Publizisten: Kommunisten wegen nur halbherziger Konkurrenz oben auf

Miroslav Grebenicek, Partei-Chef der Kommunisten (Foto: CTK)

Über den Fortbestand einer von den Sozialdemokraten geführten Regierung haben die Kommunisten entschieden. Zu dieser weit verbreiteten Meinung gelangten dieser Tage nicht zuletzt führende Politologen und Politiker in Tschechien. Lothar Martin hat sich mit ihren Ansichten in der nachfolgenden Presseschau auseinander gesetzt.

Miroslav Grebenicek,  Parteichef der Kommunisten  (Foto: CTK)
"Die Kommunistische Partei (KSCM) ist in die günstigste Situation der letzten 15 Jahre gelangt. Zum ersten Mal hängt das Schicksal der Regierung ganz offen von den Stimmen ihrer Abgeordneten ab."

Mit dieser klaren Kernaussage wartet die Prager Tageszeitung "Hospodarske noviny" gleich zu Beginn ihres Kommentars am Freitag auf, in dem Autor Adam Cerný fortfährt:

"Die kommunistischen Parteioberen legen ihren wachsenden Einfluss als einen Beweis dafür aus, dass die KSCM keine extremistische Partei, sondern bereits ein natürlicher Bestandteil des politischen Spektrums geworden sei. Das riecht nur so nach Demagogie, denn bei den demokratischen Wahlen können auch undemokratische Bewegungen eine hohe Stimmenanzahl erlangen".

Miroslav Kalousek und Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
Des weiteren betont der Autor, dass dieser kommunistische Einfluss nicht nur durch die Sozialdemokraten begünstigt wurde, weil diese sich nicht genügend von den Kommunisten abgegrenzt hätten, sondern auch von den oppositionellen Bürgerdemokraten (ODS), denen es nur recht und billig gewesen sei, wenn die Sozialdemokraten auf Kosten der Kommunisten immer mehr Wählerstimmen eingebüßt hätten. Eine Offensive gegen die Kommunisten sei daher erst vor dem nächsten Duell um die Regierungsmacht zu erwarten, wenn der ODS neben einer geschwächten Sozialdemokratie das Schreckgespenst des Kommunismus nur allzu gelegen kommen würde, ergänzte Cerny.

Auch der Publizist Pavel Verner kritisiert am Freitag in der linksliberalen Tageszeitung "Pravo" die halbherzige Auseinandersetzung aller demokratischen Parteien mit den Kommunisten und die ihnen dabei anhaftende doppelte Moral. Auch Präsident Vaclav Klaus wird in dieser Kritik nicht ausgenommen. Wörtlich schreibt Verner in seinem Kommentar:

Premier und sozialdemokratischer Parteichef Stanislav Gross  (Foto: CTK)
"Präsident Klaus, dieser Genius des Pragmatismus, hat den Kommunisten nicht nur den Weg geebnet, als er sie aus dem Ghetto herausgeholt hat. Symbolisch eine rote Plakette könne die Kommunisten auch jedem Klugschwätzer widmen, der sein Fernbleiben bei Wahlen damit entschuldigt, dass er von der Politik angewidert sei. Damit wählt er faktisch die Kommunisten."

Der ehemalige Außenminister der Tschechoslowakischen Föderativen Republik, Jiri Dienstbier, bedauerte in seiner auch in der "Pravo" veröffentlichten Kolumne u. a. das Fehlen einer jedweden Werte-Hierarchie. Abschließend äußerte Dienstbier:

"Der neue Lutscher ist das Geschrei einiger Politiker und Journalisten darüber, wer sich schändlich mit den Kommunisten einlässt. In der Situation, wo sie von allen gebraucht werden, ist es entweder - der Terminologie von Milos Zeman zufolge - ein Ausdruck ´fehlender Intelligenz´ oder reine Heuchelei. Ein jeder kann sich aussuchen, was schlimmer ist."

Und genau nach diesem Prinzip wurde am Freitag auch das Misstrauensvotum gegen die vom sozialdemokratischen Parteichef Stanislav Gross geführte Regierung gehandhabt.