglich, im Umfeld unserer Gebetshäuser aktiv zu sein.“

Beim Fall Shehadeh handelt es sich um den ersten Prozess wegen Terrorunterstützung beziehungsweise Terrorfinanzierung in Tschechien überhaupt. Bei einer Verurteilung droht dem Ex-Imam eine mehrjährige Haftstrafe. Der Bruder und die Schwägerin des Angeklagten werden weiterhin gesucht.