Spidla eröffnet Kommissions-Hearings in Brüssel

Vladimír Spidla (Foto: CTK)

Dem designierten tschechischen EU-Kommissar Vladimír Spidla kam am Montag in Brüssel eine besondere Rolle zu: Er eröffnete den Anhörungsreigen, in dessen Rahmen sich alle Mitglieder der künftigen Kommission einem Kreuzverhör der Europaabgeordneten unterziehen müssen. Mehr dazu von Gerald Schubert:

Vladimír Spidla  (Foto: CTK)
Drei Stunden lang stand Vladimír Spidla, designierter Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Gleichberechtigung, dem Europaparlament Rede und Antwort. Das Ressort, das der sozialdemokratische Ex-Premier Tschechiens übernehmen soll, berührt zweifellos einige besonders sensible Punkte der Europapolitik wie der Politik überhaupt. Denn hohe Arbeitslosigkeit oder soziale Ungerechtigkeit kann für den gesellschaftlichen Zusammenhalt bekanntlich rasch zum Sprengstoff werden. Welche aber sind die Maßnahmen, mit denen die Politik - auch in Zeiten von Globalisierung und Abwanderung von Unternehmen in Billiglohnländer - für eine hohe Beschäftigungsquote sorgen kann? Dazu Vladimír Spidla:

"Es handelt sich um die üblichen Instrumente, und sicher nicht um irgendwelche Wunder. Denn die Arbeitsmarktpolitik ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Man kann diesen Bereich gar nicht so steuern, dass man damit die Probleme des Arbeitsmarktes restlos beseitigt. Die Schlüsselfragen, auf die wir uns konzentrieren müssen, sind aber meiner Meinung nach die Langzeit- und die Jugendarbeitslosigkeit."

Einen prinzipiellen Gegensatz zwischen einer liberalen, unternehmerfreundlichen Wirtschaftspolitik einerseits und dem Wahrnehmen sozialer Verantwortung andererseits sieht Spidla nicht. "Es irren sich all jene, die meinen, dass wir Champions werden, wenn wir das europäische Sozialmodell verlassen", sagte Spidla in seiner zwanzigminütigen Einstiegsrede.

Vladimír Spidla  (Foto: CTK)
Ein Thema auf der Pressekonferenz nach dem Hearing waren auch die so genannten Übergangsfristen, mit denen die meisten der alten EU-Staaten ihren Arbeitsmarkt vor neuen Unionsbürgern derzeit noch verschließen. Das prinzipielle Recht auf freien Personenverkehr, das auch das Recht auf Broterwerb in allen Ländern der EU mit einschließt, würde letztlich Allen zugute kommen, meint Spidla:

"Ich bin der Meinung, dass dieses Recht - und damit auch die menschlichen Ressourcen - so bald wie möglich in vollem Umfang zur Geltung kommen sollten. Das ist ganz allgemein meine Ansicht, und die habe ich auch nie verborgen: Es ist gut für Europa, wenn es diese Freiheiten möglichst schnell gewährt."

Die Reaktionen auf Spidlas Auftritt in Brüssel waren - gemäß dem parteipolitischen Spektrum - geteilt. Aus der sozialdemokratischen Fraktion kamen überwiegend positive Einschätzungen des Sozialdemokraten Spidla. Auch die Grünen stimmten dem zu. Konservative Abgeordnete wiederum fanden auch kritische Worte. Spidla sei in manchen Punkten nicht konkret genug gewesen, hieß es etwa. Allgemein scheint man sich in Brüssel einstweilen aufs Abwarten der noch ausstehenden Hearings und der anschließenden Reaktionen verlegt zu haben. Denn wie gesagt: Spidla war der erste. Und die Kommission muss letztlich als Ganzes angenommen oder abgelehnt werden.