„Schindlerfabrik“ wird entgiftet – Gedenkstätte in weiter Ferne
1944 verlagerte der Industrielle Oskar Schindler seine Munitionsfabrik samt Belegschaft aus Krakau in das Dorf Brněnec / Brünnlitz in Mähren. Damit rettete er etwa 1200 jüdischen KZ-Häftlingen das Leben. Heute ist das Gelände, auf dem die Häftlinge ihre Befreiung erlebten, in einem katastrophalen Zustand. Seit Jahren sind die Besitzverhältnisse ungeklärt, zu allem Überfluss befinden sich auf dem Fabrikgelände auch noch giftige Industrieabfälle. Das Umweltministerium will nun die Rückstände entfernen lassen. Eine Gedenkstätte für das einstige KZ-Außenlager scheint aber in weiter Ferne. Mehr zum Stand der Dinge nun von Bürgermeister Blahoslav Kašpar.
„Das schmerzt uns sehr, vor allem wenn wir die Situation mit Krakau vergleichen, von wo die Häftlinge einst nach Brněnec transportiert wurden. Dort haben sie diesen Prozess schon hinter sich, es gibt Gebäude, ein arbeitendes Museum. Und wenn die Besucher in Polen nach Brněnec fragen, dann sehen sie dort bislang nur Fotografien von der Fabrik. Doch wir haben hier nichts, woran man anknüpfen könnte. Manchmal melden sich jedoch besonders interessierte Besucher bei uns. Soweit es möglich ist und die Verwalter dem zustimmen, zeigen wir ihnen die Objekte, die heute verlassen und verwüstet sind.“
Bis vor einigen Jahren wurden auf dem Gelände noch Textilien produziert, (das Werk war einer der größten Arbeitgeber der Region. Wie konnte es überhaupt passieren, dass dieses Gelände derart verwüstet wurde?„Als ich Bürgermeister geworden bin, war die Fabrik schon stillgelegt. In mehreren Privatisierungswellen hatten die Eigentümer gewechselt, und der letzte wollte einen Teil der Gebäude, die in schlechtem Zustand waren, abreißen. Den größeren Teil wollte er renovieren und die Produktion wieder aufnehmen. Das ist aber nicht passiert. Der Besitzer hat nur abgerissen, und zwar mit dem Ziel, Gewinn herauszuschlagen. Er hat Eisen verkauft, Maschinen, das Gebälk. Nur der Schutt blieb liegen. Seit zwei, drei Jahren laufen nun Gerichtsverhandlungen zur Klärung der Besitzverhältnisse.“
Außerdem befinden sich auf dem Gelände giftige Industrieabfälle aus der Zeit der Textilproduktion, für die sich lange keiner zuständig fühlte. Nun hat das Umweltministerium ein Projekt gestartet, um wenigstens die akute Gefahr zu beseitigen. Wie genau wird das ablaufen?„Geplant sind zwei Etappen und die erste soll nun umgehend beginnen. Doch ´umgehend´, das kann auch noch einige Monate bedeuten. Es hängt noch davon ab, welche Firma nun die Ausschreibung gewinnt. Die giftigsten Rückstände sollen aber so schnell wie möglich entfernt werden. In einer weiteren Phase folgt danach der Abtransport von weiteren umweltschädlichen Rückständen. Das wird dann möglicherweise mehrere Monate bis hin zu einem Jahr in Anspruch nehmen.“
Die Gemeinde hatte ja bereits vor Jahren geplant, vor Ort eine Gedenkstätte einzurichten. Wo genau sollte sie ihren Platz finden und wie sollte sie aussehen?„Auf diesem Areal, das etwa elf Hektar hat und damit sehr groß ist, gehört uns lediglich ein einziges, relativ kleines Gebäude. Es befindet sich am Rand des Geländes, zur Zeit des KZ-Außenlagers hat dort kurzzeitig auch Schindlers Familie gelebt. Wir haben schon 2002/2003 einen Plan verabschiedet, der vorsieht, dort und in zwei weiteren Gebäuden eine Gedenkstätte für die Opfer der Kriegsgräuel in Brněnec einzurichten. Dafür wurde auch ein Konzept und eine Machbarkeitsstudie ausgearbeitet. Leider können wir aber mit der Realisierung und mit der Einwerbung von finanziellen Fördermitteln nicht fortfahren, solange die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt sind.“
Oskar Schindler ist heute weltberühmt, vor allem auch wegen Steven Spielbergs Film. Es scheint allerdings, dass dieser Ruhm dem historischen Ort in Brněnec wenig bis gar nichts genützt hat, oder?„Das stimmt. Dem amerikanischen Film stehe ich, was die historischen Tatsachen angeht, eher reserviert gegenüber. Der künstlerische Eindruck ist etwas anderes, auch die Umsetzung dieser interessanten Thematik. Es ist aber nicht so, dass der Film tatsächlich im Ganzen den historischen Quellen folgt. Die Drehorte sind nicht authentisch, obwohl es auch möglich gewesen wäre, hier am Originalschauplatz zu drehen. Doch dazu ist es nicht gekommen.“