Sozialdemokraten im Wechselbad: Ohrfeige bei Vertrauensfrage, Triumph bei Verfassungsklage

Petr Nečas (Foto: ČTK)

Ostern ist vorbei, und vorbei war es am Dienstag auch mit der politischen Ruhe im tschechischen Abgeordnetenhaus. Die Regierung Nečas musste – initiiert von den Sozialdemokraten – ein Misstrauensvotum über sich ergehen lassen. Das wenig überraschende Ergebnis: Die Dreierkoalition der Parteien ODS, Top 09 und der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten (VV) setzt ihre Regierungsarbeit fort, wenn auch ohne große Illusionen.

Regierungskoalition im Abgeordnetenhaus  (Foto: ČTK)
Die jüngste Korruptionsaffäre um die VV-Partei, ihren Vize-Chef Bárta und dessen Sicherheitsagentur ABL hatte die Koalition in eine tiefe Krise gestürzt. In der Folge wurden das Verkehrs- und das Innenministerium umbesetzt. Vizepremier Radek John und Schulminister Josef Dobeš aber werden weiter im Kabinett geduldet, auch wenn den beiden VV-Politikern Verbindungen zur umstrittenen Agentur ABL nachgesagt werden. Ein ziemlicher Zick-Zack-Kurs der Regierung, die nicht mehr wisse, was sie wolle und wofür sie stehe, kritisierte die Opposition. Das Misstrauensvotum der Sozialdemokraten aber wurde nur von den Kommunisten und drei abtrünnigen Abgeordneten der VV-Partei unterstützt – zu wenig für einen Erfolg. Trotzdem fand Sozialdemokratenchef Bohuslav Sobotka klare Worte:

Sozialdemokraten  (Foto: ČTK)
„Diese Regierung hat auf keinen Fall unser Vertrauen. Heute hat sie zwar formell das Vertrauen im Abgeordnetenhaus erhalten, aber ich bin überzeugt davon, dass sie es in der Öffentlichkeit nicht hat. Die Regierung hat ihren moralischen Kredit verspielt, um das Land weiter zu regieren. Und sie hat auch den moralischen Kredit verspielt, um die Reformen durchzusetzen.“

Petr Skokan
Um ihre Reformen durchzubringen, muss die Regierung allerdings geschlossen auftreten. Doch da sind Zweifel weiter angebracht. Vor der Vertrauensfrage hatte Premier Nečas bereits angekündigt, bis Ende Juni weitere personelle Veränderungen in seinem Kabinett vornehmen zu wollen. Und der kleinste Juniorpartner der Koalition, die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, hat durchblicken lassen, der ODS und der Partei TOP 09 jetzt noch mehr auf die Finger schauen zu wollen. Ihr Abgeordneter Petr Skokan formulierte es so:

„Wir sind in die Wahlen und in diese Regierung mit eigenen programmatischen Zielen gegangen, die sich mit den Zielen der Koalitionspartner durchaus überschneiden. Falls sich aber unsere Partnerschaft als nicht echt erweisen oder die Ziele nicht eingehalten werden sollten, dann werden wir diese Koalition ganz bestimmt nicht fortsetzen.“

Petr Nečas und Vít Bárta  (Foto: ČTK)
Premier Nečas hingegen zeigte sich erst einmal erleichtert über das Votum der Abgeordneten:

„Ich bin froh, dass sich die Vertreter der Regierungskoalition verantwortungsbewusst gezeigt und die Absprachen eingehalten haben. Vor allem aber war ich erfreut von den Statements aller Koalitionspolitiker, weil sie die Notwendigkeit von Reformen immer wieder betont haben. Das heißt auch, dass das weitere Bestehen dieser Regierung auf der Durchführung der Reformen basiert, und nicht darauf, dass diese Regierung nur in ihren Ämtern sitzt.“

Bohuslav Sobotka und Pavel Rychetský am Verfassungsgericht  (Foto: ČTK)
Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum aber sind es jetzt erst recht die von der Regierung geplanten Reformen, denen die Sozialdemokraten den Kampf ansagen. ČSSD-Chef Sobotka:

„Die Reformen, die die Regierung immer wieder beschwört und als hauptsächliches Bindeglied ihrer Koalition darstellt, betrachten wir als falsch und ungerecht. Deshalb werden wir als Sozialdemokraten in den nächsten Monaten alles dafür tun, dass diese ungerechten Reformen nicht durchgeführt werden.“

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
Auf diesem Terrain haben die Sozialdemokraten am Mittwoch wieder einen Teilerfolg erzielt. Das Verfassungsgericht gab ihrer Klage gegen eine 50-prozentige Besteuerung der staatlichen Bausparzulagen statt. Aufgehoben wurde ebenso die rückwirkende Reduzierung der Zulagen unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Damit bleibt für rund fünf Millionen Tschechen die staatliche Förderung im Bausparen mit sofortiger Wirkung in der ursprünglichen Höhe erhalten. Finanzminister Miroslav Kalousek reagierte auf dieses Urteil nur leicht gereizt:

„Das bedeutet natürlich auch, dass dem Staatshalthalt jetzt rund sechs Milliarden Kronen an Einnahmen fehlen werden. Daher werden wir auch sechs Milliarden weniger ausgeben, was einige spüren werden.“