Sensibles Thema: Tschechische Spitzenpolitiker berieten über Restitutionsfragen

Tschechische Spitzenpolitiker: Lubomir Zaoralek (li.),  Vladimir Spidla, Vaclav Klaus, Petr Pithart, Foto: CTK

Bereits zum zweiten Mal binnen weniger Tage haben sich tschechische Spitzenpolitiker getroffen, um einen Konsens hinsichtlich des Umgangs mit der jüngsten Vergangenheit zu bestätigen und zu demonstrieren. Grund für diese Aktivitäten ist eine Klagewelle des in Argentinien lebenden Frantisek Oldrich Kinsky. Der Nachkomme des gleichnamigen Adelshauses will Immobilien und Grundstücke im Wert von etwa 1,3 Mrd.

Tschechische Spitzenpolitiker: Lubomir Zaoralek  (li.),   Vladimir Spidla,  Vaclav Klaus,  Petr Pithart,  Foto: CTK
Bereits zum zweiten Mal binnen weniger Tage haben sich tschechische Spitzenpolitiker getroffen, um einen Konsens hinsichtlich des Umgangs mit der jüngsten Vergangenheit zu bestätigen und zu demonstrieren. Grund für diese Aktivitäten ist eine Klagewelle des in Argentinien lebenden Frantisek Oldrich Kinsky. Der Nachkomme des gleichnamigen Adelshauses will Immobilien und Grundstücke im Wert von etwa 1,3 Mrd. Euro zurückbekommen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund der sog. Benes-Dekrete konfisziert worden waren. Nachdem Premierminister Vladimir Spidla am Freitag letzter Woche die Vorsitzenden der Parlamentsparteien zu sich geladen hatte, um sich mit diesen auf ein einheitliches Vorgehen in Restitutionsfragen zu einigen, kamen am Mittwochabend aus demselben Grund Regierungschef Vladimir Spidla und die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern, Lubomir Zaoralek und Petr Pithart auf Einladung von Präsident Vaclav Klaus auf der Prager Burg zusammen. Nach dem Treffen wurde eine gemeinsame Erklärung herausgegeben, die die vier Spitzenpolitiker zunächst nicht weiter kommentieren wollten. Das Kommunique trug Vaclav Klaus vor, und es hieß darin u.a.:

"Die Teilnehmer des Treffens haben sich darauf geeinigt, dass der im Laufe der 90er Jahre erreichte gesellschaftliche und politische Konsens, bezogen auf die Bewältigung der totalitären Vergangenheit der Zeitspannen 1938-1945 und 1948-1989 wie auch auf den Umgang mit der in dieser Zeit begangenen Ungerechtigkeit und dem Unrecht nach wie vor gültig ist. Diesen Konsens betrachten wir als außerordentlich sensibel, und wir halten es für unerwünscht, diesen zu ändern."

Die Teilnehmer der Gesprächsrunde - so der tschechische Präsident weiter - hielten es übereinstimmend für notwendig, dass die Repräsentanten des tschechischen Staates in diesen Fragen einig seien - dies sowohl nach außen hin als auch nach innen. Die einzelnen Politiker sollten auch nicht ihre Einzelinteressen über die des Staates stellen, sagte Klaus.

Von den eingereichten Klagen hat der Adlige Kinsky bereits einige gewonnen. Diese Urteile könnten, wie viele tschechische Politiker befürchten, als "Bruch der Benes-Dekrete" gedeutet werden. In diesem Zusammenhang sagte jedoch der Abgeordnetenchef Lubomir Zaoralek am Donnerstagmorgen in einem Interview mit dem Tschechischen Rundfunk:

"Die Dekrete des Präsidenten der Republik stehen derzeit nicht im Mittelpunkt der Debatte. Was ich jetzt für wichtig halte, ist ein klarer Konsens in der politischen Szene."

Den Zweck der Treffen sieht Zaoralek darin, dass niemand die Situation missbrauche und dabei zu eigenen Lösungen käme, die der Tschechischen Republik möglicherweise Schaden zufügen könnten. Anders gesagt, man will verhindern, aus dem kontroversen Thema ein Instrument des innenpolitischen Kampfes zu machen.

Soweit also der Standpunkt der Politiker. Diese erwarten nun eine einheitliche Stellungnahme der höchsten gerichtlichen Instanz, nämlich des Obersten Gerichts, zur Rückerstattung des einst vom Staat konfiszierten Vermögens unter Berücksichtigung der gesetzlich verankerten Zeitgrenze. Diese bildet der 25. Februar 1948, der Tag der kommunistischen Machtergreifung in der Tschechoslowakei.