Respektieren statt tolerieren: Festival Prague Pride beginnt

Prague Pride (Foto: Lukáš Vrána, CC BY-SA 4.0)

Jemanden zu tolerieren ist nicht dasselbe, wie jemanden zu respektieren. Darauf will die Prague Pride in diesem Jahr aufmerksam machen. Das Festival von Schwulen und Lesben, Bi- und Transsexuellen sowie Transgender wird am Montag in Prag eröffnet.

Prague Pride 2017  (Foto: ČTK)
Diskussionen, Ausstellungen, Film- und Theatervorstellungen, aber auch Gebete oder die Fahrt mit einer Regenbogen-Straßenbahn: Mehr als 100 Veranstaltungen stehen auf dem Programm der Prague Pride. Die Organisatoren laden in diesem Jahr mit dem Motto „Ein überflüssiges Festival“ zur Prague Pride ein. Denn die Veranstalter seien seit der ersten Prague Pride im Jahre 2011 immer wieder mit der Ansicht konfrontiert worden, dass ein derartiges Festival hierzulande überflüssig sei, sagt Festivalsprecherin Bohdana Rambousková.

„Viele Menschen glauben, dass Schwule und Lesben in Tschechien ein gutes Leben führen, weil sie hierzulande nicht eingesperrt werden, sondern arbeiten und sich frei bewegen können. Ihrer Meinung nach genügt das, die tschechische Gesellschaft sei tolerant und es gebe keinen Grund, ein Festival wie die Prague Pride zu organisieren. Wir finden jedoch, dass es einige Gründe dafür gibt, warum das Festival weiterhin veranstaltet werden muss.“

Bohdana Rambousková  (Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Die Festivalveranstalter betonen, es gebe einen großen Unterschied, ob jemand respektiert oder nur toleriert wird. Damit sei Respekt gemeint, den Heterosexuelle automatisch genössen, erklärt Bohdana Rambousková und nennt ein konkretes Beispiel.

„Wenn die Tochter zu Hause erzählt, sie habe einen festen Freund, sind die Eltern in der Regel erfreut. Dann hoffen sie auf eine Hochzeit und Enkelkinder. Wenn ein Kind den Eltern verrät, dass es einen Partner oder Partnerin desselben Geschlechts hat, gibt es Probleme. Heterosexuelle können sich nicht vorstellen, was ein Coming Out für Schwule und Lesben bedeutet.“

Das Festival will aber nicht nur die sexuellen Minderheiten selbst ansprechen. Von Anfang habe man sich bemüht, die Prague Pride für die ganze Gesellschaft attraktiv zu gestalten, sagt Rambousková.

Prague Pride  (Foto: Lukáš Vrána,  CC BY-SA 4.0)
„Es ist nicht nur ein Festival für die LGBT-Gemeinschaft. Wir organisieren es nicht für uns selbst, sondern die Prague Pride soll zu einer Plattform für Diskussionen und Begegnungen werden. Viele der Veranstaltungen sind nicht auf Probleme innerhalb der LGBT-Kommunität ausgerichtet, sondern umgekehrt. Wir wollen, dass die Öffentlichkeit kommt, um sich zu informieren, um mehr zu erfahren und vielleicht auch um zum ersten Mal einem Homosexuellen oder einer Transgender-Person zu begegnen. Und es geht uns auch darum, dass die LGBT-Gemeinschaft den Weg zur heterosexuellen Mehrheit der Gesellschaft findet und mit ihr ins Gespräch kommt.“

Bei der Prague Pride steht in diesem Jahr die Einhaltung der Menschenrechte im Fokus. So werden Beispiele gezeigt, wie Schwule und Lesben in manchen Ländern verfolgt werden. Bohdana Rambousková:

Prague Pride  (Foto: Petr Vilgus. CC BY-SA 4.0)
„In diesem Jahr konzentrieren wir uns auf die Lage in Tschetschenien. Was dort passiert, hat uns sehr tief bewegt. Wir haben uns daher entschieden, eine Spendensammlung zu initiieren. Der Erlös wird einer russischen Organisation zugutekommen, die sich um Flüchtlinge aus Tschetschenien kümmert. Es wird zudem einen Runden Tisch zu Tschetschenien geben. Beim Festival wird auch ein Dokumentarfilm aus Armenien gezeigt, dazu haben wir einen Aktivisten aus dem Land eingeladen. Wir wollen die LGBT-Gemeinde in Armenien dem tschechischen Publikum näher bringen.“

Die Prague Pride wird am Montagabend mit einem Konzert auf der Prager Schützeninsel eröffnet. Der Höhepunkt des Festivals ist am Samstag ein bunter Umzug unter der Regenbogen-Flagge durch das Prager Stadtzentrum.

Autoren: Martina Schneibergová , Martina Mašková
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