Skisportler übernehmen Zepter der NHL-Cracks in Tschechien

Aufgrund des ziemlich milden Wetters merkt man kaum, dass laut Kalender eigentlich Winter ist. Dafür machen die Wintersportler umso mehr von sich reden. In Tschechien gibt es derzeit ein regelrechtes Kommen und Gehen unter ihnen. An diesem Wochenende kommen zahlreiche Top-Skilangläufer zum Weltcup-Skisprint nach Liberec, eine Woche später folgen ihnen die weltbesten Nachwuchsathleten im Nordischen Skisport. Ab dem 21. Januar tragen auch sie ihre Weltmeisterschaft in der Stadt unter dem Jeschken aus. Dafür zieht es jetzt einen beträchtlichen Teil der weltbesten Eishockeyspieler wieder von Europa zurück nach Nordamerika. In der dortigen Liga NHL wird nämlich in dieser Saison nun doch noch gespielt.

Wenn der Internationale Skisport-Verband (FIS) etliche Monate im Voraus die Termine für die folgende Weltcup-Saison vergibt, dann hoffen die jeweiligen Veranstalter inständig, dass sie zu diesem Termin auch prima Winterwetter haben werden. Ist das Gegenteil der Fall, gefährdet das schließlich unter Umständen auch die Durchführung des geplanten Wettkampfs. Auch im nordböhmischen Liberec / Reichenberg hat man wegen des eher herbstlichen Wetters bis zum Dreikönigstag gebangt, ob man die Weltcuprennen im Skisprint am 12. und 13. Januar wird ausrichten können. Am Montag aber gab dann der Organisationschef der beiden Renntage, Oto Linhart, Entwarnung:

Oto Linhart  (Foto: ČT Sport)
„Die Weltcuprennen sind nicht gefährdet. Wir haben im Dezember einen großen Vorrat an Kunstschnee produziert, als es zum Glück neun Tage lang richtig kalt war. Das Tauwetter, das über Weihnachten und Neujahr folgte, hat allerdings all unsere Erwartungen übertroffen. Es war ein wirklich langes, intensives Tauwetter mit viel Regen und Wind. Ein Großteil unseres Schnees ist dadurch weggeschmolzen. Nichtsdestotrotz können wir die Veranstaltung durchführen.“

Roman Kumpošt  (Foto: Archiv der Junioren-Weltmeisterschaft im Nordischen Skisport Liberec 2013)
Das klappt aus zwei Gründen. Zum einen braucht man für einen Skisprint keine allzu lange Strecke, und zum zweiten ist für die 800 Meter lange Loipe, die man präparieren muss, noch genügend Kunstschnee vorhanden. Dazu erklärte FIS-Vorstandsmitglied Roman Kumpošt:

„Der Kunstschnee kommt erst jetzt zur Geltung. Das heißt, erst in diesen Tagen präparieren wir die Strecke für die Weltcuprennen.“

Für die 800 Meter lange Loipe werden übrigens 50.000 Kubikmeter Kunstschnee benötigt. Dieser Schnee koste die Veranstalter zwar einige hunderttausend Kronen, doch das sei im Budget bereits eingeplant, versichert Oto Linhart. Außerdem sei es für die Wettkämpfer schöner, wenn die Zuschauer dank der kurzen Streckenführung enger zusammenrücken und die Sportler quasi auf jedem Meter anfeuern, sagte der tschechische Cheftrainer für den Skilanglauf, Čestmír Skrbek. Um möglichst viele Zuschauer anzulocken, haben die Veranstalter zudem noch einen besonderen Service vorbereitet. Am Samstag und Sonntag finden jeweils vormittags im nahe gelegenen Bedřichov auch die Wettbewerbe des traditionellen Isergebirgslaufes statt. Die Teilnehmer des Marathon-Skirennens haben jedoch die Möglichkeit, ab den Mittagsstunden auch beim Skisprint in Vesec dabei zu sein, verspricht Organisationschef Linhart:

Skisprint in Vesec  (Foto: ČT Sport)
„Für alle, die an denselben Tagen an den Rennen des Isergebirgslaufes teilnehmen, steht eine direkte Shuttlebus-Verbindung nach Vesec bereit.“

