Sechzehn und wütend: „Tage des Europäischen Films“ starten mit deutschem Streifen
Seit vergangenen Donnerstag laufen in Prag die „Tage des Europäischen Films“. Mit dem deutschen Spielfilm „Wir sind jung, wir sind stark“ ist das Festival eröffnet worden.
Die Jugendclique im Film ist von der großen Arbeitslosigkeit der 1990er Jahre betroffen. Da sie sich keine Drogen leisten können, ertränken die Teenager ihre Perspektivlosigkeit in Dosenbier. Immer im Widerstand gegen die Generation ihrer Eltern versuchen sie ihrem Ärger Luft zu machen. Am 25. August entlädt sich die Wut endgültig, als sie zusammen mit hunderten anderen Bewohnern Rostocks ein Asylbewerberheim in Lichtenhagen zerstören.
Brandsätze und Steine fliegen. Ein Imbissbudenbesitzer verkauft seelenruhig Würstchen an die Randalierer. Das Versagen der Polizei wird schonungslos dargestellt, ebenso die Todesangst in den Gesichtern der vietnamesischen Flüchtlinge. Der erst 34-jährige Regisseur hat sich dabei eines besonderen Stilmittels bedient. Sein Film beginnt in Schwarz-Weiß-Tönen und endet in Farbe.„Schwarz-Weiß historisiert, es abstrahiert. Der Zuschauer kann eine Distanz aufbauen zu dem, was er sieht. Wir wollten den Zuschauer in so einer Sicherheit belassen, um ihn dann ab einem gewissen Punkt zu packen und aus der Vergangenheit, aus der Distanz ins Hier und Jetzt zu ziehen. Und wir wollten ihm klar machen: Das sind zwar Ereignisse, die irgendwann einmal vor 20 Jahren stattgefunden haben, aber zu denen wir immer noch fähig sind und die wirklich passiert sind“, so Qurbani.
Zdeněk Blaha ist Programmchef der „Tage des Europäischen Films“. Im Anschluss an die Vorführung moderierte er die Diskussionsrunde mit dem Regisseur. Er hatte keine Angst davor, dass die tschechischen Zuschauer die Deutschen nach dem Film pauschal als Nazis abstempeln.„Das Publikum war sehr offen, sie kamen, weil das Thema sie interessiert hat und auch das Problem an sich. Sie wollten sich damit auseinandersetzen. Die Debatte nach dem Film hat das widergespiegelt. Alle haben nach der heutigen Lage in Deutschland gefragt, es gab auch Fragen nach Beispielen in Tschechien. Die tschechischen Zuschauer haben das Problem definitiv im europäischen Kontext wahrgenommen und nicht mit Bezug auf nur ein Land.“
Gerade dieser universellen Gültigkeit wegen hat Zdeněk Blaha das Festival mit „Wir sind jung. Wir sind stark“ eröffnet.
„Vor kurzem gab es in Deutschland die Proteste der Pegida gegen den Islam, bei uns gibt es eine ähnliche Bewegung namens ‚Wir wollen keine Islam in der Tschechischen Republik‘. Es reicht, nach Ungarn zu schauen, wo es vor ein paar Jahren rassistisch motivierte Überfälle auf Roma-Wohnsiedlungen gab. Dieses Problem gibt es in ganz Europa, und es ist nötig, darauf aufmerksam zu machen und es aus der Welt zu schaffen“, so Blaha.Die „Tage des europäischen Films“ laufen noch bis zum 26. April. Alle Filme werden in Originalsprache gezeigt.
Der nächste deutschsprachige Film im Programm ist der Western „Das finstere Tal“. Der Film läuft am 16. April um 20.45 Uhr im Prager Kino Lucerna.