Schlaflose Nacht – beim Komiksfest 2014

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Zum neunten Mal trafen sich Anfang November Künstler aus aller Welt beim Prager Komiksfest. Das Motto lautete in diesem Jahr „Komiks unlimited“. Die Ausstellungen, Performances und Workshops sollten gezielt landläufige Vorstellungen von der gezeichneten Bildergeschichte mit Texten in Sprechblasen durchbrechen. Auch die Schweizer Künstlerin Johanna Schaible versteht sich nicht als klassische Comiczeichnerin. Gemeinsam mit Dimitra Charamandra erzählt sie in ihrer aktuellen Ausstellung in Prag eine Geschichte von der Nacht.

Johanna Schaible,  Dimitra Charamanda,  'Nuit Blanche'  (Foto: Offizielle Web-Seite KomiksFEST)
Johanna Schaible kam für das Komiksfest zum ersten Mal nach Prag. Am vergangenen Mittwoch eröffnete die 30-Jährige eine Ausstellung im Neustädter Rathaus. Johanna Schaible:

„Was ich in Prag zeige, ist eine Zusammenarbeit mit Dimitra Charamandra. Doch am Anfang haben wir das gar nicht als Comic betrachtet. Unser Projekt spielt vielleicht mit Bildern und dem Erzählen eines Textes. Doch bei uns läuft es nicht wie im Comic eins und eins zusammen. Wir trennen Bild und Text immer noch.“

Johanna Schaible und Dimitra Charamandra haben beide in Luzern studiert, und zwar Illustration an der Hochschule für Design und Kunst. Das Projekt, das sie nun in Prag ausstellen, war für beide die erste Zusammenarbeit. Wie haben sie sich ihrem Thema angenähert?

„Wir haben damit begonnen, uns mit dem Thema der Gegensätze zu arbeiten und haben sowohl in Texten als auch in Bildern Gegensätze wie negativ-positiv, hell-dunkel, figürlich-abstrakt gesammelt. Aus diesem Fundus haben wir dann eine Bildsprache entwickelt.“

Johanna Schaible,  Dimitra Charamanda,  'Nuit Blanche'  (Foto: Offizielle Web-Seite von Johanna Schaible)
Die Ausstellung im Neustädter Rathaus basiert auf einem Buch, das Johanna Schaible und Dimitra Charamandra im vergangenen Jahr veröffentlicht haben. Erst nach der Phase des Sammelns und Ordnens legten sie sich auf das Thema fest:

„Aus diesem Fundus hat sich das Thema ergeben. Zwei, drei Wochen später sind wir auf ein Wort gestoßen, das wir ganz am Anfang aufgeschrieben hatten – das war ‚nuit blanche‘ – das bedeutet schlaflose Nacht. Es geht um den Zustand, wenn man die Nacht durchmacht oder nicht schlafen kann. Das ist zum Thema unseres Büchleins geworden. In der Nacht kann die Zeit sehr dehnbar werden.“

Es wird dunkel, die Kontraste werden stärker und die Wahrnehmung intensiver. Die Bilder zeigen Menschen der Nacht. Sie sind jung, und sie nutzen die verlangsamte Zeit. Sie tragen Dinge umher, scheinen beschäftigt. Doch was genau sie tun, wird aus den Bildern nicht ersichtlich.

Johanna Schaible,  Dimitra Charamanda,  'Nuit Blanche'  (Foto: Offizielle Web-Seite von Johanna Schaible)
„Es lässt sehr viel Raum für Interpretationen – und wir wollten nie erklärend sein oder dem Betrachter einen eindeutigen Sinn vorgeben. Jeder kann seine eigene schlaflose Nacht in diesem Buch lesen.“

Erzählen in Bildern, so beschreibt Johanna Schaible ihre Arbeit. Und auch der Entstehungsprozess wird zu einem Teil der Ausstellung im Neustädter Rathaus.

„Wir zeigen zwei Bestandteile in dieser Ausstellung. Zum einen ist es eine Sammlung von Fragmenten aus dieser Phase, in der wir einfach vorbereitend gesammelt haben. Und zum zweiten sieht man Doppelseiten aus der Publikation. Und man erkennt eigentlich dadurch, wie wir gearbeitet haben, dass wir verschiedene Fragmente und Elemente zusammengenommen und in diesem Buch neu zusammengestellt haben. Es ist also eine Mischung aus Collage, Malerei, Zeichnung und sehr vielschichtig in der Technik.“

Die Ausstellung „Nuit Blanche“ von Johanna Schaible und Dimitra Charamandra ist im Neustädter Rathaus / Novoměstska radnice in Prag noch bis zum 11. November zu sehen.

Autor: Annette Kraus
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