Sondergesetz über Verdienste von Präsident Edvard Benes
Ein Gesetz, das im Wortlaut kaum kürzer sein könnte, wurde am Dienstag im Abgeordnetenhaus gebilligt. "Edvard Benes hat sich um den Staat verdient gemacht." Mit diesem knapp formulierten Satz sollen die Verdienste des zweiten tschechoslowakischen Präsidenten gewürdigt werden. Der Abstimmung über das Sondergesetz ging eine heftige Debatte voraus. Mehr dazu im folgenden Bericht von Jitka Mladkova.
Zwei sozialdemokratische Abgeordnete gemeinsam mit einer kommunistischen Abgeordneten waren die Initiatoren des Gesetzes. Dementsprechend votierten die Mehrheit der Sozialdemokraten (CSSD) dafür und bis auf eine Ausnahme die gesamte Fraktion der Kommunisten (KSCM) sowie ein Teil der Bürgerdemokraten (ODS). Die Christdemokraten (KDU-CSL) und die Freiheitsunion (US) sowie der Rest der ODS-Fraktion stimmten dagegen. Der Gesetzentwurf hatte eine stürmische Debatte um die Vergangenheit ausgelöst, die dann eine trennende Linie quer durch die Parteienlandschaft zog.
Die Position der Christdemokraten verlautbarte stellvertretend Außenminister Cyril Svoboda: Benes habe sich um den Staat verdient gemacht. Das Gesetz selbst erwecke allerdings den Eindruck, dass das Abgeordnetenhaus daran zweifle. Der KSCM-Abgeordnete Miloslav Ransdorf konterte mit dem Argument, man müsse reagieren, wenn jenseits der Grenze Stimmen zu hören seien, die Benes als einen der größten Massenmörder abstempeln. Der Schlagabtausch ging dann weiter, indem Svoboda seinen politischen Gegner Ransdorf stellvertretend für alle Kommunisten aufrief, sich dafür zu entschuldigen, wie sie in der Zeit des totalitären Regimes über Benes zu sprechen pflegten. In die emotionsgeladene Diskussion griff u.a. auch der Chef der Freiheitsunionisten, Karel Kühnl, ein. Direkt aus dem Abgeordnetenhaus erläuterte er gegenüber Radio Prag, warum seine Partei dagegen stimmte:
"Weil wir solche deklaratorischen Gesetze nicht für angebracht halten und weil dieses Gesetz außerdem dafür bestimmt war, die Emotionen, die zwischen den Nationen noch bestehen, weiter aufzuschaukeln und nicht zu glätten. Wir glauben, dass Präsident Benes eine historische Figur ist, deren Verdienste um die tschechische Staatlichkeit groß sind, aber sein Name ist auch mit zweifacher Kapitulation vor totalitären Regimes verbunden. Also, wir haben dagegen gestimmt, und sind unglücklich, dass dieses Gesetz verabschiedet worden ist."
Edvard Benes erweist sich, wie ersichtlich, nach wie vor nicht nur im Ausland, sondern auch in Tschechien selbst als eine kontroverse Persönlichkeit. Viele seiner Opponenten räumen zwar ein, dass Benes ein bedeutender und großer Staatsmann war, zugleich aber auch eine komplizierte und widerspruchsvolle Persönlichkeit. Einige Abgeordnete äußerten bereits viel früher ihre Vorbehalte vor allem in Bezug auf Benes´s Vorgehen in der Zeit der so genannten Münchner Krise im Herbst 1938, dass ihrer Meinung nach die Besetzung der Grenzgebiete durch Nazi-Deutschland herbeigeführt hatte. Nicht selten wird auch auf die Ereignisse um den kommunistischen Putsch am 25. Februar 1948 verwiesen, der nach Auffassung der Benes-Gegner eben durch sein Handeln herbeigeführt werden konnte. Übrigens, so oder ähnlich haben zahlreiche Politiker der nichtkommunistischen Parteien im Prinzip schon vor 56 Jahren argumentiert. Warum diese Meinung so verbreitet war, fragten wir u.a. auch aus Anlass des an diesem 25. Februar wiederkehrenden berühmt berüchtigten Jubiläums, den Historiker Frantisek Hanzlik:
"Man lebte in der Illusion, dass der Präsident faktisch alles kann, aber laut Verfassung und anderer gültiger Gesetze konnte er - aus diesem Blickwinkel betrachtet - fast nichts."