Radio Prag International 2021: Was bringt das Post-Corona-Jahr?
Niemand konnte sich wohl vor einem Jahr vorstellen, dass 2020 komplett von der Corona-Pandemie beeinflusst sein würde. Mit großen Hoffnungen wird nun auf 2021 geschaut. Was wartet auf Radio Prag International (RPI) und auf seine Hörerinnen und Hörer im gerade beginnenden Jahr? Welche Themen und Ereignisse werden die Sendungen prägen? Mehr dazu im Interview mit Radio-Prag-International-Chefredakteurin Klára Stejskalová.
Frau Stejskalová, herzlich willkommen im Jahr 2021 und herzlich willkommen in den Sendungen der deutschen Redaktion. Fangen wir unser Neujahrsgespräch mit einem Rückblick an: 2020 war nicht nur bei Radio Prag International und in Tschechien ein sehr spezielles Jahr mit vielen unvorhersehbaren Herausforderungen. Das Leben war weltweit von der Corona-Pandemie geprägt. Wie hat sich das Virus auf den Betrieb von Radio Prag International ausgewirkt?
„Ich möchte zunächst all unseren Zuhörern, Lesern und Fans dafür danken, dass sie auch in diesen außergewöhnlichen Zeiten uns ihre Gunst erweisen. Ich hoffe, dass sie auf unserer Website und in unseren Sendungen immer wieder etwas Interessantes und Nützliches gefunden haben. Natürlich musste sich RPI genauso an die Situation anpassen wie die Gesellschaft insgesamt. Einige geplante Projekte konnten nicht realisiert werden. Zum Beispiel ein Projekt, das mit dem olympischen Jahr verbunden war. Alle unsere Zuhörer wissen, dass seit März die Informationen über Corona das zentrale Thema sind. Es gab Änderungen nicht nur in Bezug auf den Inhalt, sondern auch in Bezug auf den gesamten Betrieb unseres Senders.“
Wie wurde die Arbeit im Rundfunk ganz konkret organisiert?
„Wir haben uns in zwei Teams aufgeteilt, davon arbeitet auch derzeit noch immer eines am Arbeitsplatz und das andere im Home Office. Wir mussten lernen, viel mehr online miteinander zu kommunizieren. Natürlich hat dies auch Schattenseiten: Das im Journalismus übliche Brainstorming irgendwo im Flur oder in der Kantine ist verschwunden. Wir mussten uns auch damit auseinandersetzen, dass im Frühjahr auch keine Gäste ins Radiogebäude kommen durften, was die Aufnahme von Interviews erschwert hat. Einige Arten von Programmen sind technisch und inhaltlich besser, wenn der Moderator dem Gast persönlich gegenübersitzt. Aber ich denke, wir haben die Situation gut gemeistert, und obwohl wir jetzt immer noch in geteilten Teams arbeiten, haben unsere Fans dies hoffentlich nicht am Inhalt unseres Programms erkannt.“
Über 2 Millionen Website-Besucher im März
Wie wichtig war die fremdsprachige Berichterstattung über das Geschehen in Tschechien in Corona-Zeiten? Ist vielleicht das Interesse für die Inhalte von Radio Prag International gestiegen?
„Ja. Insbesondere im März, als der Ausnahmezustand in der Tschechischen Republik ausgerufen wurde, verzeichneten wir eine Rekordzahl von Besuchen auf unserer Website. Der Tag, an dem der Ausnahmezustand ausgerufen wurde, war in den letzten Jahren eindeutig der erfolgreichste Tag in Bezug auf die Besuche unserer Website radio.cz in allen Sprachversionen. Insgesamt besuchten im März über 2,100.000 Menschen unsere Website. Darüber hinaus möchte ich daran erinnern, dass wir im Juni auf eine neue Website umgestellt haben, was in dieser Situation sehr kompliziert war. Wir waren besorgt darüber, wie sich die gesamte Operation in der aktuellen Situation entwickeln würde. Aber ich denke, es hat funktioniert, und unsere Website ist nun schneller und klarer aufgebaut.“
Was hat die Hörer und Leser unserer Webseiten am meisten interessiert?
