Sozialministerin legt Gesetzentwurf zum Vaterschaftsurlaub vor

Foto: Barbora Kmentová

Im Vergleich zur großen Mehrheit der 28 EU-Staaten hat Tschechien im sozialen Bereich gewisse Defizite. Das wurde bereits im März vergangenen Jahres publik, als das Europäische Parlament die Bemühungen des Landes zur Gleichstellung von Mann und Frau als unzureichend einstufte. Ein damaliger Kritikpunkt war unter anderem der fehlende Vaterschaftsurlaub. Dieses Manko will die Regierung nun beheben, am Mittwoch billigte sie eine entsprechende Novelle des Sozialministeriums zur Krankenversicherung.

Foto: Barbora Kmentová
In Tschechien können Väter ihre Partnerinnen nach der Geburt des gemeinsamen Kindes nur dann optimal unterstützen, wenn sie dafür einen Teil ihres Jahresurlaubs opfern oder unbezahlten Urlaub nehmen. In den meisten anderen EU-Ländern aber können sie dafür einen gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub in Anspruch nehmen. Den will nun auch Arbeits- und Sozialministerin Michaela Marksová durchsetzen. Nach der Kabinettssitzung am Mittwoch hat sie dazu die erste Hürde übersprungen – die Regierung stimmte ihrer Gesetzesvorlage mehrheitlich zu:

„Das ist ein Schritt in Richtung einer modernen Familienpolitik. Und dass es eine solche Regelung schon in 23 Ländern der Europäischen Union gibt, belegt nur, dass diese Maßnahme einfach notwendig ist.“



Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Der Vorschlag der Ministerin sieht vor, dass die Väter nach der Geburt ihres Kindes Anspruch auf einen bezahlten einwöchigen Sonderurlaub haben. Diesen Anspruch müssen sie binnen sechs Wochen geltend machen, in der Urlaubswoche erhalten sie 70 Prozent ihres Gehalts. Zum Vergleich: In Europa gibt es sieben Länder, in denen ein Vaterschaftsurlaub von zehn und mehr Wochen gewährt wird, und bei dem zwischen 20 Prozent (Frankreich) und fast 100 Prozent (Norwegen) des Gehalts gezahlt werden. Es gibt aber auch Staaten wie die Niederlande, Griechenland und Italien, die die bezahlte Mutter-und-Kind-Unterstützung nur für ein, zwei Tage einräumen. Die Kosten für den Vaterschaftsurlaub in Tschechien sollen sich auf 630 bis 800 Millionen Kronen (23 bis 30 Millionen Euro) belaufen. Finanzminister Andrej Babiš (Ano-Partei) ist davon nicht begeistert, er weist den Vorschlag der Ministerkollegin aber noch aus einem anderen Grund zurück:

Andrej Babiš  (Foto: ČT24)
„Ich habe dagegen gestimmt, denn ich gehöre schon zur etwas älteren Generation. Und ich erinnere mich genau: Als meine Kinder noch klein waren, bin ich stets von der Arbeit nach Hause geeilt und habe die Abende mit ihnen verbracht.“

Babiš plädiert also für das Motto „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“. Doch auch die Oppositionsparteien wollen sich dem Vorschlag der Ministerin in den Weg stellen. Der Chef der Bürgerdemokraten (ODS), Petr Fiala:

Martin Jára  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Wenn in der Familie ein Kind geboren wird, ist es häufig noch so, dass der Vater gar nicht daran denkt, Urlaub zu nehmen. Oft auch dann nicht, wenn die Frau Hilfe bräuchte.“

Der althergebrachten Denkweise vieler männlicher Politiker hält der Vorsitzende der Liga für offene Männer, Martin Jára, entgegen:

„Ich denke, dass eine Investition des Staates in die Familie einschließlich des Vaterschaftsurlaubs sich immer auszahlt.“

Michaela Marksová  (Foto: ČT24)
Sozialministerin Marksová sieht in ihrer Novelle zudem die Chance, dass die Gleichstellung von Mann und Frau auch in der Familie mehr gelebt wird:

„Diese Regelung, die in mehreren EU-Ländern schon gängige Praxis ist, wurde eingeführt, um die Bindung der Väter zu ihren Kindern zu stärken. Und damit sich die Väter auch mehr in die Betreuung der Kinder einbringen.“

Einschlägige Studien haben ergeben, dass tschechische Väter noch in ziemlich geringem Maße an der Betreuung teilhaben – mit immerhin 38 Prozent beim Spielen mit den Sprösslingen, doch nur zu 15 Prozent bei der Pflege kranker Kinder. In Tschechien kommen jährlich etwa 100.000 Kinder zur Welt. Rund 5000 Väter haben bislang den Anspruch auf Elternurlaub wahrgenommen.