RPI-Hörer berichten über ihre Prag-Reisen

Die Niederschlagung des Prager Frühlings im August 1968 jährt sich in diesem Monat zum 55. Mal. Im heutigen Hörerforum hören Sie Erinnerungen an dieses Ereignis – und natürlich noch vieles mehr.

Willkommen zum Hörerforum. Wie üblich fangen wir mit unserer Preisfrage an. Die im August lautet:

„Für Besucher bietet der Autobauer Škoda ein Museum. Dort erfährt man zum Beispiel, dass die VW-Tochter einer der wenigen Wagenhersteller ist, der auf 120 Jahre ununterbrochene Produktionsgeschichte zurückblicken kann. Gleich neben dem Museum stehen die Fertigungshallen, von deren Bändern jeden Tag neue Autos laufen. In welcher Stadt befinden sich das Museum und die Fabrik?“

Schicken Sie uns den Namen der Stadt an [email protected].

Die richtige Antwort aus dem Vormonat lautete: Der Wasserturm der Neuen Mühle. Gerade dieses Bauwerk am Moldau-Ufer diente schon im 17. Jahrhundert nicht nur seinem ursprünglichen Zweck, sondern auch als Aussichtsturm.

Unter den Gewinnern eines Sachpreises ist auch Andreas Fessler aus Deutschland. Herzlichen Glückwunsch!


Tschechinnen in Wimbledon

Die tschechische Tennisspielerin Markéta Vondroušová hat im Juli sensationell Das Turnier in Wimbledon gewonnen. Dazu haben wir eine Gratulation von Bernd Seiser aus Ottenau bekommen. Und unser Hörer hat auch eine Frage dazu. Sie betrifft unsere Information, dass Vondroušová nach Jana Novotná (1998) und Petra Kvitová (2011, 2014) erst die dritte Tschechin ist, die im Finale des Grand-Slam-Turniers von Wimbledon einen Sieg erringen konnte. Herr Seieser schreibt dazu:

„Martina Navrátilová wurde 1956 als Martina Šubertová in Prag geboren,  spielte aber erfolgreich Tennis unter der Länderbezeichnung USA. Martina Navratilova gewann neun Einzeltitel in Wimbledon und siegte zwischen 1982 und 1987 sechsmal in Folge. Also warum wurde sie nicht in diesem Beitrag erwähnt? Wurde ihr damals die Staatbürgerschaft aberkannt, und könnte sie diese wieder beantragen? Wie stehen die Aussichten zu einer möglichen Wiedereinbürgerung in Tschechien, falls sie daran Interesse hätte?“

Sie haben Recht, Herr Seiser. Auch Martina Navrátilová ist eine geborene Tschechin. Nach ihrer Emigration in die USA wurde ihr die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft allerdings aberkannt, und sie wurde 1981 die US-amerikanische Staatsbürgerin. Bereits ab 1975 repräsentierte sie aber als Green-Card-Inhaberin die USA. Nach der Wende, konkret 2008, nahm Navrátilová die tschechische Staatsbürgerschaft wieder an, sie hat nun beide. Dies ist für Menschen, die auf dem Gebiet Tschechiens beziehungsweise der Tschechoslowakei geboren wurden, oder für ihre Nachkommen durchaus möglich, selbst wenn sie nicht dauerhaft hierzulande leben.

Nun aber zu einem anderen Thema: Thorsten Brandenburg aus München hat vor kurzem die tschechische Hauptstadt besucht und uns einen spannenden Reisebericht geschickt:

Petřín-Turm | Foto: Kristýna  Maková,  Radio Prague International

„Es war das erste Mal, dass ich Prag im Sommer besucht habe, und für mich war es ein Erlebnis, die Stadt einmal mit dem ganzen Sommerflair zu erleben! Wir haben schöne Tage verbracht und zum Beispiel das kleine Musikfest an der Moldau im Kampa-Viertel genossen, das dort gerade stattgefunden hatte. Auch den Petřín-Turm habe ich dieses Mal besichtigen können, was bisher nie geklappt hatte. Außerdem haben wir einen netten kleinen Jazzclub (Jazz Republic) entdeckt. Da auch das Wetter mitgespielt hat, war es ein durchwegs gelungener Kurzbesuch von Prag! Einzig die vielen betrunkenen jungen Männer, die Junggesellen-Abschied gefeiert haben, waren teilweise wirklich störend. Offensichtlich ist Prag gerade der ‚Hotspot‘ für Aktivitäten dieser Art, da auch einige Kneipen ‚Flatrates‘ für Biertrinker anbieten.“