„Es sollte nicht überraschen, dass es sich gerade um Artikel zu verschiedenen Maßnahmen im Zusammenhang mit Corona handelt. Wenn wir uns die Statistiken seit März ansehen, waren die zehn meistgelesenen Artikel für jeden Monat immer Artikel über die Pandemie. Übrigens ist die deutsche Seite seit März unsere meistbesuchte. Dies liegt sicherlich an der Nachbarschaft zu Deutschland und Österreich und an der Tatsache, dass es bei weitem nicht so viele Informationen auf Deutsch gibt wie auf Englisch. Auf der Website der Regierung findet man ebenfalls Informationen in englischer Sprache. Und viele Menschen, die auf beiden Seiten der Grenze arbeiten, sowie Menschen in gemischten Ehen und Touristen haben nach Informationen gesucht zum Beispiel über die Regelungen an der Grenze und so weiter. Wie vielleicht manche wissen, haben sich gerade hier in der Tschechischen Republik die Maßnahmen im Laufe nur einer Woche häufig geändert.“
Das Bücher-Jahr 2020
Ein Schwerpunkt im zurückliegenden Jahr war die Literatur-Serie „Tschechische Bücher, die Sie lesen müssen“. Darin haben wir bekannte und weniger bekannte Klassiker sowie zeitgenössische Autoren vorgestellt. Wie ist sie bei den Hörern angekommen – und bei den Zuschauern, weil wir dazu auch Videos angeboten haben?
„Auf dieses Projekt bin ich sehr stolz. Ich denke, das ist uns wirklich gelungen. Und gerade angesichts der Lage und der Verbote ist es buchstäblich ein Wunder, dass wir unser Vorhaben so umsetzen konnten. Schade, dass wir uns mit dem Projekt auf keiner Buchmesse vorstellen konnten. Die Reaktionen auf die Videos und Audios waren sehr positiv, und einige ausländische Verlage haben uns sogar kontaktiert, weil sie an dem Projekt interessiert sind. Ich glaube, dass unsere Zuhörer dank dieser Serie einige Bücher entdecken konnten, die sie noch nicht gelesen haben. Natürlich dachten wir, dass der Schwejk oder Kundera und Hrabal Interesse wecken würden. Aber ich war zum Beispiel überrascht über die sehr starke Reaktion auf das Buch ‚Die Rache der Baumeister‘ von Miloš Urban auf der russischen Website. Es war auch interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Reaktionen in den unterschiedlichen Sprachversionen waren. Ich hoffe, dass neue Hörer die Videos und Audio-Aufnahmen finden, und dadurch auch interessante tschechische Schriftsteller zu neuen Lesern kommen.“
Auch für das gerade beginnende Jahr 2021 haben wir bereits inhaltliche Schwerpunkte festgelegt. Wird es etwa eine vergleichbare Serie geben?
„Wir werden das Projekt nächstes Jahr teilweise fortsetzen, aber nicht so oft wie bisher. Aber wir werden sicher noch einige interessante Tipps für tschechische Bücher bringen.“
Welche weiteren thematischen Schwerpunkte sind in Vorbereitung?
„Das größte Projekt des Jahres 2021 wird die Serie ‚Made In Czech Republic‘ sein. Darin präsentieren wir tschechische Entdeckungen, traditionelle tschechische Marken, aber auch neue Unternehmen und Erfindungen. Wahrscheinlich kennen die Leute die Motorradmarke Jawa, die Zetor-Traktoren, aber vielleicht weiß nicht jeder, dass der Druckknopf oder der Zuckerwürfel böhmische Erfindungen sind. Übrigens werden einige tschechische Entdeckungen auch in der QSL-Reihe für 2021 erscheinen, sodass sich diejenigen, die uns schreiben, auf Fotos tschechischer Entdeckungen freuen können. Ansonsten bereiten wir eine Serie über tschechische Zeichentrickfilme vor. Ich denke, dass jeder in Deutschland den kleinen Maulwurf kennt, aber wir wollen auch zeitgenössische Animationen präsentieren. Und in den Ferien gehen wir in tschechische Kurorte. Außerdem hoffen wir, in diesem Jahr die olympische Serie endlich senden zu können.“
Made In Czech Republic: Jawa-Motorrad, Druckknopf, Zuckerwürfel
Auf welche aktuellen Ereignisse, die 2021 stattfinden sollen, will Radio Prag International zudem noch reagieren?
„Ich denke, die größte Herausforderung wird es sein, mit den Folgen von Corona umzugehen. Diese Pandemie stellt sicherlich die größte Herausforderung unserer Generation nach dem Fall des Kommunismus dar. Und dies wird sich natürlich in den Berichten und der Berichterstattung unseres Senders widerspiegeln.“
Was möchten Sie den Hörerinnen und Hörern sowie Leserinnen und Lesern von Radio Prag International für das Jahr 2021 wünschen?
„Auf jeden Fall wünsche ich allen Gesundheit. Und ich wünsche unseren Zuhörern und Unterstützern, dass sie weiterhin in unseren Sendungen und auf unserer Website sowohl aktuelle Informationen als auch viele interessante Geschichten finden. Außerdem wünsche ich, dass sie unsere kulinarischen Empfehlungen und Reisetipps verwenden können sowie dass die Grenzen wieder geöffnet werden und wir uns erneut treffen können. Nicht zuletzt vielen Dank an alle, die uns schreiben. Jeder Brief macht uns sehr glücklich und fördert unsere Arbeit. Ich wünsche Ihnen alles Gute für das neue Jahr.“