Restaurierte Sehenswürdigkeit: Knochenpyramide kehrt ins Beinhaus Sedlec zurück

Beinhaus Sedlec

In Tschechien hat die Touristensaison begonnen. Eine weltweit bekannte Attraktion ist das Beinhaus in der Allerheiligenkirche in Sedlec am Rande von Kutná Hora / Kuttenberg. Eine der vier imposanten Knochenpyramiden, die es dort zu sehen gibt, wurde gerade drei Jahre lang in vorsichtiger Kleinarbeit restauriert. Noch in diesem Jahr soll sie an ihren Platz zurückkehren.

Vít Mlázovský | Foto:  YouTube Kanal der Römisch-katholische Pfarrei Sedlec

Das Expertenteam hat im Dezember 2018 eine knifflige Aufgabe in Angriff genommen: Die erste der vier Knochenpyramiden, die 500 Jahre alt sind, wurde vorsichtig auseinandergenommen. Per 3-D-Technik wurde jeder Schritt dokumentiert, mit dem die zwölf Kubikmeter große Konstruktion in ihre mehr als eine Million Einzelknochen zerlegt wurde. Architekt Vít Mlázovský erläutert, vor welchen Herausforderungen die Restaurateure standen:

„Es gibt große Probleme, die zur Deformierung und zur Destruktion der Pyramiden geführt haben. Der Grund dafür ist vor allem die Feuchtigkeit. Diese hat zu Schädlingsbefall geführt, vor allem von Schimmel. Aber auch Pilze haben sich am unteren Teil der Pyramide angesiedelt.“

Beinhaus Sedlec | Foto: Josef Vostárek,  ČTK

Wie bedroht die makabren Kunstwerke aus Menschenknochen sind, zeigt sich an einer zweiten Pyramide, deren Restaurierung erst noch ansteht. Die Krone, die einst auf der Spitze der Konstruktion thronte und die an der Decke befestigt ist, hängt inzwischen in deutlichem Abstand über dem Gebilde. Mlázovský weiß es genauer:

„Der Abstand beträgt 75 Zentimeter. Dies belegt, wie weit die Pyramide schon nach unten gesackt ist. Ihr unterer Teil steht auf hölzernen Füßen. Aber die Pyramidenkonstruktion ist zwischen ihnen bereits bis zum Boden abgesunken.“

Die Kosten für die Restaurierung einer Pyramide belaufen sich auf etwa 20 Millionen Kronen (820.000 Euro). Da die Pfarrei diese Summe allein durch die Eintrittsgelder zusammenträgt, ist nicht klar, wann die anderen drei Exemplare an die Reihe kommen. Immerhin wird das Team dann aber schon auf mehr Erfahrungen zurückgreifen können. Die Arbeit der vergangenen drei Jahre war laut Mlázovský nämlich ein Pilotprojekt, bei dem die Mitwirkenden die passenden Methoden erst erdenken und vorsichtig ausprobieren mussten. Für die Säuberung und Konservierung der einzelnen Knochen war Restaurateur Tomáš Král verantwortlich:

Beinhaus Sedlec | Foto: Josef Vostárek,  ČTK

„In historischen Dokumenten finden sich Informationen darüber, dass die Gebeine aus den Grabstätten bereits im 16. Jahrhundert konserviert wurden. Zur Desinfektion und zur Beseitigung von Unreinheiten wurde damals eine Kalkemulsion eingesetzt. Nachdem die Knochen dann getrocknet waren, wurden sie in den Räumlichkeiten der Kapelle platziert.“

Die gleiche Methode wurde auch dieses Mal angewandt. Das Ziel der Experten ist laut Král natürlich, das historische Material so gut wie möglich zu erhalten. Manche Knochen seien aber von der Feuchtigkeit über die Jahre derart angegriffen gewesen, dass sie aus der Pyramide entfernt werden mussten, fügt der Restaurateur an:

„Die Pyramide wird nur zu einer guten Hälfte wieder zusammengesetzt. Drei bis vier Kubikmeter der Knochen mussten wir aussortieren. Sie waren zumeist völlig zersetzt – diese Reste wurden auf dem hiesigen Friedhof begraben. Zuvor haben wir aber die größeren Stücke aussortiert, die noch bearbeitet werden konnten. Sie werden nun wieder in das Innere der Pyramide eingefügt.“

Beinhaus Sedlec | Foto: Josef Vostárek,  ČTK

Von außen wird die restaurierte Pyramide wieder aussehen, wie zu Zeiten ihrer Entstehung vor 500 Jahren. Nur innen wird sie hohl sein. Die Außenhülle von etwa 80 Zentimetern Dicke wird dann von einem Gerüst aus Lärchenholz getragen. Bis Ende des Jahres soll das Kunstwerk wieder an seinem Platz im Kellergewölbe stehen. Da aber auch die Zusammensetzung anhand der angefertigten 3-D-Aufnahmen sowie der zeitgenössischen Dokumente eine Art Experiment sein wird, könnte sich diese Arbeit durchaus noch länger hinziehen, gesteht Restaurateur Král schon jetzt ein.

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Autoren: , Ondřej Ševčík
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