Die Veranstalter in Liberec hoffen also, dass ein Großteil der wieder über 5000 Teilnehmer des Isergebirgslaufes auch noch den Skisprint als Zuschauer verfolgen wird. Der Anreiz für sie besteht darin, dass sie neben dem kostenlosen Bustransport noch eine 30-prozentige Ermäßigung auf den Eintrittspreis erhalten. Das Tagesticket kostet umgerechnet 6 Euro, eine Familienkarte für zwei Erwachsene und zwei Kinder 10 Euro.

Völlig kostenlos dagegen ist der Besuch der Junioren-Weltmeisterschaft im Nordischen Skisport, die vom 21. bis 27. Januar in Liberec ausgetragen wird. Sie ist nach der WM der Senioren im Jahr 2009 und dem European Youth Olympic Winter Festival im Jahr 2011 bereits die dritte Wintersport-Großveranstaltung in der Jeschkenstadt. Auf den ersten Blick ist das eine gute Visitenkarte für die hiesige Kommune und die regionale Wirtschaft. Nach der WM 2009, die mit einem finanziellen Fiasko endete, herrschte aber große Unzufriedenheit unter den hier ansässigen Firmen. Viele von ihnen hatten auch etliche Monate später noch kein Geld erhalten für geleistete Dienste, einige von ihnen warten bis heute darauf. Trotzdem habe sich einiges zum Guten gewendet, so WM-Organisationschef Roman Kumpošt:

50-km-Isergebirgslauf  (Foto: Archiv ČRo 7)
„Seitdem sind vier Jahre vergangen. Einiges wird besser und kehrt in alte Bahnen zurück. Das sieht man schon daran, dass Institutionen wie der Stadtrat von Liberec oder die Verwaltung des Kreises Liberec wieder mit uns zusammenarbeiten, ebenso wie die Organisatoren des 50-km-Isergebirgslaufes. Auch der tschechische Skiverband hat neuen Elan geschöpft, und darüber bin ich froh.“

An dieser Stelle muss allerdings auch erwähnt werden, dass nicht Kumpošt und sein Team für den wirtschaftlichen Misserfolg der WM 2009 verantwortlich sind, sondern ein Organisationskomitee, das der ehemaligen Skilanglauf-Olympiasiegerin Kateřina Neumannová unterstellt war. Im Gegensatz zu den Senioren wird die Junioren-WM aber in einem wesentlich kostengünstigeren Rahmen ausgetragen. Und auch organisatorisch stellt sie die Veranstalter nicht vor die gleichen hohen Herausforderungen:

Dr.-Edvard-Beneš-Platz in Liberec  (Foto: CzechTourism)
„Ein sicher großer Unterschied besteht darin, dass es von der Junioren-WM keine TV-Direktübertragungen gibt. Das mediale Interesse ist jetzt wesentlich geringer, und auch der enorme Technikaufwand, der mit den TV-Übertragungen zusammenhängt, entfällt.“

Skisportfreunde, die als Zuschauer etwas von der WM hautnah miterleben wollen, sollten sich die feierliche Eröffnung auf dem zentralen Marktplatz in Liberec (náměstí Edvarda Beneše) am Abend des 21. Januar nicht entgehen lassen. Das wird ein kleines Spektakel, versprechen die Veranstalter.


NHL-Spieler sorgten für Glanz und Zuschauerboom in der Extraliga

Rytíři Kladno und Slavia Prag  (Foto: ČTK)
Rückblende. Am 19. September vergangenen Jahres standen sich in der Prager O2-Arena die Eishockey-Mannschaften von Rytíři Kladno und Slavia Prag zum Punktspiel in der Tipsport-Extraliga gegenüber. Es war die erste Begegnung der laufenden Saison in Tschechien, in der Spieler aus der National Hockey League (NHL) mitwirkten. Einer von ihnen war Superstar Jaromír Jágr. Nach dem Spiel sagte der Verteidiger des Clubs aus Kladno, Petr Macholda, über Jágr:

