Regierungschef Spidla über die nächsten Schritte Tschechiens in der EU
Mit neun weiteren Ländern ist Tschechien am vergangen Samstag der Europäischen Union beigetreten. Das Datum der EU-Erweiterung war aber nur der offizielle Höhepunkt einer langfristigen Entwicklung, die bereits viele Jahre zuvor begonnen hatte - und die noch weiter andauert. Was sind die nächsten großen Schritte, die dem neuen EU-Land Tschechien bevorstehen? Und wie verlaufen die nunmehr innereuropäischen Diskussionsprozesse in den ersten Tagen der erweiterten Union? Gerald Schubert hat mit Premierminister Vladimir Spidla gesprochen:
"Meiner Meinung nach ist Schengen aus der Sicht der Tschechischen Republik nur eine Frage der Zeit", sagt Premierminister Vladimir Spidla. "Die Probleme, die für uns damit verbunden sind, sind sehr gering. Also, das haben wir im Griff."
Außer einem Personalausweis werden Tschechinnen und Tschechen auch noch einige Jahre lang eine fremde Währung in der Tasche haben müssen, wenn sie ins benachbarte EU-Ausland fahren. Denn mit der Einführung des Euro rechnet man hierzulande nicht vor 2009 oder 2010. Bis dahin steht der tschechischen Politik noch ein gutes Stück Arbeit bevor - etwa zur Erfüllung der so genannten Maastricht-Kriterien. Premierminister Spidla:
"Vor der Einführung des Euro müssen wir erfolgreich unsere Budgetreform beenden. Bis jetzt haben wir aber alles, was wir schaffen sollten, auch wirklich geschafft. Es sieht also sehr gut aus."
Und wie beurteilt der tschechische Regierungschef die Debatten, die derzeit manchmal am Solidaritätsprinzip in der EU zweifeln lassen? Übergangsfristen für den freien Zugang zum Arbeitsmarkt, mangelnde Budgetdisziplin mächtiger EU-Staaten wie Deutschland oder Frankreich, oder zuletzt die Vorwürfe an neue Mitglieder, sie würden mit Steuerdumping ausländische Investitionen aufsaugen, haben ja durchaus schon für Verstimmung zwischen den neuen Partnern gesorgt. Die Solidarität überwiegt dennoch, sagt Vladimir Spidla, der als Historiker lieber in langfristigen Perspektiven denkt:
"Vor der Europäischen Union wurden diese Probleme mit Waffen gelöst, jetzt macht man das am Verhandlungstisch. Ich meine also: Konflikte hat es früher gegeben, und es wird sie auch in Zukunft geben. Aber das ist nichts Unnatürliches. Und es ist nicht gegen den Geist von Europa."
Das ganze Interview mit Premierminister Vladimir Spidla können Sie in der nächsten Ausgabe unserer Sendereihe "Heute am Mikrophon" hören, und zwar am Montag, dem 17. Mai.