Rehgulasch statt Hühnerbrust? Tschechische Forstverwaltung animiert zu mehr Konsum von Wildfleisch
Wildschwein in Hagebuttensauce, Hirschbraten oder Rehgulasch – diese traditionellen Gerichte kommen in Tschechien immer seltener auf den Tisch. Denn Wild als Nahrungsmittel ist hierzulande nicht gerade gefragt. Ändern will das die staatliche Forstverwaltung Lesy ČR mit einer Informationskampagne.
„Wir essen selten Wild, obwohl es uns sehr schmeckt. Aber es ist einfach zu teuer“, sagt ein Ehepaar vor einem Supermarkt in Jihlava / Iglau in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. So wie ihnen geht es vielen: Pro Jahr isst der Otto-Normal-Tscheche ein Kilogramm Wildbret. Was das Fleisch von anderen Nutztieren angeht, werden hingegen jährlich 80 Kilogramm verzehrt.
Diese Entwicklung macht Jiří Pavlík Sorgen. Er steht im Kühlraum der Forstverwaltung von Český Rudolec / Böhmisch Rudoletz in Südböhmen. Reh-, Mufflon- und Wildschweinfleisch sei gerade auf Lager, so Pavlík.
„Wir verkaufen im Schnitt ein Stück pro Woche. Ein Wildschwein mit einem Gewicht von bis zu 20 Kilogramm kostet 45 Kronen je Kilo, bei schwereren Tiere sind es 55 Kronen.“
An den Preisen könne es also nicht liegen, dass das Wild nicht verkauft werde, meint Pavlík. Denn für die erlegten Tiere wird weit weniger verlangt als etwa für Schweine- oder Hühnerfleisch im Supermarkt. Pavlík sieht den Grund deshalb eher woanders:
„Viele Leute haben ein Problem damit, das Tier zuhause zu verarbeiten. Wir nehmen die Tiere vor dem Verkauf zwar aus, die Abnehmer müssen es aber noch aus der Decke schlagen, also häuten und dann zerlegen. Und das wollen viele Tschechen nicht.“
Die staatliche Forstverwaltung hat deshalb das Projekt „Z lesa na stůl“ (Vom Wald auf den Tisch) ins Leben gerufen.
„Wir haben das Programm vor vier Jahren gestartet. Seitdem haben wir in allen Regionen insgesamt 60 Ausgabestellen für frisches Wild eröffnet“, sagt Eva Jouklová, die Sprecherin der Forstverwaltung.
Durch die Ausgabestellen soll es für die Kunden komfortabler werden, das Fleisch abzunehmen. Denn gerade in den Städten bestehe ein höheres Interesse an Wild als auf dem Land, so die Sprecherin.
„An den Standorten bieten wir Wild im Ganzen mit Haut an. Damit kommt aber eben nicht jeder zurecht. Deshalb betreiben wir mittlerweile zwei Verarbeitungsstätten, in denen das Fleisch portioniert, abgepackt und auch weiterverarbeitet wird, etwa zu Wurst. Eine Anlage befindet sich auf dem Areal des Schlosses Židlochovice in Südmähren, dort gibt es auch einen Laden. Die andere steht in Klíny in Nordböhmen.“
Der dortige Betrieb wurde im Oktober eröffnet. Pro Jahr können vor Ort bis zu 100 Tonnen Fleisch verarbeitet werden, beschäftigt werden sechs Mitarbeiter.
Außer Wildfleisch besser verfügbar zu machen will das Projekt „Vom Wald auf den Tisch“ auch ganz allgemein das Bewusstsein für dieses Nahrungsmittel erhöhen. So finden sich auf der Website etwa Rezeptvorschläge, und es wird aufgeklärt, wie man fachmännisch ein Reh zerlegt.
Für den Konsum von Wildbret spricht laut den Organisatoren, dass es sich um Fleisch in Bioqualität handelt, das einen niedrigen Fettgehalt aufweist. Und außerdem ist laut der Forstverwaltung ausreichend davon vorhanden. Denn allein in der Jagdsaison 2023/2024 wurden hierzulande mehrere Zehntausend Hirsche, fast 125.000 Rehe und über 250.000 Wildschweine erlegt.