„Er ist einer der besten Spieler der NHL, und trotz seines Alters hat er immer noch einiges drauf. Von daher ist es ein Traum von mir als Eishockeyspier, mit ihm in einem Team zu spielen.“

Petr Macholda  (Foto: Archiv HC Rytíři Kladno)
Macholda, der einzige Eishockeyspieler mit deutschem Pass in der tschechischen Extraliga, hatte zum ersten Mal in seiner Karriere gemeinsam mit Jágr auf dem Eis gestanden. Möglich war das aufgrund des Lockouts in der NHL, der gerade begonnen hatte. Mehrere NHL-Cracks kamen deshalb nach Europa, um hier zu spielen. Unter ihnen auch Jaromír Jágr. Er lief seitdem für den mittelböhmischen Traditionsverein auf, an dem der Ausnahmespieler auch die Aktienmehrheit hält. Und mit ihm kamen nacheinander noch weitere 28 Spieler aus Nordamerika nach Tschechien. Dadurch wurde der Glanz in der heimischen Liga kräftig aufpoliert. Doch nicht nur das: Überall, wo die Mannschaft aus Kladno mit Jágr zu ihren Auswärtsspielen antrat, waren die Arenen ausverkauft, die Halle in Ostrava / Ostrau sogar schon mehrere Wochen im Voraus!

Dank Jágr und Co. erlebte die Extraliga einen regelrechten Boom, der aber nun zu Ende ist. Am vergangenen Sonntag konnten sich die beiden Streitparteien in der NHL – die Besitzer der 30 Ligaclubs und die Spielergewerkschaft (NHLPA) – endlich einigen. Sie unterzeichneten einen neuen Tarifvertrag, so dass die weltbeste Eishockeyliga bereits in der kommenden Woche ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen wird. Eine Nachricht, die auch den Goalie der Washington Capitals, Michal Neuwirth, erfreute, der während des Lockouts das Tor von Sparta Prag hütete:

Michal Neuwirth  (Foto: Archiv Washington Capitals)
„Ich hatte zwar erwartet, dass der neue Vertrag schon am Samstag unterschrieben wird, doch Gott sei Dank ist das dann am Sonntag geschehen. Ich schätze es sehr, dass mir Sparta die Chance gab, hier zu spielen, und ich bin zufrieden mit dem, was ich gezeigt habe. Jetzt aber interessiert mich nur noch, wann es in Nordamerika endlich losgeht.“

Das wird vermutlich am 19. Januar der Fall sein. Gegenwärtig reisen alle NHL-Profis wieder zurück nach Nordamerika. Am Sonntag, als die Extraliga ihren 37. Spieltag absolvierte, traten die meisten von ihnen schon nicht mehr zum jeweiligen Punktspiel an. Das Risiko, sich eventuell noch zu verletzen, sei zu groß, hieß es. Am Dienstag aber, als der 38. Spieltag auf dem Programm stand, war einer völlig überraschend noch einmal mit von der Partie: Jaromír Jágr. Allen ernst gemeinten Empfehlungen zum Trotz bestritt der Oldie sein saisonales Abschiedsspiel im eigenen Verein.

Jaromír Jágr  (Foto: ČTK)
„Ein Spiel zu bestreiten ist besser als jedes Training“, begründete der zweifache Stanley-Cup-Sieger seinen urplötzlichen Entschluss, nochmals in das Trikot der Ritter zu schlüpfen. Die Verletzungsmisere in der Mannschaft sowie ein Blick auf die Tabelle hätten ihm genügt für die Entscheidung, seinem Team ein weiteres Mal zu helfen. Und es zahlte sich aus: Am 3:2-Heimsieg über Litvínov hatte Jágr mit zwei Torvorlagen und als bester Mann des Spiels maßgeblichen Anteil. Danach aber relativierte er:

„Auch wenn wir verloren hätten, ich habe es getan, um mir später nicht vorhalten zu müssen, nicht das Maximum für meinen Club getan zu haben.“ Zum Dank für alles skandierten die Fans zum Abschied seinen Namen.

Autor: Lothar Martin
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