Rundtischdebatte im Tschechischen Fernsehen
Im Zusammenhang mit den Ereignissen in und um Afghanistan hat das Tschechische Fernsehen am Samstagabend sein geplantes Programm flexibel durch eine mehrstündige live-Diskussion ersetzt. Mehr erfahren sie jetzt von Jitka Mladkova.
Weltpolitisches Geschehen, Kampf gegen den internationalen Terrorismus und dessen Bedeutung für die Tschechische Republik - so lassen sich wohl die Hauptschlagworte der Diskussion zusammenfassen, zu der im Laufe des Abends diverse Gäste eingeladen wurden - Politiker, Arabistik- bzw. Islam-Experten und Journalisten. Unter den ersten Diskussionsteilnehmern war auch der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Vaclav Klaus. Die Kraftanwendung sei immer eine traurige Sache, in diesem Fall sei sie jedoch völlig am Platze, sagte er in seinem einleitenden Statement. Wie bereits Vaclav Havel und andere tschechische Spitzenpolitiker warnte auch er vor einer möglichen Verwechslung verschiedener Begriffe bei der Einschätzung der aktuellen Situation:
"Am Freitag habe ich eine Delegation arabischer Vertreter emfangen, die Botschafter von Palästina, Ägypten und Algerien, und die kamen als Vertreter der arabischen Welt hierzulande. Ich habe ihnen versichert, dass wir das Wort Terrorismus keineswegs mit der arabischen Welt verbinden, auch nicht mit dem Islam. Ich möchte nachdrücklich davor warnen, sich bei uns solcher "Abkürzungen" zu bedienen. Dies wäre ein großer Fehler und und kein gutes Zeichen für die Reife unserer Nation."
Eine der Fragen, die in der Fernsehdebatte aufgeworfen wurde, bezog sich auf die auch in Tschechien nach dem 11. September erwogene Möglichkeit, die Kompetenzen der Nachrichtendienste zu erweitern. Eine kontroverse Frage und Vaclav Klaus lehnte es ab, zur Stunde über diese zu diskutieren:
"Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Operationen in Afghanistan erst vor zwei Stunden angelaufen sind, haben wir keine Zeit, detailliert über eine technische Lösung dieser Frage zu diskutieren. Ich glaube, wir müssen sehr darauf aufpassen, dass das aktuelle Geschehen nicht als Grund dafür dient, die elementaren Menschenrechte zu beschneiden und den Nachrichtendiensten, auch bei uns, noch mehr Kompetenzen im Bereich ihrer möglichen Eingriffe in die Aktivitäten freier Menschen zu übertragen. Dies ist ein Thema, zu dem ich mich heute gar nicht äußern will. Das Gebot der Stunde ist es, die aktuelle Situation zu analysieren und über mögliche Hilfeleistungen von Seiten der Tschechischen Republik nachzudenken, und auf der anderen Seite die Öffentlichkeit zu beruhigen."
Auf die Frage, warum es möglich war, dass die zeitgenössischen Machthaber in Afghanistan über so viele Waffen verfügen, sagte Klaus:
"Das war die Folge einer gewissen Phase des Kalten Krieges und eine Folge des Angriffs der Sowjetunion auf Afghanistan, und so hat sich die damalige geteilte Welt logischerweise so verhalten, wie sie sich verhalten hat. Deshalb kamen Waffen nach Afghanistan, die - meiner Meinung nach - normalerweise in dieses Land gar nicht hätten gelangen können. So gesehen wollen wir hoffen, dass es sich jetzt nicht um eine wiederholbare Situation handelt. Heute leben wir in einer völlig anderen Welt, nicht aber einer wesentlich sichereren oder weniger fragilen. Ich glaube, alles, was sich nach dem 11.September abspielt, bewegt die Welt wenigstens dazu, über all die Dinge nachzudenken. Diese Welt lebte in einer Art Nirvana, Selbstzufriedenheit darüber, dass es keine Gefahr gebe. Jetzt ist die Welt erwacht. Der Begleiteffekt in diesem Zusammenhang ist, denke ich , sehr positiv."