SERIE: Meinungen tschechischer Persönlichkeiten zum Irak-Krieg
Die US-Amerikaner sind in Bagdad einmarschiert, der irakische Botschafter bei der UNO gestand nach der Besetzung der Stadt am Tigris ein: "Das Spiel ist aus!" Doch die Diskussionen über Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit des Krieges, seine Ergebnisse und Folgen gehen nun erst recht weiter. In unserer heute beginnenden Serie wollen wir uns gerade mit dieser Thematik etwas näher auseinander setzen und dazu in den kommenden Tagen gestandene Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens in Tschechien zu Wort kommen lassen. Den Auftakt macht der tschechische Kriegsveteran aus dem ersten Golfkrieg, der heutige Unternehmer Frantisek Janda. Lothar Martin hat mit ihm gesprochen.
Janda: Internationale Gemeinschaft hatte Pflicht im Irak einzuschreiten
Als ehemaliger Soldat der tschechischen Anti-ABC-Waffen-Einheit, die vor zwölf Jahren im ersten Golfkrieg auch mit den Massenvernichtungswaffen des Saddam Hussein in Berührung gekommen sei, habe er sich schon gewundert, so Janda, wie oberflächlich sich so mancher der Kriegsgegner mit dem militärischen Konflikt im Irak auseinander gesetzt habe: "Wissen Sie, hier hört man oft die unglaublich verfälschten Meinungen, dass es bei diesem Krieg nur um das Erdöl gehe usw. Hier geht es überhaupt nicht ums Öl, hier geht es darum, dass die Kinder sicher zur Schule gelangen können, darum, dass nicht wieder irgendein Wahnsinniger in einen Autobus in Haifa steigt, 50 kg Sprengstoff am Körper trägt, um sich schießt und sich dann in die Luft sprengt, wodurch zehn Kinder getötet und viele weitere verletzt werden. Kinder, die zur Uni zu einer Vorlesung fahren. Und die Familie des Selbstmordattentäters bekommt 25.000 Dollar aus dem Irak... Diesen Dingen Einhalt zu gebieten, darum geht es."Und sozusagen als Bekräftigung seiner Darstellung legte Janda mir gleich noch diese Aussage nach: "Und es ist völlig irrelevant, dass auf die UN-Resolution 1441 keine weitere Resolution gefolgt ist. Denn diese Resolution ist völlig offensichtlich verletzt und nicht befolgt worden, und zwar hat der Irak langfristig den internationalen Konvent und die internationalen Verträge verletzt sowie das internationale Recht ignoriert. Wie schone Madeleine Albright, die ehemalige US-Außenministerin während des Jugoslawien-Krieges sagte, so kann man bei Ländern, in denen dauerhaft die Menschen- und Bürgerrechte verletzt werden, nicht von souveränen Staaten sprechen. Die internationale Gemeinschaft hat daher die Pflicht, innerhalb dieser Länder einzuschreiten, und das ist meiner Meinung nach auch die Wahrheit."
Auf meine Frage, ob man denn den Konflikt in Jugoslawien mit dem im Irak überhaupt vergleichen könne und ob sich die "hehren Absichten" in einem Land des islamischen Glaubens nicht vielleicht viel eher ins Gegenteil verkehren könnten, antwortete mir Janda kleinlaut: "Ja leider, sie können es." Es sei wichtig, so Janda, den religiösen Kontext in diesem Krieg herauszuhalten, da es einzig und allein um die Entmachtung des gefährlichen Diktators Saddam Hussein gehe. Gleichzeitig räumte Janda aber ein: "Selbstverständlich kann es dazu kommen, dass das Ganze einen religiösen Kontext bekommt, und aus diesem Grund verwundert es mich auch überhaupt nicht, dass Frankreich und Deutschland gegen diesen Krieg sind. In Deutschland leben, wie ich hörte, immerhin rund acht Millionen Moslems - das sind acht Millionen potenzielle Explosionen. Das ist keine einfache Situation für Europa, das wegen seiner Liberalität so durchgemischt ist. Frankreich hat traditionelle Kolonien, das muslimische Algerien zum Beispiel, und zudem sehr viele muslimische Mitbürger, die sich klar und traditionell zum Islam bekennen. Deutschland ist in derselben Situation. Amerika wurde angegriffen, Australien ist weit weg vom Schuss, Großbritannien ist relativ separatistisch. Das sind Länder, die diese nationalen Gesichtspunkte nicht so akzentuieren müssen, aber im Falle von Deutschland kann ich das schon nachvollziehen und im Fall von Frankreich auch."
Die Schlacht um Bagdad ist geschlagen, aber werden die Iraker auch nachvollziehen können, warum die Amerikaner noch einige Zeit ihr Land verwalten wollen? Die unmittelbare Zukunft wird es uns zeigen.