Sozialdemokraten suchen Weg für Rückkehr in die Erfolgsspur

Foto: Offizielle Facebook-Seite der Sozialdemokraten

Die jüngsten zwei Wahlen in Tschechien – die Wahlen in den Kreisen (regionale Verwaltungseinheiten) und die Ergänzungswahl zum Senat – waren bereits ein Vorgeschmack auf 2017. Sie werden als Generalprobe für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus im kommenden Jahr wahrgenommen. Entsprechend unterschiedlich waren die Reaktionen. Besonders aber in der Partei des Premiers, den Sozialdemokraten (ČSSD), herrscht eine gewisse Unruhe.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Nur zwei Spitzenplätze bei den Wahlen zu den 14 Regionalverwaltungen, und auch nur zwei von 27 Mandaten in den Ergänzungswahlen zum Senat – das ist das bescheidene Ergebnis der Sozialdemokraten aus den jüngsten Urnengängen. Und damit kann sich die führende Regierungspartei nur schwerlich abfinden. Das machte Premier und Parteichef Bohuslav Sobotka dann auch klar, als er vor die Medien trat:

„Wir müssen offen darüber diskutieren, wie wir unsere Arbeit für die Bürger verbessern und wie wir es besser verkaufen könnten, was die Sozialdemokraten in der Regierung für die Bürger leisten. Die Ergebnisse unserer Partei bei den beiden Wahlen sind auch ein Grund dafür, offen zu diskutieren, wie wir unser Handeln verbessern können.“

Milan Chovanec  (Foto: Martin Svozílek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Aus den ersten Statements in dieser Debatte aber ist bereits herauszuhören, dass sich die Sozialdemokraten vorerst nicht einig sind, welche Richtung sie denn nun einschlagen sollen auf dem Weg zu den Parlamentswahlen. So plädierte Innenminister und Vizeparteichef Milan Chovanec dafür, wieder enger an den ehemaligen Parteichef und heutigen Präsidenten Miloš Zeman heranzurücken. Wohl auch deshalb, weil der umtriebige Staatsmann in der Bevölkerung einen vergleichsweise hohen Zuspruch genießt. Chovanec zufolge könne seine Partei von einem Schulterschluss mit Zeman nur profitieren, und das, obwohl der Ex-Sozialdemokrat seiner ehemaligen Partei eher wiederholt in den Rücken fiel als ihr zu helfen. Politologe Lukáš Jelínek warnt deshalb von einer solchen Allianz, auch weil der Präsident ziemlich unberechenbar sei:

Andrej Babiš  (Foto: Martin Svozílek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Wenn sich eine politische Partei dafür entscheidet, sich mit dem Stil des Präsidenten zu arrangieren, dann kann sie kurzzeitig zwar von dessen Popularität profitieren, aber in Wirklichkeit dürfte sie dadurch auch ihre eigene Identität verlieren.“

Zumal sich Präsident Zeman vor den Wahlen und erst recht nach der Verkündung der Resultate zu den Kreiswahlen voll und ganz auf die Seite der Ano-Partei von Finanzminister Andrej Babiš geschlagen hat. Er lobte den Milliardär und Strippenzieher Babiš dann auch nicht von ungefähr für dessen „bürgernahe“ Wahlkampagne. Die Sozialdemokraten befanden indes, dass diese Kampagne sehr aggressiv und imageschädigend geführt wurde. Babiš hatte unter anderem Wirtschaftsminister Jan Mládek, der bei der Senatswahl in seinem Wahlkreis scheiterte, als einen „politischen Parasiten“ bezeichnet. Dass solche Äußerungen bei ihm und seinen Parteikollegen auf wenig Gegenliebe stießen, bestätigte der sozialdemokratische Parteivize Jiří Dienstbier:

Jiří Dienstbier  (Foto: Prokop Havel,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Ich muss zugegeben, dass einige Abschnitte in den heutigen Verhandlungen der Regierung schon etwas heftiger waren“, sagte Dienstbier am Montag.

Sozialdemokraten-Chef Sobotka versucht indes die Wogen zu glätten und den Blick nach vorn zu richten. Der Ministerpräsident lehnte dabei nicht nur das Rücktrittsgesuch seines Ministers für Industrie und Handel ab, sondern er legte den Finger auch in eine ganz andere Wunde. Er beklagte nicht nur die sehr geringe Wahlbeteiligung, sondern auch den Fakt, dass junge Leute kaum noch an die Wahlurne treten. Auch weil sie keine politischen Angebote für ihre Zukunft erhielten. Dies sei ein Fehler, den man beheben müsse. Und deswegen werde seine Partei ab sofort auch mehr auf junge Menschen zugehen und sich mit ihren Bedürfnissen vertraut machen, so Sobotka. Für den Politologen Lukáš Jelínek ist das ein Schritt in die richtige Richtung:

Lukáš Jelínek  (Foto: Jan Bartoněk,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„In ihrer 130-jährigen Tradition hat sich die Sozialdemokratie dadurch ausgezeichnet, immer wieder auch neue Wege zu beschreiten. Sie war also stets eine progressive Partei. Und jetzt, in einer Zeit, in der gewisse Leitbilder und Visionen fehlen, sollte sie dieses Vakuum füllen. Denn gerade gegenüber jungen wie auch liberalen Wählern bleiben alle linksorientierten Parteien bisher vieles schuldig.“