Schöne Tage in Prag

Und noch eine Anmerkung anhand seiner Erfahrung aus der Moldau-Stadt hat Herr Brandenburg parat:

„Prag ist keine Fahrrad-Stadt, teilweise ist es recht abenteuerlich, dort Rad zu fahren, da es wenige gute Fahrradwege und viel Kopfsteinpflaster gibt. Es waren auch dementsprechend sehr wenige Fahrrad-Fahrer und -Fahrerinnen unterwegs. Aber trotzdem sieht man natürlich mit dem Rad viel von der Stadt, und das Radeln entlang der Moldau ist sehr schön. Auch Pilsen, das wir noch besucht haben, fand ich sehr schön, und man wurde überall sehr nett und freundlich bedient.“

Vielen Dank für Ihren Bericht, Herr Brandenburg. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns bei ihrer nächsten Reise nach Prag mal in der Redaktion einen Besuch abstatten. Die Treffen mit unseren langjährigen Hörerinnen und Hörern sind immer sehr nett. Im Mai haben wir etwa das Ehepaar Winkler bei uns begrüßen dürfen. Lutz Winkler kommt in seiner neuesten Zuschrift noch einmal auf diesen Prag-Aufenthalt zurück:

Ausblick vom Letná-Park | Foto: Miloš Turek,  Radio Prague International

„Wir sind wieder gut in Frankfurt gelandet und sprechen noch oft über die Höhepunkte dieser Reise: der herzliche Besuch bei Ihnen im Funkhaus, der Letná-Park, der Franziskanergarten, das Kafka Museum, die Passagen mit dem Palais Lucerna und dem Palais Adria – und die ‚normalen‘ Höhepunkte wie Wenzelsplatz, Karlsbrücke, Altstädter Ring, die Burg. Wir haben festgestellt: Es gibt noch viel zu entdecken, und durch die Sendereihen „Moderne Palais in Prag“ und ‚Die Prager Gärten‘ machen Sie uns weiter neugierig. Vielen Dank für die Senderreihen, die wir mit großem Interesse hören. Durch die App mujRozhlas kann ich Radio Prag auch bequemer hören, und im Internet gibt es dazu auch eine aktuelle Livestream-Adresse für den Kanal von Radio Prag International. Ich bin jedenfalls gespannt, welche Gärten und Palais noch vorgestellt werden. Vielen Dank für die Sendungen und die Anregungen für die nächste Reise.“

Und die Senderreihe „Sex in Zeiten des Kommunismus“ habe er ebenfalls sehr interessant gefunden, schreibt Lutz Winkler:

„In der Zeit wurden die ‚bestimmten‘ Bücher und Artikel in Jungendzeitschriften weitergegeben – meiner Meinung nach war die Zeit nicht so prüde und verklemmt wie heute, da sich jeder im Internet alles anschauen kann. Die Zeit war im Bereich der Sexualität wesentlich phantasievoller und offener. In diversen Jugendzeitungen und Magazinen gab es immer eine Serie zum Thema Liebe und Sexualität – in dem auch die Leserinnen und Leser Fragen stellen konnten, und diese Fragen wurden ernsthaft und seriös beantwortet. Aber es gab ebenso die verlogene Seite der DDR: die sogenannten Messehostessen, die die Prostitution in der Zeit der Leipziger Messen im Frühjahr und Herbst in der DDR legalisierten und als Kunden die westlichen Geschäftsleute im Fokus hatten.“

