Verdacht auf Mord: Tschechische Polizei nimmt Ermittlungen zu Masaryks Tod von 1948 wieder auf

Leiche Jan Masaryks im Innenhof des Außenministeriums

Der ungeklärte Tod von Außenminister Jan Masaryk im Jahr 1948 beschäftigt bis heute die tschechische Gesellschaft – und nun auch wieder die Polizei. Das Amt zur Dokumentation und Aufklärung der Verbrechen des Kommunismus (ÚDV) teilte am Dienstag mit, man habe die Ermittlungen in den Fall wieder aufgenommen, und zwar wegen des Verdachts auf Mord. Das Amt ist ein Sonderorgan der tschechischen Polizei.

Jan Masaryk, der Sohn von Staatsgründer Tomáš Garrigue Masaryk und überzeugter Demokrat, war 1948 auch nach der Machtübernahme durch die Kommunisten weiter Außenminister geblieben. Am frühen Morgen des 10. März 1948 wurde er tot unter dem Fenster seines Büros gefunden. Seitdem stellt sich die Frage, ob es Selbstmord, ein Unfall oder sogar Mord war.

Vertreter des ÚDV geben an, seit August vergangenen Jahres bisher nicht bekannte Dokumente aus diplomatischen Archiven Frankreichs, der USA und Großbritanniens gesichtet zu haben. Die Initiative dazu kam vom Vorsitzenden des Sicherheitsausschusses im tschechischen Abgeordnetenhaus, Pavel Žáček (Bürgerdemokraten), der früher selbst zur Leitung des Amtes zur Dokumentation und Aufklärung der Verbrechen des Kommunismus gehörte. Der derzeitige tschechische Außenminister Jan Lipavský (parteilos) bat in der Folge die Botschaften in den drei genannten Ländern, sich an die diplomatischen Archive zu wenden.

Laut einer der neu gesichteten Quellen soll Jan Masaryk am Abend vor seinem Tod einen lautstarken Streit mit drei unbekannten Personen gehabt haben, in dem es um die Unterzeichnung eines Dokumentes ging. Der britische Geheimdienst soll wiederum Erkenntnisse gehabt haben, dass Masaryk mit einer Zyankali-Spritze getötet und dann aus dem Fenster geworfen worden sei.

Die tschechische Polizei kündigt nun an, diese und weitere hinzugewonnenen Informationen mit den bisherigen Erkenntnissen zum Tod des Ministers zu vergleichen und so mögliche neue Zusammenhänge aufzudecken.

Autor: Till Janzer | Quelle: ČTK
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