Konsequenzen aus Europawahl: Grünen-Chef Liška zurückgetreten und Klage gegen Klausel

Ondřej Liška (Foto: ČTK)

Das Ergebnis der Europawahl in Tschechien hat in den politischen Lagern unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Der gravierendste Schritt ist sicher der Rücktritt von Ondřej Liška als Parteichef der Grünen. Zudem wollen die Grünen zusammen mit der Piraten-Partei wegen der Wahl nun vor das Brünner Verfassungsgericht ziehen.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Wie wir bereits berichtet haben, ist die regierende Ano-Partei von Finanzminister Andrej Babiš der Sieger der Europawahl in Tschechien. Einer, den dieses Ergebnis besonders freut, ist der Chef der europäischen Liberalen und Kandidat für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten, Guy Verhofstadt:

„Ich bin sehr glücklich, dass Ano der Gewinner ist und dass die Herren Babiš und Telička gezeigt haben, wer jetzt die stärkste Partei in Tschechien ist.“

Mit dieser Aussage wollte der Belgier Verhofstadt wohl auch deutlich machen, in welcher Fraktion des Europaparlaments er die künftigen vier Abgeordneten der Ano-Partei sieht – in jener der Liberalen. Die Ano-Partei selbst, die sich bisher eher als eine alternative Bewegung zur bisherigen Politik in Tschechien betrachtet, ist nicht ganz so zufrieden mit dem Wahlergebnis. Insgesamt hatten Babiš & Co. nämlich gehofft, dass der Abstand zur zweiten großen Regierungspartei, den Sozialdemokraten, etwas größer werden könnte. Weil zwischen den Ergebnissen von Ano, Top 09 und den Sozialdemokraten aber weniger als zwei Prozentpunkte liegen, hat Premier und Sozialdemokraten-Chef Bohuslav Sobotka anklingen lassen, dass über den Posten des tschechischen EU-Kommissars noch verhandelt werden müsse. Dies kann man auch als kleinen Affront gegenüber dem Ano-Spitzenkandidaten bei der Europawahl, Pavel Telička, bewerten. Ano-Chef Babiš wurde daraufhin deutlich:

„Im vergangenen Herbst haben die Sozialdemokraten die tschechischen Parlamentswahlen mit knapp zwei Prozent Vorsprung vor uns gewonnen, jetzt wir die Europawahl. Von daher denke ich, jedem müsste klar sein, wer nun der Sieger ist.“

Pavel Telička  (Foto: ČTK)
Die Ansicht von Babiš wird von Staatspräsident Miloš Zeman unterstützt:

„Der Wahlsieger hat ein starkes Argument und kann nun sagen: Man sei bei der Europawahl erfolgreich gewesen und beanspruche daher den Posten des EU-Kommissars.“

Seinen Posten als Vorsitzender der Grünen nicht mehr beanspruchen wird indes Ondřej Liška. Der Grund: Seit seiner Wahl zum Parteichef im Dezember 2009 haben die Grünen bei keiner Wahl auch nur ein Mandat gewonnen. Die rund 3,8 Prozent der Stimmen, die die Grünen bei der Europawahl erhielten, reichten wieder nicht. Deshalb zog Liška am Montag die Konsequenzen:

„Heute habe ich angekündigt, zum 8. Juni als Parteichef zurückzutreten. Am 8. Juni tagt der Republikrat der Grünen, das höchste Organ zwischen den Parteitagen. Ab diesem Tag werde ich ersetzt von meiner Vizechefin Jana Drápalová. Sie ist eine langjährige und sehr erfahrene Kommunalpolitikerin aus Brünn, die die Partei zu den Senats- und Kommunalwahlen im Oktober führen wird. Einen Monat später findet dann unser nächster Parteitag statt, auf dem auch ein neuer Vorsitzender gewählt wird.“

Liška war aber ebenso unzufrieden mit der Beibehaltung der Fünf-Prozent-Hürde als Kriterium für den Einzug in das Europaparlament. Die Europawahl habe einen ganz anderen Charakter als eine Landeswahl, bei der es gelte, im Parlament eine Mehrheit zu schaffen. In Straßburg aber würden diese Mehrheiten durch politische Bündnisse gebildet, so dass viele EU-Länder das Kriterium gelockert hätten, betont Liška.

Ondřej Liška  (Foto: ČTK)
„Zum Beispiel in Deutschland. Hier hat das Verfassungsgericht zunächst die Fünf- und später auch die Drei-Prozent-Hürde für die Europawahl aufgehoben. Daher entfallen nun von den 96 Sitzen, die Deutschland in Straßburg hat, auch einzelne Mandate auf die Parteien, die nur knapp ein Prozent der Wählerstimmen erhalten haben. In der Tschechischen Republik, die 21 Sitze hat, liegt die natürliche Schwelle bei 3,5 bis 4,5 Prozent. Von daher haben die Wähler der Piraten-Partei und die der Grünen das Recht, im EU-Parlament vertreten zu sein.“

Aus diesem Grund haben die Piraten-Partei, die bei der Wahl etwa 4,8 Prozent der Stimmen erhielt, und die Grünen schon klargemacht, dass sie gegen diese Klausel vor dem Verfassungsgericht in Brno / Brünn klagen werden. Die entsprechende Beschwerde soll schon in den nächsten Tagen eingereicht werden, sagte Liška.