August 1968 im Radio

Der August hat gerade begonnen, und wir werden in diesem Monat eines traurigen Jahrestags gedenken. Vor 55 Jahren, am 21. August 1968, haben die Truppen des Warschauer Paktes die Tschechoslowakei besetzt und die Reformbewegung Prager Frühling hierzulande gewaltsam beendet. Dies war nicht nur für die Menschen in der Tschechoslowakei, sondern auch in anderen Ländern Europas ein erschütterndes Ereignis. Unser Hörer Heinz Schulz aus Frankfurt am Main hat uns seine ausführlichen Erinnerungen an die Zeit geschickt. Er habe die Ereignisse in der Tschechoslowakei im August 1968 im Radio verfolgt, schreibt er:

Gebäude des Tschechischen Rundfunks im August 1968 | Foto: Eliška Háková,  Tschechischer Rundfunk

„Wie kam es dazu? Die politischen Veränderungen, hervorgerufen durch Studentenproteste in den westlichen Ländern wie der BRD und Frankreich, gingen auch an mir als 15-jährigem Schüler nicht vorbei und weckten mein politisches Interesse. Verkrustete Strukturen und der ‚Mief von tausend Jahren‘ lösten sich auf und die Umbruchstimmung riss mich mit. Natürlich bemerkte ich dabei auch, dass die Entwicklungen in der Tschechoslowakei Anfang 1968 eine Änderung bestehender Verhältnisse im Ostblock auslösen könnten, und ich verfolgte neben anderem auch die Sendungen von Radio Prag vorwiegend an den Abenden auf Mittelwelle. Ein Kurzwellenradio besaß ich zu dieser Zeit noch nicht. Da ich mich zuvor schon einige Zeit mit Rundfunkfernempfang befasst hatte und mich dieses Hobby (bis heute) fasziniert, war es kein Problem für mich, die Frequenz 1286 kHz zu finden und einzuschalten.“

Das habe er auch an jenem schicksalshaften Tag getan, berichtet Heinz Schulz weiter:

„Am 21. August 1968, ich hatte Ferien, schaltete ich morgens das Radio an und nahm staunend wahr, dass das gewöhnliche Frühprogramm mit leichter Musik hektischen Reportagen, Telefonberichten und so weiter gewichen war. Fassungslos nahm ich zur Kenntnis, dass Panzer der ‚sozialistischen Bruderstaaten‘ gerade das zarte Pflänzchen Demokratie in der Tschechoslowakei niederwalzten. In den Mittagsstunden war ich in der Stadt unterwegs, und an jeder Ecke gab es Sonderausgaben der örtlichen Tageszeitungen, die ich natürlich kaufte. Am Abend streifte ich wieder am Radio durch das MW-Band und stellte fest, dass die MW 1286 kHz schwieg, wie fast alle Stationen in dem okkupierten Land. Stattdessen waren hektisch gesprochene deutsche Beiträge über 1232 kHz (eigentlich Bratislava) zu hören. Später kamen Gerüchte auf, dass diese Ausstrahlung aus einem Nachbarland der Tschechoslowakei stammen sollte. Genaues weiß ich hierüber leider nicht mehr. Wenige Tage später liefen die Fremdsprachenprogramme aus Prag wieder wie gewohnt, und die ‚neue‘ Linie der fortan Regierenden setzte sich mehr und mehr in den Beiträgen und Meldungen durch.“

Im August 1968 begannen mehrere, bis dahin unbekannte Sender auszustrahlen, die von den Okkupanten betrieben wurden. Wahrscheinlich hat unser Hörer eines dieser Programme empfangen. Am bekanntesten von diesen war der Sender Vltava, der aus der damaligen DDR Sendungen auf Tschechisch und Slowakisch brachte und die Okkupation unterstützte. Diese selbst ernannte „sozialistische Stimme der Wahrheit“ sendete auf der Frequenz 1430 kHz und blieb bis Februar 1969 in Betrieb. Am Anfang kämpfte der Sender mit einem Mangel an tschechischen Muttersprachlern, und viele Nachrichten und Berichte wurden mit einem starken deutschen Akzent gelesen. Innerhalb eines Monats stabilisierte sich dann die Redaktion und hatte in ihrer Blütezeit bis zu 100 Mitglieder.

Und das war’s für heute. Schreiben Sie uns bitte weiter! Unsere Adresse lautet: Radio Prag International – Deutschsprachige Redaktion, Vinohradská 12, 120 99 Prag 2, Tschechische Republik. Oder Sie schicken eine E-Mail an: [email protected].

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